Glaubensbekenntnis auf zwei Rädern

Nürburgring · Die Eifel fest in Zweirad-Hand. Beim zehnten von 14 Läufen zur Superbike-Weltmeisterschaft auf dem Nürburgring dominierte der etwas andere Motorsport.

 Ein Mechaniker legt in der Box letzte Hand an die Honda CBR des britischen Topfahrers Jonathan Rea. TV-Foto: Jürgen C. Braun

Ein Mechaniker legt in der Box letzte Hand an die Honda CBR des britischen Topfahrers Jonathan Rea. TV-Foto: Jürgen C. Braun

Nürburgring. Wer auf vier Rädern und nicht im Sattel zu diesem mobilen Glaubensbekenntnis der Zweirad-Artisten anreist, der riskiert schon einmal eine Geste der Geringschätzung. Kopfschütteln, Achselzucken, oder einfach nur wegschauen. Ähnlich wie beim Truck-Grandprix hat auch ein Lauf zur Motorrad-Weltmeisterschaft seine ganz besondere Klientel von Gleichgesinnten, die sich am Rande der Strecke treffen. Gelten schon die Top-Piloten in den Formel-Fahrzeugen, den GT- und Tourenwagen als Extremsportler, deren Leben und Entscheidungsfindungen sich in Bruchteilen von Sekunden abspielt, so sind die Höllenreiter rund um die Nürburg diejenigen, die den permanenten Tanz auf der Rasierklinge brauchen. Schmalbrüstige Rodeo-Reiter auf zuckenden, sich aufbäumenden Yamahas, Hondas, Kawasakis und ähnlichen Geschossen. Hasardeure, für die ein Überholmanöver im DTM-Fahrzeug vor dem "Schumacher-S" wie eine Aufforderung zum Wiener Walzer wirkt.
Dass so etwas zwar oft, aber nicht immer gut ausgeht, davon legte das Renn-Wochenende wieder einmal beredtes Zeugnis ab. Rasende Ausflüge ins Kiesbett, Salti über den Lenker (und mitunter auch über den schützenden Reifenstapel) gehören zur Motorrad-WM wie der Pflicht-Boxenstopp beim GT Masters. Nur dank ihrer Wirbelsäulen-Protektoren, dank spezieller Helme, Knie- und Ellbogen-"Panzer" gehen diese spektakulären Flugeinlagen für die Piloten (meist) glimpflich aus.
"Nie den Respekt verlieren"


"Jeder weiß, welches Risiko er eingeht. Daher sind Fitness und Körperbeherrschung auch so wichtig. Schnell Motorrad fahren und sich in die Kurve legen können, damit ist es nicht getan", erzählte uns Deutschlands bester SBK-Pilot Max Neukirchner. Der 30-Jährige aus dem Erzgebirge sitzt seit Kindertagen auf der Mühle. Und er beherzigt vor allem eins: "Man darf nie den Respekt vor der Maschine verlieren. Egal, wie gut man zu sein glaubt."
Die Top-Piloten dieses Seitenlagen-Panoptikums kommen aus Großbritannien, Frankreich und Südeuropa. Bei den Herstellern duelliert sich BMW als einziger deutscher Hersteller mit den Italienern (Ducati, Aprilia) und den Japanern (Yamaha, Honda, Kawasaki, Suzuki). Mit Marco Melandri haben die Münchner einen italienischen Volkshelden in den Sattel gehievt. WM-Spitzenreiter ist der Franzose Sylvain Guintoli (Aprilia) Die "Top 20" liegen innerhalb von drei Sekunden pro Runde.
Den Streckenrekord hält der italienische Weltmeister Max Biaggi mit 1:53,855 (162,340 km/h Durchschnitt) aus dem Vorjahr. Das Feld duelliert sich, die Nase fast am Auspuff des Vordermanns, bei Tempo 250, in einer Schräglage von fast 65 Grad. Nicht unbedingt eine Position für einen entspannten Nachmittag mit Kaffeeplausch. Aber den hat auch niemand vermisst, der am Sonntag am Ring war.Extra

Die Rennen am Nürburgring in der SBK-Königsklasse gewannen Chaz Davies (GBR / BMW) und Tom Sykes (GBR / Kawasaki). In der Gesamtwertung führt Sykes jetzt mit 287 Punkten vor Guintoli (286.) Max Neukirchner liegt auf Rang 13 (84 Punkte). jüb

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