TV-Serie Welch’ ein Spiel Vor 30 Jahren: Salmrohr ist Deutscher Meister

Pölich/Salmrohr · Ein nationaler Fußball-Wettbewerb schien vor rund drei Jahrzehnten ganz in regionaler Hand zu sein: Nachdem Eintracht Trier 1988 und ’89 Deutscher Amateurmeister geworden war, holte der FSV Salmrohr 1990 diesen Titel. Der damalige Verteidiger Mathias Schömann blickt im Rahmen unserer Serie „Welch’ ein Spiel!“ auf diesen Erfolg zurück und erinnert sich mit seinem Bruder Alfred auch ansonsten an glorreiche Salmrohrer Zeiten.

 Die Schömann-Brüder Alfred (links) und Mathias prägten die erfolgreichen achtziger Jahre beim FSV Salmrohr entscheidend mit.

Die Schömann-Brüder Alfred (links) und Mathias prägten die erfolgreichen achtziger Jahre beim FSV Salmrohr entscheidend mit.

Foto: Andreas Arens

Ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen hatte sich der FSV Salmrohr in der Oberliga-Südwest-Saison 1989/90 mit Mainz 05 geliefert. „Es war von beiden eine klasse Runde. Sowohl Mainz als auch wir hatten nur einziges Mal verloren. Wegen zwei Unentschieden mehr reichte es für uns aber leider nur zum zweiten Platz“, sagt der heute 59-jährige Mathias Schömann. Die Nullfünfer aus der Landeshauptstadt sollten sich seinerzeit via Aufstiegsrunde übrigens dauerhaft Richtung Profifußball verabschieden und 2004 schließlich erstmals in die Bundesliga aufsteigen.

In Salmrohr zählte Schömann als Abwehrspezialist zu den Dauerbrennern – und war in einer Zeit, als viele Teams noch mit einem Libero und zwei Manndeckern spielten, seiner Zeit voraus: „Manfred Plath als Abwehrchef spielte auf einer Linie mit Peter Henkes und mir. Bei uns war also schon die Dreierkette eingeführt.“

Weniger die Enttäuschung habe nach dem erreichten zweiten Platz in der seinerzeit drittklassigen Oberliga vorgeherrscht, sondern die Vorfreude auf die Teilnahme an der Deutschen Amateurmeisterschaft (siehe Extra). Das versichert der aus dem SV Pölich-Schleich hervorgegangene und über die A-Junioren des SV Mehring und den SV Leiwen 1984 nach Salmrohr gewechselte Schömann. Bayern-Vize 1860 München wurde in Runde eins eliminiert. Anschließend deutete nach dem 1:3 im heimischen Salmtalstadion gegen den TuS Paderborn-Neuhaus (heute: SC Paderborn 07) schon einiges auf einen K.o. hin – ehe sich das von Wolfgang Hoor und Erwin Berg trainierte Team mit 3:0 in Ostwestfalen durchsetzte.

Im  Finale gegen den Nordrhein-Zweiten Rheydter SV durfte Salmrohr daheim antreten. 3000 Zuschauer waren am 10. Juni 1990 Zeuge einer Partie, die es schon vom Rahmenprogramm her in sich hatte. „Als der Musikverein die Nationalhymne spielte, lief es einem kalt den Rücken runter“, sagt Schömann noch heute. In der Begegnung mit den Gästen aus dem Mönchengladbacher Stadtteil trat der FSV von Anfang an aufs Gaspedal. Der TV bescheinigte den Salmrohrern in seiner Analyse, dass sie „ihre Spielstärke teilweise eindrucksvoll unter Beweis stellten“. Dabei hatten sie mittwochs zuvor noch im prestigeträchtigen Rheinlandpokalspiel bei Eintracht Trier nach schwacher Leistung den Kürzeren gezogen. Zu allem Überfluss flog Rolf Dockter hier mit Rot vom Platz und musste gegen Rheydt gesperrt zuschauen.

Es dauerte bis kurz vor der Halbzeit, ehe Salmrohr aus seiner Überlegenheit Kapital schlug. Auf Pass von Paul Linz, der wenig später endgültig seine Trainerlaufbahn einschlagen sollte, legte Raimund Brittner für Christof Thiel auf, und der ob seiner Haarpracht nur „Roter Baron“ genannte Angreifer traf zum 1:0 (43.). Der riskante Direktschuss schlug millimetergenau im rechten Winkel des Rheydter Tores ein – für den TV-Berichterstatter war es das „Tor des Jahres“. Die Gäste vom Niederrhein gaben sich nicht geschlagen, Salmrohr hatte aber gerade aufgrund seines starken Mittelfeldes um die Filigrantechniker Herbert Herres und Rainer Poltrock mehr zuzusetzen. Das 2:0 war eine Frage der Zeit – und es fiel in der 81. Minute. Plath nahm nach Vorlage von Brittner aus 14 Metern Maß und traf zum 2:0.

„Wir haben einen würdigen und verdienten Amateurmeister gesehen“, erkannte Gästetrainer Peter Schleuter an. Für sein Gegenüber Hoor schien es der richtige Weg gewesen zu sein, den Gegner nicht vorab beobachtet zu haben:  „So konnten wir unbelastet in die Partie gehen“. Die Zuschauer hätten ein „würdiges, auf hohem Niveau stehendes Endspiel“ gesehen, meinte der in der aktuellen Saison bei Frauen-Regionalligist SG Fidei tätige, nun dort aber aufhörende  Hoor.

Schon ihre zweiten nationalen Titel hatten 1990 Mathias Schömann und Manfred Plath errungen: Mit der Auswahl des Fußballverbandes Rheinland gewannen sie fünf Jahre zuvor das Finale in der damaligen Länderpokalrunde gegen die Vertretung Hamburgs.

Übersät mit besonderen Erinnerungen waren die Engagements in Salmrohr für Mathias Schömann und seinen Bruder Alfred (60), der bereits 1989 wieder zurück nach Pölich gewechselt war.

Gerade in der Zweitligasaison 1986/87 erlebten sie viel – sei es im Auswärtsspiel beim FC St. Pauli („Nach dem Spiel bummelten wir noch über den Kiez, zur Abfahrt um 1 Uhr saßen aber alle wieder schön im Bus, und wir fuhren gemeinsam mit unseren Fans nach Hause.“). Auch das bis heute letzte Zweitligaspiel des FSV hatte es in sich. Gegen das bereits als Aufsteiger feststehende Hannover 96 holte der FSV Tor um Tor auf. Kurz vor Schluss stand es 4:5. „Ich habe zum Schiedsrichter gesagt, er soll doch noch ein bisschen spielen lassen, damit wir unsere Punktprämie  bekommen. Das hat er dann tatsächlich gemacht und wir schossen nach einem 0:4-Rückstand noch das 5:5“, berichtet Alfred Schömann.

Beim  1990er Endspiel um die Amateurmeisterschaft konnte er nicht im Salmtalstadion sein, weil er mit dem SV Pölich-Schleich unterwegs war. Aus den Erzählungen seines Bruders und von zahlreichen damaligen Salmrohrern, die Jahr für Jahr Mitte August beim Kanzlerhof-Fest der Winzerfamilie in Pölich vorbeischauen und alte Zeiten aufleben lassen, weiß er aber nur allzu gut, welch’ hohen Stellenwert der Titel für die Salmrohrer noch heute hat.

Aufstellungen des Finales um die Deutsche Amateurmeisterschaft am 10. Juni 1990 im Salmtalstadion zwischen dem FSV Salmrohr und dem Rheydter Spielverein:

Salmrohr: Kieren - Plath, Schömann, Henkes, Schu, Poltrock, Brittner, Herres (76. Irmisch), Alves-Silva, Thiel (87. Uwe Linz), Paul Linz.

 FSV Salmrohr

FSV Salmrohr

Foto: TV/Schramm, Johannes
 FSV Salmrohr2

FSV Salmrohr2

Foto: TV/Schramm, Johannes

Rheydt: Busch - Hammerschlag, Janssen, Günther (60. Stapel), Vieten, Jung, Addo, Pufahl (60. Müffler), Scheulen, Buschmann, Vossen.

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