Frankreichs Handball-Skandal: Karabatic & Co. belastet

Paris (dpa) · Im französischen Handball-Wettskandal um den früheren Kieler Star Nikola Karabatic hat die Staatsanwaltschaft erstmals belastende Vorwürfe erhoben. Es gebe einen starken Verdacht auf Korruption und „Missachtung der Sportethik“ seitens des Profis von Frankreichs Meister Montpellier AHB.

Auch Teamkollegen und den Spielern nahestehenden Personen seien verdächtig, sagte Staatsanwalt Brice Robin in Montpellier. Man werde sie dem Ermittlungsrichter vorführen, um dann über die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Korruption zu entscheiden, fügte er an.

Mehrere Profis des französischen Rekordmeisters und Champions-League-Siegers von 2003, darunter einige Olympiasieger von London 2012, stehen im Verdacht, vergangene Saison ein Meisterschaftsspiel absichtlich verloren zu haben. Damit sollen sie Verwandten und Bekannten laut Behörden hohe Wettgewinne von insgesamt gut 250 000 Euro ermöglicht haben. Den betroffenen Spielern drohen wegen Sportkorruption und Betrug drei bis fünf Jahre Haft und sowie Geldstrafen von 75 000 Euro.

Karabatic-Anwalt Eric Dupond-Moretti hatte zuvor den Verdacht einer Spielmanipulation zwecks Bereicherung durch die Spieler zurückgewiesen. „Sie haben gewettet, das ist ein sportliches Vergehen, keine Straftat (...). Betrogen haben sie aber nicht“, sagte er dem Radiosender RTL. Zuvor waren Karabatic und andere MAHB-Spieler nach einem Spiel in der Kabine verhört worden. Im Rahmen der Ermittlungen befanden sich nach Angaben der zuständigen Behörden insgesamt 18 Menschen in Polizeigewahrsam.

Staatsanwalt Robin stellte die Beteuerung des Karabatic-Anwalts infrage. „Kann man ein Spiel normal bestreiten (...) wenn man weiß, dass man auf die Niederlage des eigenen Clubs hohe Summen gewettet hat?“, fragte er. Die Verdächtigen seien der Verlockung des Geldes erlegen. Die Onlineausgabe der Zeitung „Le Monde“ stellte lapidar fest: „Die Zukunft von Karabatic und Montpellier verdüstert sich.“

Karabatic & Co. scheinen unterdessen immer mehr die Unterstützung der öffentlichen Meinung und sogar des eigenen Clubs zu verlieren. MAHB-Präsident Rémy Lévy forderte „exemplarische Strafen“, falls sich der Verdacht als begründet herausstellen sollte. Auch Ex-Nationaltrainer Daniel Constantini schimpfte. „Alle sagen, Karabatic sei intelligent. Wenn sich alles bestätigen sollte, hat er sich wie ein Idiot benommen und seine Karriere für 10 000 Euro aufs Spiel gesetzt.“

Bei der spektakulären Polizeiaktion waren Karabatic, dessen Bruder Luka und andere Spieler am Sonntag im Anschluss an die Schlappe von Montpellier bei Paris SG (24:38) im Stade Pierre de Coubertin festgehalten und noch in der Umkleidekabine einem ersten Verhör unterzogen worden. Danach mussten sie in Gewahrsam. Zu weiteren Befragungen wurden sie zum Sitz der Polizei gegen Glücksspiel im Pariser Vorort Nanterre gefahren.

In Paris und Montpellier wurden neben den Spielern auch viele andere Personen verhört, darunter Spielerfrauen und Freunde, berichteten Medien unter Berufung auf die zuständigen Behörden. Nach Polizeiangaben handelt es sich bei den Spielern unter anderen um den slowenischen MAHB-Profi Vid Kavticnik sowie um zwei PSG-Handballer, die letzte Saison in Montpellier unter Vertrag standen. Dies waren der französische Nationalspieler Honrubia und der Serbe Mladen Bojinovic.

Erst vor kurzem war bekanntgeworden, dass gegen mehrere MAHB-Profis und weitere Personen ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts eingeleitet wurde. Bei der Affäre geht es um die sensationelle 28:31-Niederlage Montpelliers am 12. Mai beim abstiegsgefährdeten Cesson-Rennes HB. Montpellier stand damals als Meister fest, die späteren London-Olympiasieger Karabatic und Honrubia waren wegen Verletzung nicht dabei.

Damals wurden ungewöhnlich viele und sehr hohe Wetteinsätze auf einen Halbzeitrückstand und eine Niederlage Montpelliers getätigt. Die Polizei fand laut Medien inzwischen heraus, dass viele Wetten damals von Frauen, Freundinnen und Angehörigen der Spieler abgeschlossen worden seien. Der 28-jährige Karabatic, der mit Frankreich je zweimal Olympiasieger und Weltmeister war und in seiner Heimat 2011 zum Sportler des Jahres gewählt worden war, hat bisher noch keine persönliche Stellungnahme abgegeben.

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