Der Mythos endet im verflixten 13. Jahr

Trier · Das Damoklesschwert ist gefallen, seit Samstagabend stehen die Trierer Miezen als Bundesliga-Absteiger fest. Doch die Planungen für die 2. Liga sind schon in vollem Gange, in den kommenden Wochen soll der Kader stehen.

 Der Knackpunkt im Abstiegskampf: Lange Gesichter bei den Trierer Miezen nach der Niederlage bei Aufsteiger Weibern am 16. Februar. TV-Foto: Archiv

Der Knackpunkt im Abstiegskampf: Lange Gesichter bei den Trierer Miezen nach der Niederlage bei Aufsteiger Weibern am 16. Februar. TV-Foto: Archiv

Trier. Samstagabend, 20.34 Uhr, Öschhalle Metzingen. Abpfiff des Frauen-Handball-Bundesligaspiels TuS Metzingen gegen FHC Frankfurt/Oder. 22:19 steht auf der Anzeigentafel, die Schwaben feiern mit ihren Fans den Klassenerhalt. 310 Kilometer entfernt sorgt das Ergebnis für Entsetzen. Nach 13 Jahren im Oberhaus sind die Trierer Miezen abgestiegen, zwei Spieltage vor Saisonende kann die MJC den Aufsteiger nicht mehr einholen. Metzingen liegt jetzt mit vier Punkten vor Trier - rein rechnerisch könnte die MJC noch aufschließen, aber die Triererinnen habe eine um jetzt 82 Tore schlechtere Tordifferenz, und die ist entscheidend bei Punktgleichheit.
Mannschaft, Vorstand und Trainer hatten ihr Schicksalsspiel am Internet-Liveticker verfolgt. "Wir waren nicht so naiv, uns nicht mit dem Abstieg zu befassen", sagt Vorstand Jürgen Brech dem Volksfreund: "Die zweigleisige Planung für 1. und 2. Liga war seit Wochen das Thema." In der laufenden Saison gelangen den Triererinnen nur zwei Siege - zum Start in Metzingen und im Dezember zu Hause gegen Blomberg. Hinzu kamen bislang drei Remis (in Leipzig, gegen Frankfurt/Oder und gegen Metzingen) und 15 - teilweise überaus deutliche - Niederlagen. Trier hat die mit Abstand schwächste Abwehr der Liga. Ab dem dritten Spieltag lag die MJC auf einem Abstiegsplatz.
Somit geht es für die Miezen in den beiden abschließenden Spielen am 27. März gegen das am Samstag ebenfalls definitiv abgestiegene Schlusslicht HSG Bad Wildungen und am 30. März in Blomberg nur noch um die goldene Ananas. "Aber wir werden diese beiden Spiele hoffentlich so bestreiten, als ob es noch um alles ginge. Das sind wir unseren treuen Fans schuldig", sagte Trainer Jörn Ilper. Schon am Tag nach dem Abstieg verbreiten alle Seiten Aufbruchstimmung. "Ich würde gerne Trainer bleiben und unser Konzept weiterführen. Dazu gab es schon Gespräche mit dem Vorstand", bekräftigt Ilper.
Auch dem Kölner war klar, dass "irgendwann der Mythos der Unabsteigbarkeit enden würde". In den vergangenen drei Jahren hatten die Miezen jeweils am letzten oder vorletzten Spieltag mit viel Glück den Klassenerhalt geschafft (siehe unten). Im "verflixten 13. Jahr" erwischte es nun auch den Meister von 2003.

Die Gründe für den Abstieg: "Die beiden Niederlagen gegen Aufsteiger Weibern und die Niederlage bei Schlusslicht Bad Wildungen sowie die Heimniederlage gegen Göppingen", nennen alle Beteiligten als Hauptgründe für den Abstieg. Für Ilper war es - trotz einer Steigerung während der Saison - auch der im Vergleich zu den Konkurrenten deutlich kleinere Kader: "Uns haben einfach in den entscheidenden Situationen die Alternativen gefehlt. Aber das war natürlich der wirtschaftlichen Konsolidierung geschuldet."

Die theoretische letzte Chance auf den Klassenerhalt: Wenn ein Erstligist oder Erstligaaufsteiger keine Lizenz beantragt oder erhält, würden die Miezen erstklassig bleiben. Für Brech aber wenig realistisch: "Wir beteiligen uns nicht an solchen Spekulationen. Ich glaube nicht, dass dieses Szenario eintritt, wir planen definitiv für die 2. Liga."

Wie geht es weiter? "Wir werden für die 2. Liga melden. Das wäre in einer ähnlichen Situation des sportlichen Abstiegs 2011 oder 2012 wegen der finanziellen Probleme seinerzeit unmöglich gewesen. Es geht also weiter", sagt Brech, der auch im Umfeld positive Signale erkannt hat: "Unsere Zuschauerzahlen belegen das große Interesse an unseren Spielen, wir haben neue Sponsoren gewonnen, auch wenn wir nicht auf Rosen gebettet sind. Wir hoffen, dass Fans und Wirtschaft auch in der 2. Liga zu uns stehen."

Die Kaderfrage: "Das ist eine Charakterfrage. Wir wünschen uns, dass die Spielerinnen, mit denen wir abgestiegen sind, auch an Bord bleiben, um in der 2. Liga oben mitzuspielen", meint Brech. Da der Verein schon vor der Saison die Weichen weg vom Vollprofitum hin zur dualen Lösung mit Sport und Job umgesetzt hat, dürfte das leichter fallen. Toptorschützin Carolin Schmele liegen wohl andere Angebote vor, ob die Serbin Miroslava Jelicic, die die Erwartungen nie erfüllt hat, gehalten werden soll, ist eine andere Frage. "Wir werden schnell abklären, wer bleibt und wer geht und dann entscheiden, wer kommen soll", meint Brech. "Wir sind schon sehr weit mit unserem Konzept", ergänzt Ilper. Geplant ist, Trier wieder interessant für Nachwuchsspielerinnen zu machen. "Und deren Entwicklung braucht Zeit, aber wir werden diese Geduld haben", meint Vorstand Brech.

Die Trainerfrage: Ilper will bleiben, die Entscheidung liegt beim Vorstand. Auch diese Frage soll schnell geklärt werden.

Die Hallenfrage: Die "gute, alte Wolfsberghalle" fällt als Spielort wegen der Zuschauerbeschränkung auf 250 Fans definitiv weg - und war für die MJC auch nie ein Thema. "Wir wollen auch in der 2. Liga in der Arena spielen. Nur dort können wir unsere Spiele als Event anbieten, nur dort haben die Zuschauer den Komfort - und wenn man sich unsere Zahlen anschaut, gibt es auch keine Halle außer der Arena, wo alle Fans hineinpassen würden", sagt Brech. "In der 2. Liga werden wir natürlich erfolgreicher sein, und dann erwarte ich ähnlich viele Zuschauer wie jetzt", meint Ilper.

Die Finanzen und Strukturen: Die Kosten in der 2. Liga sind nicht deutlich niedriger als in Liga 1. Die Fahrtkosten sind identisch, oder angesichts von vier zusätzlichen Auswärtsspielen sogar höher, da in der 2. Liga 16 Teams statt 12 in Liga eins spielen. Natürlich hat man auch höhere Einnahmen durch vier weitere Heimspiele. Will man oben mitspielen, sind auch die Personalkosten nicht niedriger - abhängig natürlich vom Kader. Die Strukturen im Verein haben sich entwickelt - ein großer Vorteil bei diesem Neuanfang: Die finanziellen Altlasten - die 2011 und 2012 fast den Exitus bedeutet hätten - sind so weit abgebaut, die MJC ist in der laufenden Saison allen Zahlungsverpflichtungen (Gehälter, Sozialbeiträge) pünktlich nachgekommen. Und: Der Vorstand wurde auf breitere Beine gestellt - und wird nun auch richtig gefordert sein. Brech: "Die Strukturen sind vorhanden."

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