Sieht gut aus..

Zuschauer können Läufer motivieren. Manche gut gemeinten Sprüche können Sportler aber auch in die Verzweiflung treiben, wie TV-Laufkolumnist Rainer Neubert selbst erlebt hat.

 Berlin-Marathon 2010: Zähne zusammenbeißen, sieht besser aus als es sich anfühlt.

Berlin-Marathon 2010: Zähne zusammenbeißen, sieht besser aus als es sich anfühlt.

Foto: privat

Wer jemals bei einem Wettkampf gestartet ist, weiß, wie wichtig und hilfreich Zuschauer sind. Beim Start wirken sie als Motivationsturbo. Während und besonders am Ende eines Rennens lässt das Anfeuern vom Wegesrand die Beine auch dann noch fliegen, wenn im Kopf des dazugehörigen Läufers der Wunsch nach Ruhe, Massage und Couch alle guten Vorsätze zu verdrängen beginnt.

"Sieht gut aus!" Bei meinem ersten Rennen vor einigen Jahren - es war die damals unvorstellbar lange Distanz von fünf Kilometern beim Trierer Stadtlauf - hörte ich das zum ersten Mal. Bei Kilometer vier stand mein positive Energie versprühender Lauftrainer und versetzte mir verbal den so wichtigen Endorphinschub für den langen Sprint ins Ziel.
"Sieht gut aus!" gehört seitdem zu jedem Lauf, bei dem ich am Start bin, egal ob 5, 8, 10, 15, 21 oder 42 Kilometer. Und besonders bei den Stadtmarathons bin ich wenig wählerisch, ob der aufmunternde Spruch und das dazu geschwungene Fähnchen wirklich mir gelten oder vielleicht doch eher Hannes aus Hamburg, Max aus Mannheim oder Michel aus München. Dann heißt es Haltung bewahren, auch wenn es schwerfällt.

Nun habe ich das nicht immer unzweifelhafte Glück, dass Außenstehende es als fröhliches Grinsen interpretieren, wenn ich angestrengt die Zähne zusammenbeiße und fast auf dem Zahnfleisch daherkomme.

"Sieht gut aus! Jetzt geht es nur noch bergab!" Auch die Erweiterung des Standardspruchs kennt jeder von uns. Wobei ich dem seit einem Halbmarathon in der schönen Eifel auch nicht mehr vorbehaltlos Glauben schenke. Ein Großteil der Strecke und 1000 Höhenmeter waren geschafft, mit mehr Mühe, als mir lieb sein konnte. Vorbei an dem freundlich rufenden Streckenposten. "… nur noch bergab!" Gas geben also … drei Kilometer und 500 Höhenmeter weiter bin ich damals förmlich ins Ziel gekrochen. "Sieht gut aus!" - nein, nicht wirklich …
laufen@volksfreund.de

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