Leichtathletik Die LGV blutet aus!

Gönnersdorf · Die LG Vulkaneifel ist nicht nur die älteste, sondern auch die erfolgreichste Leichtathletik-Gemeinschaft der Region. Der 50. Geburtstag am Sonntag ist für Gründungsmitglied Heinz Reifferscheid aber kein Grund zum Feiern.

Der erste LGV-Vorstand mit Vereinsvertretern bei der konstituierenden Sitzung (von links): Heinz Reifferscheid (Sportwart), Berthold Börner (stellvertretender Vorsitzender), Sportkreisvorsitzender Peter Tourmo, Josef Pfeil (Vorsitzender SV Gerolstein), Nikolaus Böffgen, Christoph Müller (Vorsitzender), Michael Klassmann, Georg Schuberth, Hans Marx (Kassierer).

Der erste LGV-Vorstand mit Vereinsvertretern bei der konstituierenden Sitzung (von links): Heinz Reifferscheid (Sportwart), Berthold Börner (stellvertretender Vorsitzender), Sportkreisvorsitzender Peter Tourmo, Josef Pfeil (Vorsitzender SV Gerolstein), Nikolaus Böffgen, Christoph Müller (Vorsitzender), Michael Klassmann, Georg Schuberth, Hans Marx (Kassierer).

Foto: Heinz Reifferscheid/Archiv Heinz Reifferscheid

Am Sonntag (4.12.) jährt sich zum 50. Mal der Gründungstag der LG Vulkaneifel. Heinz Reifferscheid, selbst Mitglied im LGV-Mitgliedsverein VfL Jünkerath, war als Trainer jahrzehntelang das Gesicht der ältesten Leichtatheltik-Gemeinschaft der Region. Den Vorsitz hat er immer abgelehnt, um sich auf die Arbeit mit den Aktiven zu konzentrieren. Crosslauf-EM-Teilnehmerin Christina Mohr sowie Peter Fritzen, Marc Kowalinski, Lars Haferkamp und Michael May gingen bei „Hein“ in die Laufschule. Volksfreund Mitarbeiter Holger Teusch hat das letztes noch lebende Gründungsmitglied der ältesten Leichtathletik-Gemeinschaft der Region und seine Frau Uschi in seinem teilweise an ein großes Leichtathletikarchiv anmutenden Haus in Gönnersdorf besucht. Der 81-Jährige blickt zurück auf glorreiche Zeiten, die derzeitige Verfassung der LGV und skeptisch in die Zukunft unter dem derzeitigen Vorsitzenden Yannik Duppich (32), der wie sein Schützling, der EM-Neunte Samuel Fitwi ab 2023 allerdings für den Verein Silvesterlauf Trier starten wird, und gleich eine Reihe von LGV-Athleten mit nach Trier nimmt.

Herr Reifferscheid, wie entstand vor einem halben Jahrhundert die Idee, vereinsübergreifend die Kräfte der Leichtathletik im Kreis Daun zu bündeln?

Heinz Reifferscheid: Keimzelle von allem war der VfL Jünkerath. Weil wir keine Sportanlage hatten, gründeten wir eine LG mit dem VfL Hillesheim, wo wir trainieren konnten. In Gerolstein gab es auch eine LG zwischen SV und Eisenbahner-Sportverein Gerolstein. Dann trat der Kreisvorsitzende Christoph Müller auf dem Plan. Er hatte beim von ihm organisierten Lauf 'Rund ums Schalkenmehrener Maar' Karl Fleschen entdeckt, war Leichtathletik-Abteilungsleiter beim TuS Daun und -Kreisvorsitzender. Christoph Müller meinte, man müsste auf Kreisebene etwas Gemeinsames machen. Der gebietsbezogene Name LG Vulkaneifel geht auf Christoph Müllers Intention zurück. Genauso wie die langjährige blau-gelbe Wettkampfbekleidung, welche das Blau des Wassers der Maare und das Gelb des sie im Frühjahr umgebenden Ginsters symbolisierten.

Als letztes verbliebenes Gründungsmitglied der LG Vulkaneifel sieht Trainerlegende Heinz Reifferscheid skeptisch in die Zukunft der ältesten Leichtathletik-Gemeinschaft der Region.

Als letztes verbliebenes Gründungsmitglied der LG Vulkaneifel sieht Trainerlegende Heinz Reifferscheid skeptisch in die Zukunft der ältesten Leichtathletik-Gemeinschaft der Region.

Foto: TV/privat

Welche Rolle spielte der spätere deutsche Rekordler Karl Fleschen?

Heinz Reifferscheid: Es wäre übertrieben zu sagen, die LGV sei wegen Karl Fleschen gegründet worden. Ohne ihn wäre die Entscheidung aber möglicherweise erst später gefallen. In der ersten LGV-Saison 1973 wurde Karl Deutscher Jugendmeister in der Halle und und dann auch im Freien. Und 1976 kam das große Erlebnis Olympia. Auch wenn Karl in Montreal im 1500-Meter-Vorlauf ganz knapp rausgeflogen ist, wurde bei der LGV ihm zu Ehren ein ein großes Fest gefeiert. Karl wurde zwar von Bundestrainer Lothar Hirsch trainiert und wechselte 1977 nach Leverkusen, für die junge LGV war er aber natürlich ein Glücksfall.

Deutschlandweit gibt es vielleicht eine Handvoll LGs, die ähnlich lange existieren wie die LGV. Gibt es ein Erfolgsrezept?

Heinz Reifferscheid: Es geht immer durch Höhen und Tiefen. Wir hatten auch richtige Durststrecken. Und dann kamen plötzlich wieder ein paar Leute. Ich denke beispielsweise daran, wie 1994 Peter Fritzen, dann Marc Kowalinski, Lars Haferkamp, Michael May und schließlich Carlo Schuff kamen. In dieser Zeit erzielte auch Christina Mohr ihre Erfolge. Es ergab sich allerdings das Problem, dass das Geld hinten und vorne nicht reichte. Wir waren lange auf Sponsorensuche, hatten dann Kontakt zu Gerolsteiner und waren als Gerolsteiner LGV gut aufgehoben. Aber durch das Engagement im gleichnamigen Radsportteam, die in Zusammenhang mit den Dopingfällen abrupt endete. Ab 2008 war die LGV für Gerolsteiner eine Nummer zu klein geworden. Man hatte damals große, internationale Pläne, die bald zerplatzten.

Es gibt immer Höhen und Tiefen, sagen Sie. Wo steht die LGV momentan?

Heinz Reifferscheid: Samuel Fitwi wurde dreimal Deutscher Crosslaufmeister, Neunter bei der Europameisterschaft in München über 10.000 Meter und gewann darüber hinaus viele weitere Medaillen beiden nationalen Titelkämpfen. Aber was mir schon lange Sorgen bereitet, ist der Gesamtzustand der LGV. Von der ist außer Samuel fast nichts mehr übrig geblieben. Trotzdem: Dass Samuel zum Verein Silvesterlauf Trier wechselt, kann man durchaus nachvollziehen. Vielleicht wird er 2024 Olympiateilnehmer. Es hätte ja auch ein Großverein außerhalb der Region sein können. Beim Wechsel seine Trainers Yannik Duppich ist das etwas anderes. Da muss er als Vorsitzender der LGV, die kurz vor ihrem Goldjubiläum steht, schon alle Hemmschwellen beiseite schieben. Zumal er eine Reihe weiterer LGV-Sportler mit nach Trier zieht und so ein Ausbluten der LGV in Kauf nimmt.

Eine 50-Jahr-Feier gibt es erst einmal nicht, aber es gab eine großes Fest zum 40. LGV-Bestehen. Wie kam's?

Heinz Reifferscheid: Es gab schon immer eine Menge Querelen. Aber vor 2012 vertrug man sich nicht mehr so richtig. Das war für Jochen Kowalinski (Anmerkung: Vater von Marc Kowalinski und ehemaligen Leichtathletik-Abteilungsleiter beim SV Gerolstein) die Motivation. Er sagte: 'Lasst uns jetzt was aus der 40 machen, die 50 schaffen wir sowieso nicht.' Damit hat er dann doch nicht recht behalten. In den zehn Jahren dazwischen gab es noch etwas, aber es ist alles recht dünn geworden. Es gab Jahre, da war die LGV so gut wie nicht mehr präsent.

Welche Zukunft hat die LGV?

Heinz Reifferscheid: Yannik Duppich sagt, es müsse mit der LGV weitergehen, um die Leichtathletik an der Basis zu fördern. Wie, das sagt er aber nicht. Das ist schon sehr gewagt. Wer soll es denn machen. Es ist ja niemand mehr da.

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