TV-Serie Welch’ ein Spiel Wie der FC Bitburg den Pokalfluch besiegte

Bitburg · Vier Mal hatten sie zuvor bereits ein Endspiel verloren, und auch vor dem 2010er Finale um den Frauenfußball-Rheinlandpokal gegen das klassenhöhere Team aus Montabaur machten sie sich beim FC Bitburg kaum Hoffnung, den Pott endlich mal in die Südeifel holen zu können. Wie das trotzdem gelang und warum der damalige Trainer Jürgen Reuter kurz nach der Siegerehrung noch einen weiteren Erfolg feiern konnte, erfahren Sie im nächsten Teil unserer Serie „Welch’ ein Spiel“.

 Jürgen Reuter

Jürgen Reuter

Foto: Andreas Arens

Rheinlandmeistertitel, der Aufstieg in die Regionalliga, mehrere zweite Plätze in der höchsten Verbandsspielklasse:  In seinen achteinhalb Jahren als Trainer der Bitburger Fußballerinnen hat Jürgen Reuter sehr erfolgreiche Zeiten erlebt. Ein Triumph ist ihm in ganz besonderer Erinnerung geblieben – der Gewinn des Rheinlandpokals am 12. Juni 2010. Gegner des Rheinlandligisten war auf neutralem Platz in Manderscheid der klassenhöhere Regionalligist 1. FFC Montabaur, trainiert von Dietmar Krämer, einem früheren Bundesligaprofi von Hertha BSC. „Eigentlich lagen Welten zwischen beiden Mannschaften. Im Frauenfußball kann eine Spielklasse Unterschied im Gegensatz zu den Männern eine ganze Menge ausmachen“, weiß Reuter.

Deshalb verordnete er seinem Team eine extrem auf Torsicherung ausgelegte Grundordnung mit Libero, einer Doppelsechs, um das defensive Mittelfeld zu stärken, und einer einzigen Spitze. „Jede Minute ohne Gegentor ist ein Erfolg für uns. Je länger die Null steht, desto nervöser wird der Gegner“, kann sich der heute 55-Jährige noch gut an seine flammenden Worte kurz vor dem Anpfiff erinnern.

Das Endspiel entwickelte sich von Beginn an wie erwartet:  Montabaur setzte die Eifelerinnen  mächtig unter Druck. In den ersten 25 Minuten war das Team von Trainer Krämer nicht nur optisch klar überlegen, sondern verzeichnete auch etliche Torchancen. Immer mehr in den Fokus rückte die Bitburger Torfrau Denise Steglich. Reuter hat ihre tollen Paraden noch heute vor Augen: „Die starke Leistung von Denise war umso überraschender, weil sie wegen einer langwierigen Verletzung in der Saison kaum gespielt hatte.“

Ein Glücksschuss stellte den Spielverlauf auf den Kopf. Dominique Neu, die auch zehn Jahre später noch das Bitburger Trikot trägt, traf unter gütiger Mithilfe der Westerwälder Torfrau per Freistoß aus 30 Metern (29.).

An den Kräfteverhältnissen änderte sich auch in der zweiten Halbzeit nichts. Montabaur drängte, Bitburg verteidigte diszipliniert und leidenschaftlich, Steglich hielt famos. Jennifer Keils erhöhte gut 20 Minuten vor Schluss auf 2:0. Der hohe Favorit machte es noch mal spannend, als Tina Burgmann verkürzte (82.). Doch Keils schlug in der 90. Minute per Konter zurück – 3:1. In der Nachspielzeit traf Anna Pies zum 3:2. „Die Minuten danach schienen unendlich lange zu sein. Montabaur stand kurz vorm Ausgleichstreffer“, schildert der damalige FCB-Trainer die dramatische Schlussphase. Nach einem Pfiff von Schiedsrichter Dirk Huster stürmte er bereits jubelnd aufs Spielfeld. „Herr Reuter, das war noch nicht der Schlusspfiff“, blaffte ihm aber der Unparteiische entgegen und schickte ihn zurück auf die Trainerbank.

Einige bange Momente später war es dann so weit: Der FC Bitburg stand nach zuvor vier vergeblichen Anläufen als Rheinlandpokalsieger fest und hatte so den Pokalfluch besiegt. „Wir hatten aus eineinhalb Chancen drei Treffer gemacht, der Gegner aus zehn richtig guten nur zwei“, muss Reuter zugeben.  Damit  hatte erstmals ein Frauenteam aus der Region den Cup gewonnen. Das gleiche Kunststück sollte dem TuS Issel fünf Jahre später gelingen.

Bei der Siegerehrung verbuchte Erfolgstrainer Reuter noch einen Extra-Coup: „Ich wusste, dass der Verband für die nächste Saison einen neuen Pokal anschaffen wollte. Da habe ich die Offiziellen kurz nach der Siegerehrung davon überzeugen können, dass der Pott in Bitburg besser aufgehoben ist, als vielleicht auf dem Speicher der Verbandszentrale in Koblenz.“ So fand der etatmäßige Wanderpokal eine dauerhafte Bleibe im Clubheim des FC im Stadion Ost.

Lohn für den Pokalsieg war auch der Einzug in die erste DFB-Pokal-Hauptrunde. Vor der für den Bitburger Frauenfußball außergewöhnlich großen Kulisse von 400 Zuschauern ging es am 8. August 2010 daheim gegen den Zweitbundesligisten FV Löchgau. Die Taktik, den Gegner mit aufopferungsvollem Verteidigen zunächst mürbe zu machen, wurde früh über den Haufen geworfen. Bereits in der ersten Minute traf der Gast aus Württemberg. Mit dem 0:3 konnten Reuter und seine Spielerinnen am Ende aber gut leben, kamen doch in anderen Duellen von zwei Klassen getrennten Teams zum Teil zweistellige Ergebnisse zustande.

Noch fünf Jahre sollte Reuter FCB-Trainer sein, ehe er seine Ehefrau Jutta (1992 Gründungsmitglied der ersten Bitburger Frauenmannschaft) noch für einige Jahre als Leiter der Frauenfußballabteilung ablöste. Trainer war er hier nur per Zufall geworden: „Ich war Herren-Trainer bei meinem Heimatverein Fortuna Saarburg und außerdem für die Bitburger B-Jugend verantwortlich. Als der Frauentrainer plötzlich aufgehört hatte, fragte mich Roswitha Thurn, ob ich nicht bei ihnen aushelfen könne. Nach einigem Hin und Her sagte ich zu und wollte anfangs nur aushelfen.“

Sonntags war Reuter für einige Monate so zunächst irgendwo im Kreis Trier-Saarburg im Einsatz, um am frühen Abend noch die Frauen zu coachen. Wenig später konzentrierte er sich dann aber auf den Frauenfußball.

„Es war eine sehr schöne Zeit, die insgesamt aber auch Kraft gekostet hat. Nach achteinhalb Jahren sollte die Mannschaft dann auch mal ein neues Gesicht als Trainer bekommen“, sagt Reuter, der zudem elf Jahre lang Mädchen an der Kreisfußballschule Eifel trainiert hat.

Wenn die Reuters heutzutage ab und zu bei Regionalligaspielen der FCB-Frauen im Stadion Ost zu Gast sind, treffen sie neben Dominique Neu noch eine Handvoll weiterer Spielerinnen, die bereits 2010 auf dem Platz standen. Klar, dass dann manchmal noch das legendäre Finale gegen Montabaur zum Thema wird.

Aufstellung des FC Bitburg im Rheinlandpokalfinale der Frauen am 12. Juni 2010 in Manderscheid gegen den 1. FFC Montabaur (3:2):

  Kaum fassen konnten die Bitburgerinnen und Trainer Jürgen Reuter ihr Glück, als sie 2010 den Rheinlandpokal durch einen 3:2-Erfolg gegen den hohen Favoriten 1. FFC Montabaur gewonnen hatten und den Cup vom damaligen Verbandsvizepräsidenten Josef Hens (im linken Bild ganz rechts) überreicht bekamen. Zehn Jahre später blickt Reuter noch immer voller Stolz in die Archivmappe, die er sich seinerzeit eigens zum Pokalsieg angelegt hatte.

Kaum fassen konnten die Bitburgerinnen und Trainer Jürgen Reuter ihr Glück, als sie 2010 den Rheinlandpokal durch einen 3:2-Erfolg gegen den hohen Favoriten 1. FFC Montabaur gewonnen hatten und den Cup vom damaligen Verbandsvizepräsidenten Josef Hens (im linken Bild ganz rechts) überreicht bekamen. Zehn Jahre später blickt Reuter noch immer voller Stolz in die Archivmappe, die er sich seinerzeit eigens zum Pokalsieg angelegt hatte.

Foto: Andreas Arens
 Anriss Bitburg Frauen

Anriss Bitburg Frauen

Foto: TV/Schramm, Johannes

Steglich – Neuhaus, Zenzen, Hoffmann, Ney, Neu, Husch (86. Zeimens), Leinen, Frittgen (81. Quetsch), Kootz, Keils.

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