Vom Helden zum Sündenbock

Feuer unterm Dach beim abstiegsbedrohten 1. FC Kaiserslautern: Nach dem 1:1 (1:0) am Samstag gegen den Hamburger SV entlud sich der Zorn der Fans des seit sieben Spielen sieglosen Aufsteigers in wüsten Unmutsbekundungen gegen den derzeit glücklosen Torjäger Srdjan Lakic. Trainer und Mannschaftskameraden reagierten mit Empörung und Unverständnis.

Kaiserslautern. Der obligatorische Gang in die Westkurve, dort wo die heißblütigsten und stimmgewaltigsten Anhänger des 1. FC Kaiserslautern stehen, wurde für den (einstigen) Liebling der Massen nach dem Schlusspfiff zum Spießrutenlaufen. Buhrufe, Schmähungen, aufgebrachte, fanatische Zuschauer mit wüsten "Lakic-Raus"-Tiraden. Die Volksseele kochte. Der 27-jährige Kroate musste von seinen Mitspielern durch viel Zureden davor bewahrt werden, am Zaun der Massen die Beherrschung und die Nerven zu verlieren.

Seit dem 2:1-Sieg der Pfälzer zum Abschluss der Hinrunde bei Werder Bremen hat "Laki" nicht mehr getroffen in der Liga. Auch gegen die Hanseaten blieb dem elffachen Torschützen das Schusspech treu. Ein Kopfball wenige Minuten nach dem 1:0 durch Adam Hlousek (18.) strich nur knapp am Gehäuse von HSV-Keeper Frank Rost vorbei. Auch in Durchgang zwei, nachdem die Gäste durch Nationalspieler Marcel Jansen ausgeglichen hatten (52.), wurde der im Sommer zum VfL Wolfsburg wechselnde Stürmer seine Flaute nicht los. Lakic, in der Vorrunde maßgeblich an der Ausbeute von 21 Punkten beteiligt, wurde öffentlich zum alleinigen Sündenbock demontiert. Der sensible Kroate kämpfte ob dieses ebenso hässlichen wie unangemessenen Fanals aus der Westkurve noch Minuten später in der "Mixed Zone" mit den Tränen.

Bei Mitspielern und Verantwortlichen des FCK mischten sich Fassungslosigkeit, Wut und Enttäuschung über das, was sich nach dem Schlusspfiff ereignete, in die Kommentare. "So etwas habe ich hier in Kaiserslautern noch nicht erlebt", reagierte Trainer Marco Kurz, der selbst noch versucht hatte, zu beschwichtigen. "Wenn wir es schaffen, dann nur als Kollektiv zusammen mit den Fans", wollte Kurz dem selbstzerstörerischen Treiben Einhalt gebieten. Er hofft nun auf einen "Selbstreinigungsprozess" in der Szene. "Die Fans sollten sich mal überlegen, was sie da angestellt haben", mahnte Torwart Tobias Sippel an. Spielmacher Christian Tiffert schüttelte nur den Kopf: "Ich glaube immer noch nicht, was ich in den letzten Minuten erlebt habe. Einem Mann, der es sich so schwer gemacht hat, hier wegzugehen, der in der Hinrunde noch der Held war, so in den Hintern zu treten, das ist ganz, ganz bitter. Die Leute, die so etwas machen, haben uns keinen Gefallen getan."

Der dermaßen mit wüsten Beschimpfungen übergossene Kroate wahrte mit sichtlicher Mühe die Contenance, sprach von "fehlendem Respekt" und davon, dass "ich mich nicht verstecken werde. Gemeinsam werden wir es schaffen, die Klasse zu halten." Wann und ob der zweite FCK-Kapitän neben Lakic, Martin Amedick, bei diesem Vorhaben wieder mittun kann, ist offen. Erstmals unter Trainer Kurz saß der 28-Jährige auf der Ersatzbank. Das Innenverteidiger-Duo bildeten Mathias Abel (Kurz: "Er hat sehr gut trainiert") und der Brasilianer Rodnei.

"Ich hätte es mir leicht machen können und Rod herausnehmen. Aber ich nehme mir heraus, zum sportlichen Wohl der Mannschaft unpopulär erscheinende Maßnahmen zu treffen, von deren Richtigkeit ich überzeugt bin. An Martins Stellenwert in der Mannschaft hat sich dadurch nichts geändert", bekräftigte Kurz.

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