Macht Sport mit Spielekonsolen fit?

Kinder und Jugendliche lieben Computer-, Internet- und Konsolenspiele als Freizeitbeschäftigung. Nach einer Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest in Stuttgart aus dem Jahr 2012 spielen 42 Prozent der Zwölf- bis 19-Jährigen regelmäßig elektronische Spiele.

 Digitale Bewegungsspiele machen nicht wirklich fit. Doch die Spieler haben Spaß daran und werden zum Sporttreiben motiviert. Foto: ea sports

Digitale Bewegungsspiele machen nicht wirklich fit. Doch die Spieler haben Spaß daran und werden zum Sporttreiben motiviert. Foto: ea sports

Eine repräsentative Umfrage der Universität Hohenheim belegt, dass sich auch 22 Prozent der Erwachsenen regelmäßig mit elektronischen Spielen die Zeit vertreiben.
Die hohen Nutzerzahlen haben Wissenschaftler in aller Welt bewogen, in Studien zu überprüfen, welche Auswirkungen Computer- und Konsolenspiele auf Gehirn und Körper haben. Einerseits wurden die Effekte von elektronischen Spielen untersucht, bei denen die Spieler lediglich vor dem Bildschirm sitzen und per Computermaus oder Steuerknüppel das Geschehen auf dem Monitor dirigieren. Andererseits nahmen die Forscher Spiele unter die Lupe, bei denen die Spieler vor dem Bildschirm körperlich aktiv werden: mit Balancieren, Tanzen, Kegeln, Tennis, Boxen, Baseball, Golfen.
Einen solchen Ganzkörpereinsatz ermöglichen Spielkonsolen wie Nintendo Wii, Microsoft Xbox 360 und Sony PlayStation 3. Die Spieler halten ein Steuergerät in der Hand, mit dem sie zum Beispiel einen Tennisschläger, einen Golfschläger oder einen Boxhandschuh simulieren können. Die Bewegungen des Spielers werden mithilfe von Kameras, Datenhandschuhen und Sensoren in einer Messplatte auf den Bildschirm übertragen.
Gegenspieler in der ganzen Welt


Ein Tennisspiel beispielsweise kann der Spieler gegen den Computer, einen anwesenden Mitspieler, der die gleiche elektronische Ausrüstung benutzt, oder übers Internet sogar gegen einen weit entfernten anderen Computerspieler bestreiten. Digitale Spiele, die man durch Körperbewegungen steuert, werden Exergames genannt.
Eine Arbeitsgruppe um Privatdozent Dr. Michael Fröhlich, Christian Rullang und Adrian Berhard vom Sportwissenschaftlichen Institut der Universität des Saarlandes sowie Professorin Dr. Andrea Pieter von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement in Saarbrücken haben für einen Überblicksartikel 24 Studien aus aller Welt zusammengestellt, in denen mit verschiedenen Fragestellungen die gesundheitlichen Effekte digitaler Spiele untersucht wurden.
Forscher an der Universität Liverpool haben gezeigt, dass der Energieverbrauch bei bewegungsaktiven Konsolenspielen wie Boxen, Bowling oder Tennis deutlich steigt. Wer sich speziell beim Boxen richtig reinhängt, verbraucht bis zu zehn Kilokalorien pro Minute. Hält man eine Stunde lang durch, werden 600 Kilokalorien verbrannt, was etwa einer Tafel Milchschokolade entspricht. Die Wissenschaftler lassen aber keinen Zweifel daran, dass der Energieverbrauch beim realen Sport im Fitness-Studio, in der Trainingshalle und auf dem Sportplatz in der Regel höher liegt als beim digitalen Sport.
Bei Konsolenspielen, die körperlichen Einsatz erfordern, steigen der Energieverbrauch und die Herzfrequenz ähnlich, wie das bei flottem Gehen der Fall ist. Das zeigt eine Studie mit Kindern zwischen zehn und 13 Jahren an der amerikanischen Universität Oklahoma. Untersucht wurden ein Tanzspiel, Boxen und Bowling. Zudem wurden die Kinder auf dem Laufband bei langsamem und schnellem Gehen getestet. Die US-Wissenschaftler betonen, dass digitaler Sport eine "sichere und spaßbetonte Möglichkeit" sei, den Energieumsatz bei Kindern zu steigern, und ihnen Lust auf reale Bewegungsaktivitäten mache.
Forscher der Universität Staffordshire in Großbritannien ließen normal- und übergewichtige Kinder und Jugendliche ein Tanzspiel spielen. Die körperliche Aktivität führte zu einem leichten Trainingseffekt auf das Herz-Kreislaufsystem. Ob der Kalorienverbrauch ausreichte, um Übergewicht zu reduzieren und Muskelmasse aufzubauen, haben die britischen Wissenschaftler nicht untersucht. Das klärte jedoch eine Studie über ein halbes Jahr mit Kindern im Alter von zehn bis 14 Jahren an der Universität Auckland, Neuseeland. Die Forscher konnten danach kleine Veränderungen beim Body-Mass-Index und bei der Körperzusammensetzung nachweisen: Die Fettpolster waren ein wenig geschmolzen.
Eine Studie mit erwachsenen Teilnehmern im Alter von 25 bis 44 Jahren am Institut für Gesundheit und Ernährung in Tokio zeigte, dass Konsolensport wie Aerobic, Bowling, Golf, Baseball, Tennis und Boxen als gering intensive beziehungsweise moderat intensive Aktivität eingestuft werden kann. Das entspricht leichter bis moderater körperlicher Alltagsaktivität. Dadurch werden die Mindestanforderungen erfüllt, die die Vereinigung der amerikanischen Sportmediziner für notwendig erachtet, damit die Gesundheit erhalten bleibt. Mit digitalem Sport kann man sein Fitness-Niveau halten, aber nicht verbessern. Dazu reichen die Trainingsreize nicht aus.Extra

In vielen Studien wurde untersucht, wie sich Computer- sowie digitale Bewegungsspiele auf Gehirn und Körper auswirken. Können digitale Spiele das Konzentrationsvermögen, die Reaktionsgeschwindigkeit, die Gedächtnisleistung und die Aufmerksamkeitsfähigkeit steigern? Antwort: Ja. Verbessern sich Körperkoordination, Rhythmusfähigkeit, Gleichgewichtsvermögen, Kraft und Ausdauer? Antwort: Ja, wenn auch teilweise nur wenig. Steigt beim aktiven digitalen Spielen der Kalorienverbrauch in dem Maße an, dass Fettpolster schmelzen? Antwort: Ja, wenn auch nur in geringem Maße. Profitieren Sportler in realen Wettkämpfen vom Konsolen-Training? Antwort: Es ist anzunehmen, doch zu diesem Thema gibt es noch zu wenige Studien. ml

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