Warum in Laufschuhen mit steifer Sohle die Füße einschlafen

Saarbrücken · Läufer haben genetisch bedingt lange oder kurze Zehen, hohen oder niedrigen Spann, breite oder schmale Füße. Darauf reagieren die Laufschuhhersteller und bieten Produkte mit unterschiedlichen Weiten, Stützen oder Schnürsystemen an.

(ml) Beim Laufen durchläuft der Fuß drei Phasen, auf die ein guter Laufschuh abgestimmt sein muss.

Phase eins: Aufsetzen der Ferse. Bei modernen Schuhen sind die Fersenkappe und die Sohle des Laufschuhs eher hart, allerdings noch leicht gedämpft, damit man auch auf Asphalt laufen kann. Früher waren die Laufsohlen im Fersenbereich oft nach hinten etwas verlängert und zur Seite hin verbreitert. Dahinter steckte die Idee, dass der Schuh eher Bodenkontakt bekommt, wodurch die Sinneszellen und somit die Muskulatur früher aktiv werden und die Stabilität der Ferse verbessern. Doch der durch die verbreiterten Sohlen vergrößerte Hebelarm beim Aufsetzen des Fußes führt zu einer muskulären Überlastung vor allem des vorderen Schienbeinmuskels. Die schmerzhafte Form wird als Schienbeinkantensyndrom bezeichnet und zwingt Läufer häufig zu Trainingspausen. Heute haben moderne Laufschuhe hinten meist abgerundete Sohlen, so dass man auch bei leichter Schieflage die Ferse gut aufsetzen kann.

Phase zwei: Lastaufnahme. Der ganze Fuß bekommt jetzt Bodenkontakt. Dabei senkt sich das Längsgewölbe durch das Körpergewicht ab, das Fersenbein kippt um drei bis vier Grad nach innen. Dieses Abkippen wird Pronation genannt. Ein Knick-Senkfuß verstärkt diese Pronation deutlich, was als Überpronation bezeichnet wird. Ein guter Laufschuh sollte dies verhindern. Dazu ist im Schuh an der Innenseite eine Stütze erforderlich, die meist aus geschäumtem, relativ hartem Kunststoff besteht. Oft jedoch ist diese Stütze entweder zu weit vorn oder zu weit hinten platziert. Läufer, die wegen eines Knick-Senkfußes stärker nach innen knicken, leiden häufig unter dem schmerzhaften Schienbeinkantensyndrom. Die Muskulatur ist überlastet, weil sie versucht, die ungünstige Knickbewegung abzufangen.

Phase drei: Abdrücken im Zehenstand. Sich kraftvoll vom Boden abzustoßen, ist nur im Zehenstand mit abgeknickten Zehen möglich. Um den Zehen den erforderlichen Bewegungsspielraum zu verschaffen, muss auch der Schuh richtig abknicken, und zwar genau dort, wo die Zehen knicken. Ein zu steifer Laufschuh schränkt diese Bewegungsfreiheit ein und drückt von oben her auf den Vorderfuß, genauer gesagt, auf das Zehengrundgelenk. Die Folge kann ein unangenehmes Kribbeln und Brennen bis hin zum Einschlafen der Zehen sein, was Läufer oftmals zum Aufhören zwingt.

Um zu erreichen, dass Schuh und Zehen an der gleichen Stelle abknicken, wird in die Schuhsohle eine sogenannte Flexionskerbe eingearbeitet. Oft ist sie jedoch falsch platziert und blockiert das Abknicken der Zehen. Besonders weiche Sohlen, die an jeder Stelle stark biegbar sind, sind keine empfehlenswerte Lösung, weil sie insgesamt zu wenig Halt bieten. Gute Laufschuhe weisen Sohlen mit einem Geflecht von Einkerbungen auf. Auch bei verschiedenen Fußformen und Zehenlängen ist so am ehesten garantiert, dass ein Schuh im jeweils erforderlichen Bereich mitknickt. Aufwendig konstruierte Laufschuhe sind im vorderen Bereich beweglicher als hinten.

Die meisten Laufschuhe sind für Rückfußläufer gemacht, die mit der Ferse aufsetzen. Schätzungsweise zehn bis 15 Prozent der Läufer bevorzugen hingegen den Vorfußlauf. Bis heute weiß jedoch keiner, wie es zu einem natürlichen Laufstil über den Vorfuß oder den Rückfuß kommt. Experten raten geborenen Rückfußläufern davon ab, sich für Dauerläufe den Vorfußstil anzutrainieren, weil daraus keine Vorteile erwachsen.

Beim Vorfußlauf setzt der Fuß auf dem Zehenballen auf. Das soll eine schnellere Kraftentfaltung und einen besseren Abdruck vom Boden ermöglichen, kostet die beteiligten Muskeln allerdings mehr Kraft. Für einen Vorfußlauf ist die Dämpfung der Laufschuhe im Vorfußbereich oft zu gering und zudem falsch platziert. Eine gute Dämpfung deckt die gesamte vordere Sohle ab, damit der Vorfuß gleichmäßig entlastet wird. Bei schlechter Ausführung sind lediglich schwache Dämpfungselemente, kaum größer als ein Zwei-Euro-Stück, unter den Ballen des zweiten und dritten Zehs platziert. Bei Spreizfüßen wäre das sinnvoll, weil im Bereich der höchsten Belastung der Stoß gedämpft und das Quergewölbe des Vorfußes gestützt würde. Häufig jedoch ist das Dämpfungsmaterial zu weich. Es biegt durch, was den Spreizfuß sogar noch verschlimmert.

Hintergrund

Wenn bei Fehlstellungen von Füßen und Knien die im Laufschuh eingebauten Stützsysteme nicht ausreichen, kann man spezielle Einlagen anfertigen lassen, die auf den jeweiligen Knick-, Senk-, Hohl- oder Spreizfuß abgestimmt sind. Eine solche Einlage ersetzt das Fußbett im Schuh. Neben maßgefertigten Einlagen kann ein Orthopädieschuhmacher für Laufschuhe auch Erhöhungen herstellen und Stützen einbauen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort