Motivation trotz Corona Alleinerziehende und selbstständige Rekordläuferin

Oberscheidweiler · 2020 wollte Julia Moll eigentlich voll aufdrehen als Senioren-Leichtathletin. Dann kam Corona, aber die 45-Jährige ist trotzdem durchgestartet.

 Altersklassen-Rekorde als Ziel halfen Julia Moll vom Post-Sportverein Trier zu großer Trainingsmotivation während der Corona-Zeit.

Altersklassen-Rekorde als Ziel halfen Julia Moll vom Post-Sportverein Trier zu großer Trainingsmotivation während der Corona-Zeit.

Foto: Holger Teusch

Wann schläft Julia Moll? Manchmal nur zwei bis drei Stunden, gesteht die Powerfrau aus Oberscheidweiler (Kreis Bernkastel-Wittlich), dass es Phasen gibt, in denen sie mit wenig Schlaf auskommen muss. „Wenn man weiß, dass es nur kurzfristig ist, geht das“, erklärt die 45-Jährige. Die Kurzschlafphasen lagen in den vergangenen Jahren im Frühjahr, wenn die selbstständige Gärtnermeisterin an Wochenenden zu Messen fuhr, aber auch selbst oder als Trainerin bei Leichtathletik-Wettkämpfen aktiv war.

Das gab es 2020 wegen Corona nicht. Ausgerechnet in Julia Molls ersten Jahr in der Altersklasse W 45 (45 bis 49 Jahre), in der sie sich so viel vorgenommen hatte: ihrer Sammlung an nationalen Titeln und Medaillen noch einige hinzuzufügen und auch international zu starten. Sie kam gerade mit einer Gold- und zwei Bronzemedaillen von der Senioren-Hallen-DM zurück, als sich die Ereignisse überschlugen und am 13. März der Lockdown beschlossen wurde. „Das war schon ein komisches Gefühl. Wir waren ja kurz zuvor drei Tage mit 2000 Leuten in einer Halle gewesen“, erinnert sich Julia Moll.

In Schockstarre verfiel die zweifache, alleinerziehende Mutter aber nicht, als sich abzeichnete, dass die DM der vorerst letzte Wettkampf war. Es galt das Heimtraining der Leichtathleten des PSV Wengerohr, deren stellvertretende Abteilungsleiterin Julia Moll trotz ihres Startrechtswechsel zum Post-Sportverein Trier (PST) zu Jahresbeginn weiterhin ist ist, zu organisieren. Und sich selbst neue Ziele zu definieren.

„Rekorde haben mich schon immer sehr gereizt“, erzählt die Mittelstreckenläuferin. In der Hoffnung, dass es im Sommer wieder eine Startmöglichkeit geben würde, schrieb Julia Moll ihren Trainingsplan um. „Ich habe mir eine Liste gemacht, welche Trainingseinheit ich wann trainieren muss, um im Juli in Form zu sein.“ Wann und wo genau sie welche Strecke würde laufen können, war noch nicht klar, die Struktur half aber: „Es ist schon eine große Hilfe, wenn man nicht ins Leere rein trainiert“, sagt sie.

Struktur ist das Stichwort. Die ist in ihrem gesamten Tagesablauf auch schon vor der Corona-Krise wichtig gewesen. Nur so konnte der Gärtnerei-Betrieb, die von ihr geleiteten Übungsstunden beim PSV Wengerohr und die Betreuung ihrer Kinder Steffi (15) und Felix (19) mit dem eigenen Training unter einen Hut gebracht werden. „Man muss freie Zeiten sinnvoll nutzen und feste Rituale einführen, dann geht es am besten“, erklärt Julia Moll und ergänzt: „Im Sommer laufe ich auch schon mal um zehn Uhr abends.“

Gerannt ist sie schon als Jugendliche unter ihrem Mädchennamen Herber immer beim Trierer Stadtlauf und im November 1991 beim nur einmal durchgeführten Citylauf. Volkhart Rosch, die 2017 verstorbene PST-Trainerlegende, rief bei ihren Eltern zu Hause an. „Dann ging alles zack-zack“, erzählt die Läuferin lachend. Aus der 3 x 800-Meter-Staffel, Cross- und Straßenlaufmannschaften war sie bald nicht mehr wegzudenken. Aus der ersten Hälfte der 1990er Jahre stammen auch ihre Bestzeiten (2:20,16 Minuten/800 Meter, 4:48,32 Minuten/1500 Meter, 10:26,18 Minuten/3000 Meter, 18:16,12 Minuten/5000 Meter, 39:01,80 Minuten/10 000 Meter, 1:29:29 Stunden/Halbmarathon).

Doch nach fünf Jahren war erst einmal Schluss mit dem Leistungssport. Erst nach der Betriebsgründung und als Sohn Felix beim PSV Wengerohr zu trainieren begann, startete Julia Moll ihre zweite Karriere. „Ich habe Felix zum Training gefahren und bin in der Zeit laufen gegangen“, erzählt sie. Felix' Trainer Sebastian Tracht überredete dann auch die Mutter dazu, beim Wintricher Crosslauf zu starten. Dann ging es wie wie schon bei Rosch zack-zack.

Trotz (oder wegen?) Corona lief Julia Moll in diesem Sommer so schnell wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr: 2:27,17 Minuten (800 Meter), 5:04,17 Minuten (1500 Meter) und 10:54,81 Minuten (3000 Meter). Alles W-45-Rheinlandrekorde. Die 5000-Meter-Bestzeit (18:07,56) könnte theoretisch am Freitagabend beim SWT-Flutlichtmeeting in Trier fallen. Nein, dass liege nun wirklich außer Reichweite, beteuert Julia Moll. Aber 2021 internationalen Senioren-Medaillen, das ist nach den Rekorden dann wieder ein Ziel.

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