Corona-Krise Olympiaverschiebung könnte zu Fitwis Chance werden

Stadtkyll/Gerolstein · Samuel Fitwi von der LG Vulkaneifel hat am 7. März den vorerst letzten deutschen Meistertitel des Jahres gewonnen. Eine Europameisterschafts-Teilnahme in Paris rückt mit jedem Tag, den die Corona-Krise andauert, weiter weg. Aber dass die Olympischen Spiele erst 2021 stattfinden, gibt dem 24-Jährige ein Jahr Zeit, das ganz große Ziel zu erreichen.

 Wie bei den Deutschen Meisterschaften 2018 in Nürnberg werden Samuel Fitwi (gelbes Trikot vorn) und Trainer Yannik Duppich (gelbes Trikot hinten) von der LG Vulkaneifel dieses Jahr wohl nicht mehr bei einer DM starten können.

Wie bei den Deutschen Meisterschaften 2018 in Nürnberg werden Samuel Fitwi (gelbes Trikot vorn) und Trainer Yannik Duppich (gelbes Trikot hinten) von der LG Vulkaneifel dieses Jahr wohl nicht mehr bei einer DM starten können.

Foto: Holger Teusch

Es ist gerade einmal vier Wochen her, da hat Samuel Fitwi seinen bisher größten nationalen Erfolg gefeiert: Deutscher Crosslaufmeister auf der Langstrecke, das hat vor dem 24-Jährigen von der LG Vulkaneifel (LGV) noch kein Läufer aus der Region Trier geschafft. Der DM-Titel im Gelände sollte eigentlich nur eine Durchgangsstation zu den Europameisterschaften sein. Diese sind geplant vom 25. bis 30. August in Paris. Der europäische Leichtathletik-Verband hat vom lokalen Organisationskomitee zuletzt eine Machbarkeitsstudie über alternative Szenarien angefordert.

„Die EM ist noch nicht abgesagt. Aber ich denke, wenn nicht schnell ein Medikament gegen Corona gefunden wird, findet sie nicht statt“, sagt Fitwi. Das glaubt auch sein Trainer Yannik Duppich aus Gerolstein. „Für mich ist die Europameisterschaft unrealistisch. Wie soll man eine EM durchführen, wenn es keine Chancen zur Norm-Erfüllung gibt?“, fragt der 29-Jährige.

Das Thema Qualifikationswettkämpfe betrifft auch seinen Schützling. Fitwi hat mit neuem Rheinland-Pfalz-Rekord von 1:02:34 Stunden zwar im Februar die Halbmarathon-Norm für Paris (1:04:00) erfüllt, tendiert aber zu den 10 000 Metern. Geplant war deshalb ab Mitte April in Flagstaff erstmals ein Höhentrainingslager. In Übersee sollte dann auch die EM-Norm über 25 Stadionrunden (28:50,00 Minuten) fallen. „Ich wollte in den USA schneller als 28 Minuten laufen“, erzählt Fitwi. Auf der Straße war der junge Mann aus Stadtkyll dieses Jahr mit 28:11 Minuten bereits an die nächste Schallmauer herangelaufen.

Wie für viele andere Ausdauersportler heißt es aber auch für Fitwi nach der Absage sämtlicher Wettkämpfe nun erst einmal wieder zurück in den Grundlagenmodus. „Wir machen jetzt wieder mehr Ausdauer“, erzählt er. „Wir trainieren nicht mehr so intensiv. Ich habe gesagt, dass wir jetzt nicht noch das Immunsystem runterfahren durch Höchstbelastungen“, erklärt Duppich. Das falle Fitwi schwer. Die Absage sämtlicher Wettkämpfe war ein Schock, der an der Motivation zerrte. „Das hat Samuel ziemlich runtergezogen. Denn er war super fit“, erzählt Duppich. In Flagstaff hätte Fitwi mit dem zweimaligen Trierer Silvesterlaufsieger Isaac Kimeli aus Belgien, einem der besten Europäer, trainieren können. Jetzt kann Fitwi nur allein laufen. Krafttraining und Physiotherapie fallen ebenfalls flach.

Doch Fitwi und Duppich sehen in der Situation auch Chancen. Die Verschiebung der Olympischen Spiele verschafft Freiraum, sich auf Weltniveau zu verbessern. „Für mich ist das richtig gut. Ich habe ein Jahr mehr Zeit, um zu arbeiten“, sagt Fitwi. Das ist auch nötig, denn die Olympia-Norm über 10 000 Meter von 27:28,00 Minuten ist nur 6,47 Sekunden langsamer als Dieter Baumanns deutscher Rekord.

Duppich sieht in der erzwungenen Auszeit außerdem die Chance für seinen Schützling, seine rasante Entwicklung und die Erfolge der vergangenen Jahre auch mental zu verarbeiten. „Das alles muss ja auch mal im Kopf ankommen“, sagt er. Helfen kann Fitwi dabei, dass er durch seiner Ausbildung zum Maler und Lackierer im Unternehmen von Ari Göbels in Lissendorf geerdet ist. Sein Chef hatte ihm zuletzt zwei freie Tage pro Woche für die qualitativ hochwertigsten Trainingseinheiten ermöglicht. Jetzt fährt Fitwi mit einem erfahrenen Gesellen fünfmal pro Woche raus. Dass er neben dem Sport ein zweites Standbein hat, gibt dem Flüchtling aus Eritrea, der seit 2018 deutscher Staatsbürger ist, Sicherheit. „Ich bin froh, dass ich mir keine Arbeit suchen muss und wir noch arbeiten können“, sagt er. Die momentan schlechten Nachrichten zur Corona-Krise aus dem Autoradio auf dem Weg zur Arbeit, auf die würden er und sein Kollege gerne verzichten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort