Kretzschmars Vision: Erstklassiger Handball in Leipzig

Leipzig (dpa) · Stefan Kretzschmar sitzt gelassen am Tisch und rührt in seinem Kaffee. Es ist der Tag vor dem großen Spiel. Sein SC DHfK Leipzig misst sich in der dritten Runde des DHB-Pokals am Mittwoch mit dem großen THW Kiel.

Das lässt den ehemaligen Weltklasse-Handballer neben aller Vorfreude allerdings auch ins Grübeln kommen: „Kiel ist das absolute Maß aller Dinge. Vergangene Saison hat es keine Mannschaft geschafft, den THW zu schlagen.“ Deshalb könne es nur eine Prämisse geben: Leipzig und Mitteldeutschland bestmöglich zu präsentieren.

Seit beinahe drei Jahren treibt der 39 Jahre alte Ex-Nationalspieler ein Projekt voran: Mit dem SC DHfK will er wieder erstklassigen Männer-Handball in seiner Geburtsstadt Leipzig etablieren. Für ihn ist es eine Herzensangelegenheit, wegen der er von Magdeburg nach Leipzig gezogen ist. Stefan Kretzschmar ist Zugpferd und Gesicht der Vision Bundesliga-Handball in Leipzig. Als Mitglied im Aufsichtsrat ist es seine Aufgabe, neue Sponsoren an Land zu ziehen und die Mannschaft in der Öffentlichkeit zu bestmöglich zu positionieren.

Kretzschmar ist überzeugt davon, dass die Vision wahr werden kann, wenngleich es sportlich momentan nicht nach Wunsch läuft. Nach dem überraschenden 5. Platz im ersten Zweitliga-Jahr rangiert der Club derzeit nur auf dem 16. Rang. „Das soll jetzt nicht arrogant klingen. Aber ich glaube, dass das Projekt DHfK von allen Clubs in der 2. Bundesliga die größte Chance hat, sich durchzusetzen“, betonte er. Bevor er dieses Ziel nicht realisiert hat, „möchte ich ungern hier weggehen“, erklärte er.

In der vorigen Saison hatte Kretzschmar deshalb ein reizvolles Angebot des HSV Hamburg ausgeschlagen. Ein vorzeitiger Weggang käme für ihn einem Verrat gleich. „Man darf eines nicht vergessen: Seit drei Jahren erzählen wir den Jungs, dass wir Großes vorhaben. Und sie unterschreiben hier für weniger Geld. Und dann bin ich der Erste der weggeht? Was sollen die Jungs von mir denken?“

In den Augen Kretzschmars ist das Spiel gegen die Übermannschaft THW Kiel, wo „nur hochgezüchtete Rennpferde agieren“, gerade für seine Spieler förderlich - auch wenn es für sie ein schmaler Grad sei. „Ich hoffe, sie wehren sich und genießen die Begegnung. Denn sollten sie im Ernstfall mit 20 Toren hinten liegen, kommen sie als Sportler an einem Punkt, an dem es keinen Spaß mehr macht.“

Seit fünf Jahren wird beim Sportclub Deutsche Hochschule für Körperkultur alles daran gesetzt, um die „stärkste Liga der Welt“ zu erreichen. Da kommt das Traumlos mit dem Champions-League-Sieger Kiel gerade recht. Geschäftsführer Karsten Günther hofft, mit dem Pokalknüller „dem Männer-Handball in der Messestadt wieder ein Stück weit Auftrieb zu geben“.

Bereits zweimal trafen die Leipziger auf Bundesligisten: Als Oberligist 2007 auf den TBV Lemgo, drei Jahre später als Regionalligist auf die Füchse Berlin. „Beide Spiele haben Handball-Deutschland gezeigt, wo Leipzig überhaupt auf der Landkarte zu finden ist“, sagte Manager Maik Gottas. Für das Duell gegen Kiel waren innerhalb von 90 Minuten alle 5700 Karten ausverkauft.

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