"So viele Weiber auf einem Haufen, das hältst du nicht aus"

Graach/Bitburg · Wie nur wenige andere Frauen hat sie hautnah die Entwicklung des leistungsorientierten Frauen-Fußballs in Deutschland miterlebt: Christel Arbini aus Graach (Kreis Bernkastel-Wittlich) ist seit der Gründung der Nationalelf im Jahr 1982 Physiotherapeutin der DFB-Auswahl.

 Herrin über Verbände, Salben und Pulver: Physiotherapeutin Christel Arbini sortiert ihren Behandlungskoffer. TV-Foto: Mirko Blahak

Herrin über Verbände, Salben und Pulver: Physiotherapeutin Christel Arbini sortiert ihren Behandlungskoffer. TV-Foto: Mirko Blahak

Graach/Bitburg. Ihr Händedruck ist stark. Christel Arbini ist eine Frau mit Energie. Sie steht unter Strom, gleichzeitig sucht sie bei Tai Chi und Qi Gong immer wieder das innere Gleichgewicht. Die 56-Jährige hat als Physiotherapeutin der deutschen Frauen-Fußball-Nationalmannschaft von morgens bis abends alle Hände voll zu tun. Immerhin: Die Zeiten, in denen es regelmäßig Nachtschichten gab, sind vorbei. Bei der DFB-Auswahl, die derzeit in der Sportschule Bitburg ihren vierten Lehrgang vor der Heim-Weltmeisterschaft im Sommer absolviert, wird Arbini von Doreene Krüger und Anke Spessart unterstützt.
Früher war das anders: "Als ich 1982 bei der Nationalmannschaft begann, gab es einen Trainer, einen Zeugwart und mich als Physiotherapeutin." Arbini war damals im Betreuerstab von Kickers Offenbach, als sie vom heutigen DFB-Schatzmeister Horst R. Schmidt gebeten wurde, den Job bei der gerade gegründeten Frauen-Nationalelf zu übernehmen. Arbini stimmte zu, trotz Vorbehalten: "Ich dachte: So viele Weiber auf einem Haufen, das hältst du nicht aus."
Arbini hielt es aus. Bis heute. Motivationsprobleme verspürte sie in all den Jahren nicht. Ihr macht die Aufgabe richtig Spaß. Der erste Titel 1989 — der Gewinn der Europameisterschaft im eigenen Land — verlieh dem Frauen-Fußball einen Schub. "Es war ein Phänomen, wie viele Leute sich damals auf einmal für uns interessiert haben", erinnert sich die Wahl-Aschaffenburgerin. Danach gab\'s wieder eine Durststrecke, bis zum WM-Sieg 2003. "Das war vielleicht der tollste Titel. Damals entthronte Deutschland im Halbfinale die USA."
Arbini wurde wegen ihrer Tätigkeit bei den Fußball-Frauen anfangs Skepsis entgegengebracht. "Ich wurde gefragt: Warum tun Sie sich das an? Die Frauen sollen hinter dem Herd bleiben!" Heute sind die besten Nationalspielerinnen gefragte Werbestars.
Der Frauen-Fußball ist viel professioneller geworden — mit sichtbaren Erfolgen. Arbini: "Im athletischen Bereich hat sich einiges getan. Das merkt man an den Figuren der Spielerinnen. Die Mädels sind richtig schnell geworden, und sie spielen einen schönen, technisch versierten Fußball."
In gut sechs Wochen beginnt die Heim-WM. Für Arbini, die schon so viel mitgemacht hat, ein "richtig tolles Großereignis". Eins, das ihren vollen Einsatz erfordert. Kraft tanken kann Arbini (geborene Frank) zu Hause bei ihren Eltern, die im Geburtsort Graach wohnen. Die 56-Jährige kommt immer wieder gerne in die Region: "Ich schätze meine Heimat. Es ist einfach schön, von der Burg Landshut in Bernkastel-Kues runter auf die Mosel zu schauen oder an die Maare in die Eifel zu fahren." bl
Christel Arbini wuchs in Graach auf. Sie absolvierte eine Verwaltungslehre. Nach einem Sportunfall sattelte sie beruflich um. In der Physiotherapie fand sie ihre Berufung. Sie arbeitete in Praxen in Kronberg/Taunus und Frankfurt, danach war sie fünf Jahre lang Physiotherapeutin bei Kickers Offenbach. Heute betreibt die 56-jährige dreifache Mutter mit ihrem Mann, den sie in Wittlich kennengelernt hatte, eine eigene Praxis in Aschaffenburg. bl

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