"Wir können Großartiges erreichen"

Bitburg · Die deutsche Frauen-Fußball-Nationalmannschaft kann im Sommer Historisches schaffen. Bei der Heim-Weltmeisterschaft hat sie die Gelegenheit, zum dritten Mal in Folge den Titel zu gewinnen. Das Team muss hohen Erwartungen gerecht werden. Bundestrainerin Silvia Neid lässt den Druck bislang sehr gut an sich abprallen.

"Nein, bislang hatte ich keine schlaflose Nacht. Erst, wenn während der WM mal drei Stammspielerinnen verletzt und drei weitere gelbgesperrt sein sollten, könnte es vielleicht dazu kommen." Selbstbewusst sitzt Silvia Neid im Foyer der Sportschule Bitburg. Die Ruhe in Person. Eine Frau, die genau weiß, was sie will. Eine Trainerin mit klarer Linie. "Wenn wir zum dritten Mal die Weltmeisterschaft hintereinander gewinnen sollten, wäre das etwas Außergewöhnliches", sagt die 46-Jährige. Sie weiß um die tolle Chance im Sommer vor heimischem Publikum. Sie macht sich deshalb aber nicht verrückt: "Man kann auch gut spielen, und am Ende reicht es trotzdem nur zu Platz zwei oder drei."

Akribie ist das Zauberwort



Ihr Ziel ist es, bestmöglich vorbereitet ins Turnier zu gehen. Akribie lautet das Zauberwort. Sieben Lehrgänge, vier Testspiele — und das über einen Zeitraum von zweieinhalb Monaten hinweg. Technik, Athletik, Spielformen, Abwehrverhalten, Spielaufbau, Standards, Automatisierung des Eingeübten — jedes Trainingscamp hat seinen Schwerpunkt. Beim ersten Treffen in dieser Woche in der Sportschule Bitburg steht die Technik im Zen trum. "Mit solch einer strukturierten Vorbereitung sind wir in der Vergangenheit immer erfolgreich gewesen. Wir brauchen diese Zeit", sagt Neid, die in diesem Punkt ihren Bundestrainer-Kollegen bei den Männern, Joachim Löw, bedauert: "Er hat nur fünf Wochen Zeit vor Turnieren. Das tut mir Leid für ihn."

Neid erhofft sich Schub von WM



Neid, die 111-fache Nationalspielerin, erhofft sich von der Heim-WM einen weiteren Schub für den Frauen-Fußball in Deutschland: "Wir können Großartiges für unseren Sport erreichen. Es wird vier Wochen lang nur über Frauen-Fußball gesprochen." Als Spielerin wurde sie drei Mal Europameisterin, als Trainerin heimste sie bereits drei WM-Titel ein (2004 mit der U 19 sowie 2003 als Co-Trainerin und 2007 als Cheftrainerin bei den Frauen). Die Mannschaft hat sich über die Jahre hinweg verändert, auch Neid hat sich entwickelt: "Ich bin ruhiger geworden, die Erfahrung hilft mir. Geblieben sind meine Leidenschaft und Motivation." Die Welttrainerin des Jahres 2010 steht auch für klare Regeln. Im Frauen-Nationalteam gibt es einen Strafenkatalog — immerhin mit humanen Preisen. Wer eine Minute zu spät kommt, zahlt einen Euro.

Beim WM-Eröffnungsspiel am 26. Juni gegen Kanada werden mehr als 70 000 Fans im Berliner Olympiastadion die deutsche Mannschaft anfeuern. Die Spielerinnen werden viel stärker als bisher im Rampenlicht stehen — für viele eine völlig ungewohnte Situation. Darauf werden sie vorbereitet. In Schulungen. In Gesprächen mit dem Team-Psychologen Arno Schimpf. Grundsätzlich hält Neid aber nichts von Wörtern wie Bürde, Angst oder Druck: "Wenn wir in einem voll besetzten Olympiastadion spielen können, dann ist das doch keine Belastung. Dann ist das etwas ganz Tolles."

EXTRA

FüR KINDER



Fußballerinnen sind in Bitburg: Durch Hütchen passen, den Ball weiterspielen, ohne ihn zu stoppen oder den Ball mit der Brust annehmen. Solche Sachen trainieren gerade die deutschen Fußball-Nationalspielerinnen in der Eifelstadt Bitburg. Das ist gar nicht so weit weg von Trier, nur etwa 30 Kilometer. Mit dem Auto geht das schnell. Die Fußballerinnen können zwar schon super mit dem Ball umgehen, aber sie sollen es noch besser draufhaben. Deswegen treffen sie sich bei einem Technik-Lehrgang. Schließlich wollen die Fußballerinnen fit werden für die Weltmeisterschaft, die Ende Juni in Deutschland losgeht. Noch bis Donnerstag trainieren die Fußballfrauen in Bitburg. Allerdings fehlen noch einige Spielerinnen, weil für sie noch Einsätze mit ihren Vereinsmannschaften anstehen. dpa/red

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