Rennspargel

Körpergröße ist nicht alles. Aber zumindest im Getümmel vor dem Start eines großen Volkslaufes haben längere Sportler die bessere Übersicht. Wie es für die Anderen ist, davon kann TV-Laufkolumnist Rainer Neubert aus eigener Erfahrung berichten.

 Der TV bewegt - auch beim Bitburger-Silvesterlauf in Trier.

Der TV bewegt - auch beim Bitburger-Silvesterlauf in Trier.

Foto: Holger Teusch

Ich bin ja nicht gerade das, was man als Giganten bezeichnet. Schlanke 170 Zentimeter, da fehlt in großen Starterfeldern häufiger die Übersicht. So auch beim Silvesterlauf in Trier. Im Pulk der 700 Starter beim Volkslauf der Männer ging es ganz schön eng zu. Aber kalt war es inmitten der gedrängten Gruppe von Laufriesen zumindest nicht.

Wäre ich beim Lauf der Asse gestartet, hätte das sicher anders ausgesehen. Was Körpergröße und Gewicht angeht, entspricht das schon eher meiner Kragenweite. Und im Vergleich zu den jungen Läufern aus Äthiopien wirke sogar ich wie ein Zehnkämpfer. Die haben Arme so dünn wie Spargel. Nicht die kleinsten Anzeichen von Hängefleisch. Waden wie auf die Spitze gestellte Flaschenkürbisse - natürlich nicht so krumm. Aber wie man mit solchen Muskelpäckchen so schnell laufen kann, ist schon ein Rätsel.

Und wie da die Post abging. Der 19jährige Sieger Mosinet Girmet rannte die acht Kilometer Kreisverkehr in gerade einmal 22:36 Minuten. Das sind 2:49 Minuten pro Kilometer oder knapp 17 Sekunden pro 100 Meter. Eine solche 100-Meter-Zeit hätte mich Schneckensprinter sogar vor 20 Jahren außerordentlich gefordert. Überrundet hätte mich selbst der Letzte in dem nur 58 Starter umfassenden Feld der Silvesterlauf-Asse.

Bei den Elitedamen - da hätte ich freie Sicht - wäre ich vielleicht Vorletzter geworden. Immerhin. Aber da hätten die mich dann sicher von der Wertungsliste gestrichen.

Da ich keine Geschlechtsumwandung plane und nicht schneller laufen kann, wird es also nichts werden mit überschaubaren Startfeldern. Aber wirklich schlimm ist das eigentlich nicht. Sollen die Rennspargel mal alleine starten. Als Normalläufer unter Gleichgesinnten macht ein Ereignis wie der Silvesterlauf eh mehr Spaß. Und kurze Zeit nach dem Start gewinnen auch die Kurzen: zumindest den Überblick.

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