Bernd Hölzenbein im Interview Und der Uefa-Pokal steht einsam unterm Tisch

Trier/Frankfurt · Im Interview sagt Ex-Fußball-Nationalspieler Bernd Hölzenbein (66), warum er 1980 den Uefa-Pokal mit nach Hause nahm, weshalb nach der WM 1978 für ihn Schluss sein musste und wieso sich der Weltmeister von 1974 noch mit 40 Jahren auf dem Hartplatz in Salmrohr beweisen wollte. Mit dem Frankfurter sprach TV-Redakteur Andreas Feichtner.

Trier/Frankfurt. Bernd Hölzenbein hätte allen Grund, sich entspannt zurückzulehnen: Der 66-Jährige ist nicht nur eine Legende aus sportlich erfolgreicheren Jahren bei Eintracht Frankfurt. Rekord-Torjäger, Ehrenspielführer, dreifacher Pokalsieger und Uefa-Cupsieger. Er hat auch aktuell als Vorstandsberater und Chefscout indirekten Anteil am Höhenflug des Aufsteigers, der aktuell auf Platz vier liegt. Aber ein Heimathafen für Harmonieselige war die Eintracht noch nie. So diktierten zuletzt beim Auswärtsspiel in Leverkusen wieder einige Fans im Frankfurter Block die Schlagzeilen. Daran werde er sich nie gewöhnen, sagt Hölzenbein im TV-Interview.
"Ich war erschüttert, als ich die Bilder aus Leverkusen gesehen habe. Man fühlt sich hilflos. Es gibt auch weiterhin keine Lösung, wie man die Problematik in den Griff bekommt." Auflösen kann der 40-fache Nationalspieler aber den Wahrheitsgehalt einiger Anekdoten, die über ihn im Umlauf sind (und, nein!, Hölzenbeins angebliche Schwalbe im WM-Finale 1974 beim deutschen 2:1-Sieg gegen die Niederlande wird hier mal KEIN Thema sein).
Wahrheit oder Dichtung? Bernd Hölzenbein über Anekdoten aus seiner Zeit als Spieler.

21. Mai 1980. Sie holen mit Eintracht Frankfurt den Uefa-Pokal, nach einem 1:0 im Heimspiel im innerdeutschen Finale gegen Gladbach - und nehmen den Pott nachts gleich mit ins eigene Bett. Wahrheit oder Dichtung?
Hölzenbein: Also dass ich den Pokal mit ins Bett genommen habe, das glaube ich nicht. Es war ganz einfach: Wir haben den Uefa-Pokal gewonnen, Trainer war Friedel Rausch. Aber die Stimmung bei der Siegesfeier im Hotel war nicht besonders gut. Ich hatte gehört, dass mich der Trainer eigentlich auswechseln wollte und war ziemlich sauer darüber. Schließlich war ich Kapitän und hatte im Hinspiel (2:3) auch noch ein Tor geköpft. Es gab eine Diskussion, nichts Wildes. Dann ist der Trainer gegangen, später die anderen Spieler. Irgendwann habe ich gesehen, dass der Pokal noch unterm Tisch stand. Es war niemand mehr da, also habe ich ihn mit nach Hause genommen. Als am nächsten Morgen der Geschäftsführer bei mir anrief, habe ich erst einmal den Ahnungslosen gespielt.
Juni 1986, Aufstiegsrunde zur zweiten Liga: Sie sind 40 Jahre alt, spielen mit Salmrohr gegen Frankfurts Erzrivalen Offenbach, sind eigentlich verletzt. Aber Trainer Rudi Jung soll gesagt haben: "Egal. Setz dich auf die Bank. Das macht den Offenbachern schon Angst." Wahrheit oder Dichtung?
Hölzenbein: Das kommt in etwa hin. Das Spiel war in Salmrohr und der FSV brauchte noch einen Punkt, um den Aufstieg perfekt zu machen. Ich war seit der Winterpause in Salmrohr, konnte aber monatelang nicht spielen. Offenbach führte 2:0, ich kam ein paar Minuten vor Schluss rein - und die Offenbacher wurden nun richtig nervös. Da machten wir irgendwie kurz vor Schluss das 2:2 - das hat gereicht. Ich hatte überhaupt keinen Ballkontakt, glaube ich. Bei der Aufstiegsfeier war ich dabei, auch wenn ich ja keinen Anteil hatte. Das war eine schöne Zeit in Salmrohr. Meine Teamkollegen Klaus Toppmöller und Edgar Schmitt habe ich später auch als Trainer und Spieler nach Frankfurt geholt.

Wie war das für einen Weltmeister, plötzlich auf einem Hartplatz in einem Dorf zu trainieren?
Hölzenbein: Das war kein Problem. Klaus Toppmöller hatte mich bei der Senioren-WM in Brasilien gefragt, ob ich nicht in Salmrohr spielen wolle - ich sei ja noch gut in Form. Das Problem war, dass ich zu ehrgeizig war. Ich wollte schon beim Konditionstraining immer vorne dabei sein, Klaus ist hinterhergetrottet. Dabei habe ich mir durch Überbelastung die Achillessehne entzündet.
1978, im deutschen WM-Quartier in Argentinien: Von der Geburt ihres Sohnes Sascha sollen Sie erst von einem Journalisten erfahren haben. Wahrheit oder Dichtung?
Hölzenbein: Sie müssen sich das so vorstellen: Es gab nur ein Telefon im Quartier. Da haben die Funktionäre mit der Stoppuhr gesessen, wenn man mal anrufen wollte, um das sekundengenau von den Spesen abzuziehen. Sie haben meine schwangere Frau auch nicht zu mir durchgestellt, nach dem Motto. "Der darf jetzt nicht gestört werden."
Hört sich nach Riesenspaß an…
Hölzenbein: Die Stimmung war schlecht, es herrschte Lagerkoller, es gab keine Führung. Es war schrecklich. Deshalb musste ich auch nach dem Desaster von Cordoba (Anmerkung der Redaktion: das WM-Aus nach einem 2:3 gegen Österreich) Luft ablassen. Da habe ich nach dem Spiel vor der versammelten Presse meinen Rücktritt verkündet und habe auf alles geschimpft. Ich wusste ohnehin, dass ich unter Helmut Schöns Nachfolger Jupp Derwall (damals Co-Trainer) nicht mehr spielen würde. Der hielt nicht viel von mir. Damit habe ich Schön sehr wehgetan. Er hatte immer zu mir gehalten. Aber wir haben uns zwei Jahre später wieder versöhnt.

Sie haben sich um einen Vertrag beim Verein New York Cosmos gebracht, weil Sie Trainer Hennes Weisweiler nachts aus dem Bett geklingelt hatten. Wahrheit oder Dichtung?
Hölzenbein: Ich hatte die sechs Stunden Zeitunterschied vergessen. Ich glaube, wir waren in Frankreich im Trainingslager und ich hatte da Weisweiler mitten in der Nacht angerufen - so um 4 oder 5 Uhr. Er war nicht gut drauf. Nach dem Weckruf war das Thema jedenfalls beendet. (Anm. Hölzenbein wechselte stattdessen zu den Fort Lauderdale Strikers nach Florida).Extra