"Jeder Job für eine Mieze schont unseren Etat"

Trier · Kleinerer Etat, dafür pünktlich gezahlte Gehälter für Spielerinnen, die neben dem Handball noch arbeiten gehen - so sieht das neue Konzept der Trierer Miezen aus. Vorstand Jürgen Brech erläutert im Interview mit TV-Mitarbeiter Björn Pazen die Situation vor dem ersten Heimspiel am Mittwoch (19.30 Uhr) gegen Leipzig.

Trier. Das neue Konzept fußt auf Halbprofis, wie wird das bei den Miezen mit Leben gefüllt?
Brech: Es ist natürlich nichts ganz Neues bei uns, wenn Leistungssport und Arbeiten miteinander verbunden werden. Aber dass alle - inklusive Trainer - nicht ihren Haupterwerb im Handball haben, ist neu. Als Erstes müssen das die Spielerinnen verinnerlichen, zweitens ist aber das Verständnis der Arbeitgeber wichtig. Wenn wir sonntags in Frankfurt/Oder spielen und montagmorgens um sechs Uhr heimkommen, kann die Spielerin nicht topfit zur Arbeit kommen. Aber wir haben Partner gefunden, die mitspielen. Ich denke, unseren semiprofessionellen Weg wird künftig der gesamte deutsche Frauenhandball einschlagen, weil es aus finanziellen Gründen gar nicht anders geht.

Wie sieht generell die finanzielle Ausstattung aus?
Brech: Wir stehen in vielen Gesprächen, wir versuchen den Unternehmen auch ganz neue Dinge anzubieten. Manchmal geht es eben nicht darum, dass die Firma Geld gibt, sondern darum, eine Ausbildungsstelle für eine Spielerin anzubieten. Und mit Sponsoren versuchen wir auch gemeinsame Projekte anzugehen. Zum Beispiel bieten Miezen und Handwerkskammer Gesundheits- und Sportkurse an, viele unserer Spielerinnen haben schließlich Trainerscheine. Solche Kooperationen werden immer wichtiger - und jeder Arbeitsplatz, den eine Spielerin bekommt, schont unseren Etat.

Seit rund 18 Monaten gibt es den Club 1500 als "Pool" für Kleinunternehmer und Privatförderer. Wie hat sich das Projekt entwickelt?
Brech: Unter der neuen Leitung von Peter Rohr wollen wir diesen Club voranbringen, er muss intensiver betreut werden, auch direkt von Vorstands- oder Aufsichtsratsseite. Ich denke, wir bieten immer noch ein interessantes Umfeld. Unser Ziel ist, dass der Club 1500 einer unser Premiumsponsoren wird, der uns langfristig sichere Einnahmen garantiert.

Sie haben den Vorstand angesprochen. Von vielen Seiten wurden Strukturänderungen angemahnt, ansonsten sei der Verein nicht überlebensfähig. Was wurde bislang umgesetzt?
Brech: Man kann einen ehrenamtlich geführten Verein nicht von einem auf den anderen Tag umkrempeln, das braucht Zeit. Wir haben - das war eine der Kernforderungen auch unserer Sponsoren - unsere Satzung geändert, einen Aufsichtsrat als Kontrollgremium installiert, und werden in Kürze auch einen erweiterten Vorstand präsentieren. Aber diese alte Forderung, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen, ist nicht einfach umzusetzen. Jeder Vorstand, jeder Aufsichtsrat hat Pflichten, muss viel Zeit investieren - das schreckt ab. Aber es ist unser Ziel, einmal pro Woche mit den Gremien zu tagen, um kurzfristig auf Veränderungen im sportlichen oder finanziellen Bereich reagieren zu können.

Vorrangig wird es in allen Gremien aber ums Geld gehen. Sind mittlerweile alle Altlasten aus der Vorsaison abgebaut?
Brech: Die Verpflichtungen aus der Vorsaison, was Spielergehälter betrifft, sind allesamt bezahlt. Wir zahlen unsere Betriebsgenossenschaftsbeiträge noch in Raten ab, das ist Usus. Also ist die vergangene Saison finanziell abgeschlossen.

Wie sehen neben der Konsolidierung Ihre Saisonziele aus?
Brech: Kurzfristig geht es um den Klassenerhalt, mittel- und langfristig wollen wir uns weiter nach oben orientieren. Vielleicht gelingt uns ja wirklich noch einmal ein Hoch wie in den Jahren 2002 bis 2007. Wir haben die Talente, wir hoffen, dass sie nicht abgeworben werden, wir wollen konstanter als zuvor etwas aufbauen.

Sie haben lange mit Neuzugängen wie der vor dem Metzingen-Spiel verpflichteten Spanierin Cristina Cabeza gewartet. Liegt dies am Geld?
Brech: Nein, es liegt daran, dass wir keine Schnellschüsse in Sachen Neuverpflichtungen mehr machen wollen. Wir schauen genauer hin als in der Vergangenheit - und drei Dinge müssen passen: die sportliche Leistung, der Charakter und das finanziell Machbare. Wir - also Vorstand, Trainer und Berater Dago Leukefeld - haben die Hände wahrlich nicht in den Schoß gelegt, sondern sondieren seit Monaten den Markt und hatten auch viele Spielerinnen im Probetraining. Aber die Spielerin zu finden, die perfekt zu uns passt, ist eben nicht einfach. BP

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