Lauftalent Weniger Rad fahren, mehr laufen

Gerolstein/Stadtkyll · Lauf-Ass Samuel Fitwi hat sich trotz Corona stark verbessert. Der 24-Jährige bleibt auch 2021 bei der LG Vulkaneifel und nimmt die Olympischen Spiele ins Visier.

 Samuel Fitwi wird in Zukunft wohl seltener am Haus von LGV-Trainerlegende Heinz Reifferscheid vorbei radeln. Der deutsche Crosslaufmeister will sich für die Olympischen Spiele in Tokio qualifizieren.

Samuel Fitwi wird in Zukunft wohl seltener am Haus von LGV-Trainerlegende Heinz Reifferscheid vorbei radeln. Der deutsche Crosslaufmeister will sich für die Olympischen Spiele in Tokio qualifizieren.

Foto: Heinz Reifferscheid

Samuel Fitwi ist eine Ausnahme unter den deutschen Spitzenläufern. Wenn andere seiner Leistungsklasse in der Vergangenheit das Jahr mit einem Trainingslager im sonnigen Süden begannen, blieb Fitwi in der Eifel. Der 24-Jährige von der LG Vulkaneifel (LGV), der vor sechs Jahren sein Geburtsland Eritrea verließ und seit fast drei Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, ist in der Ausbildung zum Maler und Lackierer. Sein Lehrmeister Ari Göbels unterstützt ihn wo immer es geht. Ab und zu sieht LGV-Trainerlegende Heinz Reifferscheid aus Gönnersdorf Fitwi mit den Fahrrad zur Arbeit oder zurück fahren. „Samuels Ausbildungsbetrieb ist Malermeister Göbels in Lissendorf, dem Nachbarort von Gönnersdorf. Wenn er die gut zehn Kilometer von Stadtkyll zur Arbeit radelt, kommt Samuel über den Kylltalradweg meist auch in Gönnersdorf an unserem Haus vorbei“, erzählt der 79-Jährige, der Athleten wie Christina Mohr, Marc Kowalinski, Michael May oder Lars Haferkamp zu internationalen Einsätzen geführt hat.

Heinz Reifferscheid wird Samuel Fitwi in Zukunft wohl seltener an seinem Haus vorbei radeln sehen. Dafür eher (noch) öfter laufen. „Ich will mich ab Januar mehr aufs Training konzentrieren“, erklärt Fitwi. Was Lauf-Umfänge und begleitende Trainingsmaßnahmen beispielsweise zur Regeneration betrifft, hat er noch jede Menge Potenzial. Fitwis Trainer Yannik Duppich spricht von durchschnittlich 90 Wochenkilometern in diesem Jahr. Mancher Konkurrent auf den Strecken bis zu 10 000 Meter dürfte da locker das Doppelte abspulen. Trotz aller Freiheiten, die Ari Göbels Fitwi bisher schon gab, waren solche Umfänge bisher nicht realisierbar.

Umso erstaunlicher sind die Leistungssteigerungen. Zu Jahresbeginn lief er über zehn Kilometer (28:11 Minuten) und Halbmarathon (1:02:34 Stunden) jeweils Rheinland-Pfalz-Rekord. Auf der wichtigen 1500-Meter-Unterdistanz steigerte er sich auf 3:42,62 Minuten und über 5000 Meter auf den Bezirksrekord (zuvor gehalten von Olympiateilnehmer Karl Fleschen) von 13:35,56 Minuten. Bei den deutschen Meisterschaften im Stadion in Braunschweig wurde Fitwi Vierter, nachdem er kurz vor dem ersten Corona-Lockdown im März mit mehr als einer Minute Vorsprung deutscher Crosslaufmeister auf der Langstrecke wurde. Bis Anfang November, als der Regensburger Simon Boch in Dresden eine Sekunde schneller lief, hielt er die deutsche Jahresbestzeit im Zehn-Kilometer-Straßenlauf.

Das zeigt: An Motivation fehlte es Fitwi trotz Corona nicht. „Es hat ja alle gleich getroffen. Ich glaube, die Krise hat mich eher stärker gemacht. Aber ich bin froh, dass wir in der Eifel wohnen, wo wir viele Möglichkeiten haben“, sagt er. Statt Fitwi anzutreiben hat Trainer Duppich ein anderes Problem: „Ich muss ihn eher bremsen.“ Zurzeit steigert das Duo vorsichtig die Trainingsumfänge. „Ab Januar gehe ich davon aus, dass es im Wechsel 120 Kilometer bis zu 140 Kilometer pro Woche werden“, erklärt Duppich.

Der 30-Jährige, der dieses Jahr selbst blanke 30 Minuten über zehn Kilometer lief und auch erster Vorsitzender der LGV ist, freut sich, dass Fitwi der Leichtathletik-Gemeinschaft (LG) treu bleibt. Dass der Cross-EM-Fünfte trotz anderer Angebote weiterhin das LGV-Trikot tragen wird, liegt auch darin begründet, dass sich Fitwi in der Eifel wohlfühlt. Hier hat er sich sein soziales Umfeld aufgebaut, das ihn auf seinem Weg zu seinem großen Ziel, den Olympischen Spielen in Tokio im kommenden Sommer, unterstützen kann. „Der absolute Fokus liegt auf den 10 000 Metern und der Olympianorm (Anmerkung: 27:28,00 Minuten), sagt Duppich.

Im kommenden Jahr gehört Fitwi dem Perspektivkader, dem zweithöchsten Kader auf Bundesebene an und wird über die rheinland-pfälzische Spitzensportförderung unterstützt. Wenn es denn trotz der Pandemie möglich ist, wird Fitwi wie seine Konkurrenten das neue Jahr erstmals mit einem Trainingslager beginnen. „Der DLV plant zweigleisig“, erzählt Duppich. Entweder mit einem Vorbereitungscamp im Süden Europas oder in Kenia, wo zurzeit bereits die andere Olympia-Kandidatin der Region, Gesa Krause (Silvesterlauf Trier) trainiert.

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