Interview Walter Desch Pause bis nächstes Jahr ist sogar möglich

Region  · Wann und wie geht’s weiter in den Ligen? Der Präsident des Fußballverbandes Rheinland spielt Szenarien durch.

 Walter Desch hat die mit weitem Abstand schwierigste Phase in seiner fast 20-jährigen Amtszeit als Verbandspräsident zu meistern.

Walter Desch hat die mit weitem Abstand schwierigste Phase in seiner fast 20-jährigen Amtszeit als Verbandspräsident zu meistern.

Foto: FV Rheinland/Walter Desch

Wann es im Fußball weitergeht, ist in Zeiten der Corona-Krise vollkommen unklar. Von Verbandsseite wurden nun erste Szenarien entworfen. Dazu äußert sich Walter Desch, der Präsident des Fußballverbandes Rheinland (FVR),  im TV-Interview. Er sagt auch, was man von offizieller Seite leisten kann und was nicht.

Ist die Corona-Krise die schwierigste Phase für den Fußballverband Rheinland (FVR) während seines gut 70-jährigen Bestehens?

DESCH Es ist zumindest eine einmalige Geschichte. Ich kann nicht alle Probleme, die es direkt nach dem Zweiten Weltkrieg gab, zurückverfolgen. In den fast 20 Jahren mit mir als Präsident hatten wir so etwas noch nicht.  Primär geht es darum, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Dem muss sich auch der Fußball im Rheinland unterordnen.

Den Spielbetrieb hat der FVR inzwischen bis mindestens 20. April auf Eis gelegt. Auch hat der Verband alle Sitzungen und Schulungen abgesagt. Die Sportschule Oberwerth ist gar bis 30. April geschlossen. Was hat das für finanzielle Auswirkungen?

DESCH Das ist ein hartes Stück. Wir hatten schon im Vorfeld der Schließung viele Stornierungen. Alleine die Verluste bei der Sportschule bewegen sich im mittleren sechsstelligen Bereich. Die Geschäftsstelle hat fast ganz auf Home Office umgestellt. Nächsten Monat müssen wir voraussichtlich Kurzarbeitergeld beantragen – zumindest für die Mitarbeiter der Sportschule.

Auch viele Vereine werden in wirtschaftliche Schieflage geraten, weil Einnahmen aus Eintrittsgeldern und dem Verzehr auf dem Sportplatz, aber auch der Erlös aus Vereinsfesten fehlen. Ausgaben gibt es aber unverändert. Wie kann der Verband helfen?

DESCH Da kann ich den Clubs keine Hoffnung machen. Auch der FVR muss schauen, wie er diese Phase übersteht, weil zusätzlich ja auch Einnahmen aus dem Spielbetrieb wie zum Beispiel Gebühren fehlen. Und auch von DFB-Seite ist kaum etwas zu erwarten. Das neue Trainingszentrum in Frankfurt verschlingt eine Menge Geld, und abgesagte Länderspiele haben jeweils zig Millionen Euro weniger Einnahmen zur Folge. Was wir als Verband aber selbstverständlich machen, ist die Vereine zu beraten, zum Beispiel, wenn es um die Frage nach der Laufzeit von Amateurverträgen und die mögliche Aussetzung von Zahlungen wegen höherer Gewalt angeht. Die Fragen sollten zentral bei unserem Geschäftsführer Armin Bertsch per E-Mail eingehen (armin.bertsch@fv-rheinland.de)

Wie sind die Gedankengänge und ersten Planungen, was den Spielbetrieb angeht?

DESCH Wenn es tatsächlich so wäre, dass wir am 26. April wieder spielen könnten, würden wir es in der Rheinlandliga schaffen, bis zum Ende des Spieljahres am 30. Juni fertig zu sein. Was die anderen, durch die Bank kleineren Ligen mit maximal 16 Mannschaften angeht – einschließlich Frauen und Jugend – würde der 7. Mai noch als spätestmöglicher Termin hinhauen.  Auch für die Rheinlandliga wäre es der letztmögliche Beginn. Wenn erst später wieder gespielt werden darf, ist die Saison in der Form nicht zu Ende zu bringen. Das ist derzeit wohl relativ wahrscheinlich.

Was sind die Alternativen?

DESCH Ein Abbruch mit Wertung nach derzeitigem Stand ist nach meinem Dafürhalten unsportlich – es sei denn, wir kämen darüber ein, dass es grundsätzlich keine Absteiger gibt und den derzeitigen Tabellenersten der Liga darunter ein Aufstiegsrecht eingeräumt wird.  Den Stand der Vorrunde zu nehmen, wäre allerdings schwierig, weil zum Teil noch Spiele aus den Vorrunden ausstehen und Tabellen ein  schiefes Bild haben. Wahrscheinlicher halte ich zum einen die Möglichkeit, die Saison zu verlängern und das Spieljahr etwa auf den 31. Juli auszudehnen.

Bei einer Saisonverlängerung gäbe es aber einige rechtliche Probleme.

DESCH Darüber sind wir uns im Klaren. Schließlich müsste man das Thema Wechselfrist dann neu angehen. Hier ist ja traditionell der 30. Juni der Stichtag. Auch ist die Frage zu klären, wie es mit den Spielern läuft, die laut Statuten nach einem halben Jahr Pause direkt spielberechtigt sind. Auch hier müssten DFB-weit Entscheidungen getroffen werden, um zum Beispiel die Corona-bedingte Spielpause aus dieser Frist auszuklammern.

Als weitere Alternative wird die Annullierung oder ein Einfrieren der gesamten Saison ins Gespräch gebracht.

DESCH Entweder würden wir zum Beispiel im September wieder anfangen und würden so tun, als ob die Saison 2019/20 nicht gespielt worden wäre. Hier wären wichtige Aspekte zu klären, wie etwa die Laufzeiten von Amateurverträgen, die einige Spieler haben. Bei einer Videokonferenz der Landesverbände am Montag favorisierten einige in der Tat, zum  Beispiel nächstes Jahr im Frühjahr mit dem aktuellen Stand weiterzumachen. Auch das wird jetzt zu diskutieren sein.

Welche Rolle spielt der DFB bei den Überlegungen?

DESCH In Frankfurt wird sehr engagiert und effizient an Lösungen gearbeitet. Sicher gibt es in den einzelnen Landesverbänden unterschiedliche Grundlagen und Regelungen.Trotzdem sollte vieles zentral beraten und geklärt werden.

Sie sind bekannt dafür, dass Sie fast pausenlos in Sachen Fußball unterwegs sind. Wie sieht derzeit Ihr Alltag aus?

DESCH Zu Hause habe ich die Möglichkeit, einige Dinge aufzuarbeiten. Zudem bin ich tagtäglich drei bis vier Stunden mit Telefonieren beschäftigt, und es gibt zahlreiche Videokonferenzen – wie gestern in Sachen DFB oder am kommenden Donnerstag  erneut mit den Vorsitzenden unserer neun Fußballkreise. Hier halte ich sie über neueste Entwicklungen auf dem Laufenden. Schließlich erhalten auch sie viele Fragen von den Vereinen und müssen wissen, wie es aktuell aussieht.

Generell kann ich den Vereinen nur raten, ruhig zu bleiben und Geduld zu haben. Auch ich gehe nicht davon aus, dass sich in wenigen Wochen alles wieder erledigt hat.

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