Keinen auf den Deckel? Marathonmänner kämpfen

Frankfurt/Main (dpa) · Als langjähriger Langstreckenspezialist ist André Pollmächer leidensfähig - nicht nur, was die Trainingsarbeit angeht. „Als deutscher Läufer“, klagt der 28-jährige Düsseldorfer im Fachmagazin „Leichtathletik“, „kriegen wir fast schon traditionell einen auf den Deckel.“

Beim Frankfurt-Marathon am Sonntag wollen die deutschen Ausdauer-Asse nicht nur hinterher rennen - zumal es um die Tickets für London geht. „Ich möchte beweisen, dass wir besser sind als unser Ruf, und dass es möglich ist, die Olympia-Norm zu laufen“, sagt Pollmächer.

2:12:00 Stunden über 42,195 Kilometer - das ist die vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) geforderte Zeit für die Männer. „Eine sehr hohe Messlatte“, sagt Jan Fitschen. „In den letzten zehn Jahren ist kein Deutscher diese Zeit gelaufen.“ Ein schier aussichtsloses Unterfangen für den 34-jährigen Wattenscheider, der bei seinem Debüt auf der klassischen Distanz im Mai in Düsseldorf 2:20:15 benötigte. Doch der 10 000-Europameister von 2006 träumt ebenso von London wie Pollmächer. Fitschen will aber in Frankfurt nicht alles auf eine Karte setzen: „Das Risiko wäre zu groß.“ Er hofft auf eine Zeit um die 2:15 und will im Frühjahr dann die Norm laufen.

Zwei andere Olympia-Kandidaten sind schon beim ersten Anlauf, die Norm zu laufen, gescheitert: Falk Cierpinski (SG Spergau) und Martin Beckmann (LG Leinfelden-Echterdingen) stiegen beim Berlin-Marathon aus. Pollmächer war bei der WM 2009 in Berlin als 18. bester Deutscher und danach in Chemnitz ins Trainerfach gewechselt. Jetzt nimmt er einen neuen Anlauf. Seine Bestzeit steht bei 2:13,09 Stunden. „Ich werde mutig und offensiv in dieses Rennen gehen“, verspricht er.

2008 bei den Sommerspielen in Peking war kein einziger deutscher Marathonläufer am Start. Das droht für London wieder. Dennoch hält Bundestrainer Ronald Weigel die hohe Norm für gerechtfertigt. „Man muss das realistisch zur Weltbestenliste sehen. Und wir hatten vor zehn, 15 Jahren schon Athleten, die diese Zeit gerannt sind. Warum sollen wir uns schwächer machen?“ Der frühere Weltklasse-Geher rechnet mit drei deutschen Läuferinnen in London. „Bei den Männern“, sagt er, „stirbt die Hoffnung zuletzt.“

Um die Frauen muss er sich weniger Sorgen machen. Die deutsche Rekordhalterin und zweifache London-Siegerin Irina Mikitenko (Gelnhausen) hat die Norm (2:30:00) schon geschafft. Sabrina Mockenhaupt, 32-fache nationale Meisterin auf den Langstrecken und wie früher Pollmächer und Fitschen meist auf die 10 000 Meter fokussiert, will am Sonntag angreifen.

Die kleine Ausdauerspezialistin von der LG Sieg gewann 2008 in Frankfurt und hat eine Bestzeit von 2:26:21 Stunden aufzuweisen. „Ich denke, dass eine Zeit um 2:25 Stunden möglich ist - vielleicht auch knapp darunter.“ London wäre ihr erster Marathon bei einer internationalen Meisterschaft und ein Platz unter den zehn Ersten ihr „Traum“.

14 Monate nach der Geburt von Sohn Michael gibt Susanne Hahn in Frankfurt ihr Debüt und kämpft um ihre zweite Olympia-Teilnahme nach 2008. Die 33-Jährige aus Saarbrücken hatte zuletzt viel mit der Doppelbelastung zu kämpfen und sagt: „Wir sind nun eine Familie und ich kann nicht nur auf mich alleine schauen, was ich brauche. Ich muss viel flexibler sein als vorher, feste Trainingszeiten gibt es nicht.“ Was ihr Mut macht: Erfolgreich laufende Mütter gibt es einige in der Marathonszene. Zum Beispiel die 39 Jahre alte Mikitenko oder Weltrekordlerin Paula Radcliffe aus Großbritannien.

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