Silvesterlauf Allein wegen des Geldes kommt niemand

Trier · Interview: Berthold Mertes gibt einen Einblick in die Arbeit des Renndirektors, der alljährlich dafür sorgt, dass internationale Spitzenläufer beim Bitburger 0,0% Silvesterlauf in Trier am Start stehen.

 Berthold Mertes (rechts) hält seit fast drei Jahrzehnten als Renndirektor des Bitburger 0,0% Silvesterlaufs die Fäden bei der Verpflichtung der Topathleten für den Trierer Jahresabschlusslauf in den Händen. Zu seinen Aufgaben gehört auch die Einweisung der Eliteathleten, wie hier 2012 Sabrina Mockenhaupt.

Berthold Mertes (rechts) hält seit fast drei Jahrzehnten als Renndirektor des Bitburger 0,0% Silvesterlaufs die Fäden bei der Verpflichtung der Topathleten für den Trierer Jahresabschlusslauf in den Händen. Zu seinen Aufgaben gehört auch die Einweisung der Eliteathleten, wie hier 2012 Sabrina Mockenhaupt.

Foto: Holger Teusch

(teu) Silvesterlauf-Mitbegründer Berthold Mertes erklärt, wie es Jahr für Jahr gelingt Spitzenläufer nach Trier zu locken. Er blickt zurück auf teils abenteuerliche Anfänge und wagt einen Blick voraus aufs Jubiläumsjahr 2019 mit der 30. Auflage des wegen seiner Stimmung „deutsches São Paulo“ genannten Bitburger 0,0% Silvesterlaufs.

Konnte der Silvesterlauf-Renndirektor beim Blick auf die Starterlisten zufrieden Weihnachten feiern? Oder waren Handy und Laptop immer in Reichweite?

Mertes: Die wichtigsten Verpflichtungen waren früh klar und die Feiertage deshalb ruhiger als in anderen Jahren. Richard Ringer ist der beste deutsche Langstreckler seit den Tagen von Dieter Baumann. Ihn wollten wir unbedingt am Start haben. Und den aus Kenia stammenden Belgier Isaac Kimeli, der gerade Vizeeuropameister im Cross geworden ist. Damit ist den Trierern ein spektakuläres Duell garantiert - verbunden mit der Hoffnung auf einen deutschen Sieg. Es wäre der vierte im 29. Silvesterlauf-Jahr.

Und bei den Frauen?

Mertes: Es wäre toll, wenn unsere Europameisterin Gesa Krause diesmal um den Sieg mitläuft. Vergangenes Jahr war sie vor dem Silvesterlauf im Skitrainingslager, diesmal hat sie laufspezifischer trainiert. Wir sind sehr gespannt.

Und Krauses Konkurrenz?

Mertes: Die ist international - und sehr stark, auch wenn Vorjahressiegerin Konstanze Klosterhalfen fehlt (sie hat sich einem Trainingszentrum in den USA angeschlossen, die Red.). Neben einigen Afrikanerinnen und Gesa erwarte ich auch die EM-Sechste Elena Burkard mit vorne - und dann sind da noch die Zwillinge Diana und Elena Sujew sowie Jana Sussmann, alles deutsche Top-Läuferinnen.

Dann ist jetzt also alles geregelt und Sie können dem Silvesternachmittag entspannt entgegen blicken?

Mertes: Naja, entspannt ist anders. Für etliche Spitzenathleten organisieren wir den Shuttleservice von und zu den Flughäfen Luxemburg, Frankfurt und Hahn. So richtig geht das an diesem Samstag los. Und am 1. Januar retour. Da sind einige Fahrdienste zu leisten. Das tun wir bewusst selbst aus dem inneren Kreis des Vereins. Die Athleten aus aller Welt - wir erwarten Starter aus insgesamt 30 Nationen - schätzen das Familiäre an unserer Veranstaltung.

Ist bisher immer alles glatt gelaufen?

Mertes: Glatt im doppelten Sinn, denn in den Anfangsjahren lief vieles abenteuerlich. Da bin ich schon mal am Silvestertag morgens um 6 Uhr bei Schnee oder Glatteis auf den Straßen losgefahren. Erst nach Heidelberg, dann zum Frankfurter Flughafen, um noch afrikanische Athleten abzuholen.

 Berthold Mertes (rechts) hält seit fast drei Jahrzehnten als Renndirektor des Bitburger 0,0% Silvesterlaufs die Fäden bei der Verpflichtung der Topathleten für den Trierer Jahresabschlusslauf in den Händen und moderiert am Renntag zusammen mit Wolf-Dieter Poschmann das Geschehen auf dem Hauptmarkt.

Berthold Mertes (rechts) hält seit fast drei Jahrzehnten als Renndirektor des Bitburger 0,0% Silvesterlaufs die Fäden bei der Verpflichtung der Topathleten für den Trierer Jahresabschlusslauf in den Händen und moderiert am Renntag zusammen mit Wolf-Dieter Poschmann das Geschehen auf dem Hauptmarkt.

Foto: Holger Teusch

Wie oft ging etwas schief?

Mertes: Glücklicherweise nie. Auch damals standen die Asse am Nachmittag pünktlich auf dem Hauptmarkt an der Startlinie. Inzwischen sind wir viel professioneller aufgestellt in diesem Bereich - dank Hotel- und Fahrzeugpartner. Das beruhigt.

Wie gelingt es Jahr für Jahr, die besten deutschen und viele internationale Topläufer nach Trier zu locken? Eine Frage des Geldes?

Mertes: Selbstverständlich kosten Profiläufer Geld. Unser Budget für Antrittsgelder, Siegprämien, Hotel und Verpflegung der Asse beträgt insgesamt gut 50 000 Euro. Die Sponsoreneinnahmen liegen darüber. Der Überschuss wird in die Stimmung investiert: in Musikbands, Trillerpfeifen und 200 Kilo Konfetti - aber auch in die riesige Videowand, die wir an einem Kran über den Hauptmarkt hängen, damit alle Zuschauer die Faszination Spitzensport fühlen. Die Athleten lieben die Stimmung an der Strecke und die Hotelparty am Abend. Alleine wegen des Antrittsgeldes kommt keiner nach Trier. Darauf sind wir stolz.

An welchen Silvesterlauf denken Sie am liebsten zurück?

Mertes: An den ersten im Jahr 1990, weil wir damals bei einer wilden Feier im Mephisto in der Kalenfelsstraße noch reihum Sekt aus dem Siegerpokal tranken. An den zweiten, weil Wolf-Dieter Poschmann, damals noch aktiver Läufer, den Satz prägte: Ein Lauf gehört zu Silvester wie dieses schwarze Tor zu Trier. An den dritten, weil ...

Moment bitte, unser Interview artet aus, letzte Frage deshalb: Gibt es einen Ausnahmeläufer wie 2009 den charismatischen Haile Gebrselassie, den sich Berthold Mertes zum Jubiläum 2019 wünscht?

Mertes: Eine mit Haile vergleichbare Ausnahmefigur im Laufsport gibt es aktuell nicht - das lässt sich nämlich nicht alleine an Titeln und Rekorden messen. Unser Fokus wird auch beim 30. Lauf darauf liegen, Weltklasse erlebbar zu machen wie nirgends sonst - nicht zuletzt für die Breitensportler, die erst zuschauen und dann selbst starten. Möglichst viele Menschen sollen in Trier die Liebe zum Laufen entdecken. Und die Trierer die Liebe zu ihrer Stadt. Darum geht es.

 Die familiäre Atmosphäre wird laut Silvesterlauf-Renndirektor Berthold Mertes (rechts) von vielen Topathleten wie Rekordsieger Moses Kipsiro aus Uganda (links, hier vor seinem fünften Sieg 2014) gelobt.

Die familiäre Atmosphäre wird laut Silvesterlauf-Renndirektor Berthold Mertes (rechts) von vielen Topathleten wie Rekordsieger Moses Kipsiro aus Uganda (links, hier vor seinem fünften Sieg 2014) gelobt.

Foto: Holger Teusch

Das Interview führte Holger Teusch.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort