Gerolsteiner Rückwärtsläufer führt Bolt zum Weltrekord-Start

Gerolstein · Trainer der Gerolsteiner Leichtathletik-Jugend, Kampfrichter bei internationalen Leichtathletik-Ereignissen, mit 25 schon zweiter Vorsitzender der LG Vulkaneifel, Simon Fischer ist ein engagierter junger Sportler mit ungewöhnlichen Zielen: Der Elektrotechnik-Ingenieur will einen Halbmarathon rückwärts laufen.

 Schnell, engagiert und manchmal auch rückwärts laufend: Der Gerolsteiner Mittelstreckler Simon Fischer ist nicht nur läuferisch erfolgreich, sondern auch als Trainer und Kampdfrichter bei internationalen Großereignissen wie Weltmeisterschaften oder Berlin-Marathon.

Schnell, engagiert und manchmal auch rückwärts laufend: Der Gerolsteiner Mittelstreckler Simon Fischer ist nicht nur läuferisch erfolgreich, sondern auch als Trainer und Kampdfrichter bei internationalen Großereignissen wie Weltmeisterschaften oder Berlin-Marathon.

Foto: Holger Teusch
 Starker 800-Meter-Lauf: Der 19-jährige Jakob Gieße von der LG Vulkaneifel (Mitte) holte 800-Meter-Bronze, obwohl er dem langsameren der beiden Zeitendläufe zugeordnet war. Sein Vereinskamerad Simon Fischer (links) über nahm auf der ersten Hälfte wie abgesprochen für ein hohes Tempo.

Starker 800-Meter-Lauf: Der 19-jährige Jakob Gieße von der LG Vulkaneifel (Mitte) holte 800-Meter-Bronze, obwohl er dem langsameren der beiden Zeitendläufe zugeordnet war. Sein Vereinskamerad Simon Fischer (links) über nahm auf der ersten Hälfte wie abgesprochen für ein hohes Tempo.

Foto: Holger Teusch
 Auch vorwärts laufend flott unterwegs: Simon Fischer.

Auch vorwärts laufend flott unterwegs: Simon Fischer.

Foto: Holger Teusch

Das Laufband in dem Fitnessstudio im Gerolsteiner Industriegebiet Bewingen ist auf 12 km/h eingestellt. Eine ordentliche Geschwindigkeit. Doch Simon Fischer sieht die Anzeige auf dem Display nicht. Der 25-Jährige läuft rückwärts - und die umgerechnet fünf Minuten, in denen die Fischer jeden Kilometer abspult, bekommen noch einmal einen viel höheren Stellenwert.

"Ich bin im Training schon immer auch rückwärts gelaufen", erzählt der aus dem Schwarzwald stammende Läufer. Aber bis vergangenen Herbst diente diese Fortbewegung dem Mittelstreckler (bisherige Spezialität: 800 Meter) nur der Lockerung der Muskulatur beim Auslaufen nach einem Tempotraining. Aber gelegen hat Fischer das Rückwärtslaufen schon immer. "Wenn ich zum Spaß neben meinen Schützlingen rückwärts gelaufen bin, haben die immer große Augen gemacht", erzählt er.

Fischer läuft nicht nur selbst, er ist auch als Trainer aktiv. Egal, ob in seiner baden-württembergischen Heimat, in Berlin, wo er Elektrotechnik studiert hat, oder in der Eifel. Erst seit drei Jahren im Verein, hat er schon den zweiten Vorsitz der LG Vulkaneifel übernommen. Er habe es von seinen Eltern vorgelebt bekommen, dass man im Verein Verantwortung übernimmt. Sonst laufe ja nichts - auch im wortwörtlichen Sinne. Mit dieser Überzeugung ist er auch als Kampfrichter aktiv. Wie Fußballer Schiedrichter, suchen auch die Leichtathletik-Verbände händeringend nach Menschen, die für einen geordneten Ablauf der Wettkämpfe sorgen. Eine Aufgabe, die gar nicht so undankbar sein muss, wie Fischer aus Erfahrung weiß. Im Gegenteil!

Simon Fischer erzählt vom Treffen mit einigen Kampfrichter-Freunden vor dem Berlin-Marathon im vergangenen Jahr. Beim Weltrekordlauf des Kenianers Wilson Kipsang (2:03:23 Stunden) war der in Gerolstein lebende Läufer als Kampfrichter bei der Zeitmessung eingesetzt. Ähnlich, wie vier Jahre zuvor bei der Weltmeisterschaft im Olympiastadion. Damals war Fischer derjenige, der den 200-Meter-Sprintern den Ablauf erklärte und sie zum Start führte. Einer der Stars: Usain Bolt. Der schnellste Mann der Welt zeigte während Fischers Erläuterungen wie ein Schuljunge auf. "Ich dachte kurz, was ich machen solle, beendete aber erst meine Erklärungen und fragte Bolt, was er für eine Frage habe." Weshalb für die Vorstellung der Athleten mehr Zeit, als in den Vorläufen eingeplant sei, wollte der Favorit wissen. "Ich habe beantwortet: Weil das Fernsehen nicht nur dich, sondern alle Läufer vorstellen will", erzählt Fischer. Bolt habe breit gegrinst, war zufrieden und wurde kurze Zeit später mit Fabelweltrekord von 19,19 Sekunden Weltmeister.

Solche Geschichten waren es, die sich Fischer und die anderen Kampfrichter an jenem Septemberabend erzählten. Plötzlich zog einer aus der Runde den Wahl-Eifelaner auf: Er wäre doch wohl der Fitteste unter ihnen und würde einen Marathon rückwärts schneller laufen, als jeder andere von ihnen. Einen Marathon vielleicht nicht, konterte Fischer. 42,195 Kilometer seien ihm zu lang. Aber Halbmarathon rückwärts könne er sich vorstellen.

Seitdem trainiert Fischer Rückwärtslaufen systematisch. Im Winter vor allem auch auf dem Laufband. "Nach einem Rückwärtstraining brauche ich erst einmal eine Zeit, um wieder in den normalen Laufrhythmus zu kommen. Der Bewegungsablauf ist ein völlig anderer", erzählt er. Allerdings glaubt der zweite Vorsitzende der LG Vulkaneifel, dass Rückwärtslaufen im Training auch Vorwärtsläufern etwas bringt. Deshalb baut Fischer Rückwärtslauf-Übungen auch ins Training des Laufnachwuchses der SV Gerolstein ein, den er zusammen mit Mischa Meyers betreut.

Während der bald beginnenden Bahnsaison werde er aber in der Regel der Nase nach laufen. Dann stehen die Mittelstrecken im Fokus. 2012 knackte er über 800 Meter erstmals die Zwei-Minuten-Schallmauer, lief 1:58,56 Mintuen. Im vergangenen Jahr blieb er nur fünf Hundertstelsekunden darüber.. "In diesem Jahr will ich auch mehr 1500-Meter-Rennen bestreiten", sagt Fischer. Und nach den Bahnrennen werde Rückwärtslaufen ganz in den Fokus rücken.

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