Göteborg Varvet - Trierer starten beim größten Halbmarathon der Welt

Trier/Götheborg · 58122 Starter hatten sich zum größten Halbmarathon der Welt in Göteborg angemeldet. Fünf von ihnen kommen aus Trier. Die Sportler aus Trier-Olewig und Schweich erlebten ein Lauf-Festival der besonderen Art.

Göteborg Varvet - Trierer starten beim größten Halbmarathon der Welt
Foto: Rainer Neubert

Als einige Pioniere des Laufsports 1980 den ersten Halbmarathon-Wettbewerb in Göteborg ins Leben riefen, ahnten sie mit Sicherheit nicht, dass 30 Jahre später mehr als 58000 Starter diese Veranstaltung zu einem weltweit einmaligen Mega-Ereignis machen würden. So war auch der Göteborg Varvet 2010 reif fürs Guinness-Buch der Rekorde, ein Stadt im Ausnahmezustand, im kollektiven Lauffieber.

Für Christoph Heckel, dem Coach des Lauftreffs SV Trier-Olewig, war es bereits der vierte Start im Südwesten Schwedens. "Es ist immer wieder ein tolles Erlebnis", so und noch euphorischer hatte er bei den Lauftreff-Teilnehmern geschwärmt und darum geworben, vielleicht doch in diesem Jahr über Pfingsten den Kurz-Trip nach Schweden zu buchen.

So sollte es also sein, dass mein erster Besuch in Skandinavien - Island vor 15 Jahren einmal ausgenommen - mit einem Halbmarathon verbunden sein sollte. Mit Ryanair vom Hahn nach Götheborg City-Airport: Landung nach 1:35 Stunden bei strömendem Regen! Aber das Wetter sollte sich schnell ändern. Und als die Straßenbahn am Samstag unsere fünfköpfige Lauftruppe mit vielen anderen Startern am Slottsskogspark nur wenig entfernt vom Start/Ziel-Bereich ausspuckt, lacht die Sonne von einem azurblauen Himmel.

"Wow!" Was für ein Anblick! Zehntausende Sportler tummeln sich auf dem Grün, im Stadion, auf den Straßen, Wegen und Plätzen. Insgesamt 28 Startgruppen mit jeweils 2000 bis 3000 Läufern machen sich zwischen 13.30 und 16 Uhr auf den Weg durch die Stadt, über die Brücken, durch Hafen, Wohngebiete und das Einkaufsparadies im Zentrum der Metropole. Und während Startnummer 40000 + X zu stampfenden Beats aus Mega-Lautsprechern den gymnastisch-rhytmischen Verrenkungen der Vortänzerinnen nacheifert, um sich für den Lauf warm zu machen, sind die Topathleten - allesamt aus Afrika - schon wieder kurz vor dem Zieleinlauf.

Als der Läufer 58086 - das ist meine Nummer - in Gruppe 14 langsam zum Start vorrückt, flimmert auf der Großbild-Videowand die Siegerehrung der Damen, die in gerade mal 1:12 Stunden die 21 Kilometer hinter sich gebracht haben. Bei gefühlt 30 Grad Lufttemperatur mache ich mich schließlich gemeinsam mit Christoph ("Wir machen heute einen ganz lockeren Lauf") und Jürgen, unserem Gastläufer vom Lauftreff Schweich, auf den Weg. Die neuen schwarzen Trikots des SV-Olewig sehen schick aus, sind auch ganz leicht, aber die richtige Farbe für solche Verhältnisse ist das dennoch nur bedingt.

Gut, dass alle zwei Kilometer Wasser und Energie-Drinks warten. Und alle paar Kilometer ergießen sich zudem kühlende Wasserfontänen über die Köpfe der schwitzenden Masse. Fast 20000 Männer und Frauen wird es dennoch nicht schaffen, das Ziel auf eigenen Füßen zu erreichen. "Kollaps-Varvet" titelt am folgenden Tag die Tageszeitung GT angesichts der enormen Einsatzdichte von Rettungssanitätern und Ärzten. 68 Läufer werden trotz Erstversorung ins Krankenhaus gebracht. Und nicht wenige Teilnehmer werden nach erfolgreichem Lauf in den überfüllten Straßenbahnen und Bussen den Sauerstoffmangel mit Kreislaufproblemen kämpfen.

"Es sind aber auch extrem viele schwache Läufer unterwegs", sind wir Trierer uns einig, die wir den lebenden Barrieren auf der Lauftrecke unablässig ausweichen. Höhepunkt ist die Warteschlange vor einem Dixie-Klo, die sich quer über die Laufstrecke staut und zur Notbremsung zwingt. Dass die Schweden nicht zu den Bergvölkern zählen, wird an den wenigen Anstiegen und Brückenköpfen klar. Hier schlägt ganz besonders die Stunde des trainierten Weinbergsläufers aus dem Moseltal... Und ein wenig Crosslauf ist es ab und an auch, vor allem an den Verpflegungsstellen, wo sich Tausende im Wasser auflösende Pappbecher zu knöchelhohem n Matsch mutieren.

Aber das alles ist vergessen, angesichts der feiernden und applaudierenden Zuschauer entlang der Strecke. Göteborg ein einziges Picknick- und Feier-Ereigins.

Nachdem ich an diversen Versorgungsstellen auf meine Freunde gewartet habe, verliere ich sie fünf Kilometer vor Schluss endgültig aus den Augen. Und so gebe ich dann einfach noch einmal richtig Gas, vielleicht erreiche ich ja noch Birgit und Petra, die eine gute halbe Stunde vor uns gestartet sind. Und außerdem macht es mächtig Spaß, zu spüren, wie viel Energie noch in mir steckt.... Spurt auf der Zielgerade im Stadion. 1:50:05, keine berauschende Zeit, aber immerhin noch Platz 709 in der Altersklasse M45 und auf Platz 6517 in der Gesamtwertung.
Eine Minute später kommen auch Christoph und Jürgen mit einem breiten Grinsen ins Ziel. Jetzt ist die Zeit der Endorphine.

Und auch die Sonne lacht noch etwas heller über Schweden. Im nächsten Jahr dann hoffentlich wieder, in Göteborg oder beim Marathon in Stockholm.

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