Die Entdeckung der Langsamkeit

Wie mächtig stolz sind wir Läufer doch auf unsere Bestzeiten. Was für den Sport im Allgemeinen gerne als Motto für heftigste Trainingsquälereien genommen wird, gilt für gewöhnlich hoch ambitionierte Freizeitsportler nicht weniger. Aber langsam zu laufen macht auch Spaß, besonders bei ganz langen Strecken. Das hat TV-Laufkolumnist Rainer Neubert ausprobiert.

 Auf dem Weg von Oldenburg zur Nordsee - langsam geht es auch.

Auf dem Weg von Oldenburg zur Nordsee - langsam geht es auch.

Foto: Jan Neubert

Wir drehen Temporunden im Stadion, erklimmen Berge im Intervall oder klatschen die Schuhsohlen unserer Laufschuhe im Stakkato-Takt auf sechs mal 300 Treppenstufen auf dem Weg zum siebten Läuferhimmel. Alles für die paar Sekunden weniger beim nächsten Volkslauf! Konsequentes Training macht schneller. Das erleben in diesen Wochen wieder alle, die sich zum Beispiel bei der Aktion "Der TV bewegt!" auf den Trierer Stadtlauf vorbereiten. Mein persönliches Experiment in diesem Frühjahr war allerdings die Entdeckung der Langsamkeit. Es geht dabei um einen sehr langen Lauf in sehr moderatem Tempo: Neun Stunden, unterbrochen nur von kurzen Trink- und Esspausen. Unvorstellbar? Stimmt. Aber es funktioniert. Und die größte Überraschung dabei: Muskeln und Gelenke murren nicht. Schwere Beine, na klar, aber sonst ... Kein Vergleich zu den Nachwehen bei einem schnellen Lauf über eine wesentlich kürzere Strecke. Langsames Laufen macht Spaß, ist kommunikativ und gesund. Hatte ich das nicht schon immer gesagt? Und was ist das richtige Tempo? Wer beim Laufen singen kann, ist zu langsam. Wer sich nicht normal unterhalten kann, ist zu schnell. Manchmal allerdings habe ich nach wie vor gar keine Lust, mich zu unterhalten ...

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