Nordic Walking Wer lacht, kommt sogar an die 100 Prozent

Trier · Nordic Walking: Aus dem Sommertraining für Skilangläufer ist ein Sport für Millionen geworden – Die richtige Technik ist sehr bedeutend. 

 Franz-Josef Ott (im Bild rechts) und seine Sportkollegen Helmut Naunheim, Harald Wiesel, Ute Tavarez und Karl-Heinz Becker (von links) sind begeistert vom (richtigen) Gehen mit den Stöcken.

Franz-Josef Ott (im Bild rechts) und seine Sportkollegen Helmut Naunheim, Harald Wiesel, Ute Tavarez und Karl-Heinz Becker (von links) sind begeistert vom (richtigen) Gehen mit den Stöcken.

Foto: Andreas Arens

Treffpunkt Nells Park im Norden von Trier: Den sonnigen Samstagnachmittag nutzt Franz-Josef Ott mit ein paar Bekannten, um einige Runden zu drehen. „Das Schöne an dieser Sportart ist, dass man sie im Prinzip zu jeder Zeit und überall ausüben kann – egal, ob in der Stadt, auf einem Feld- oder Waldweg“, erzählt Ott.

„Es handelt sich aber nicht nur um ein einfaches Gehen mit Stöcken. Um Nordic Walking richtig auszuüben, damit auch der größtmögliche Nutzen für den Körper erzielt werden kann, ist schon einiges zu beachten“, lässt Karl-Heinz Becker durchblicken. Der 72-Jährige ist der lebende Beweis dafür, dass dieser Sport auch bis ins höhere Alter ohne Probleme betrieben werden kann. „Viele machen es aber einfach falsch.  Man erkennt es zum Beispiel daran, dass sie die Stöcke vor sich hertragen, anstatt sie aktiv einzusetzen“, berichtet Franz-Josef Ott aus langjähriger Erfahrung. Beim Verein Silvesterlauf und dem Gesundheitspark bietet er Kurse an, hat vor einigen Jahren für den Leichtathletik-Verband Rheinland auch ein Konzept entwickelt, das zum Erwerb der Trainer-C-Lizenz in diesem Bereich dient.

Der Nordic-Walking-Experte nennt einige Merkmale der Grundtechnik, während er mit seiner Gruppe den Nells Park passiert: „Der Oberkörper muss leicht nach vorne geneigt und das Brustbein angehoben sein, die Schulter- und die Beckenachse müssen gegeneinander rotieren, die Stöcke gilt es, während der Schwungphase locker zu greifen.“ Angewandt wird die so genannte Kreuztechnik: Das rechte Bein und der linke Stock sind so etwa vorne. Das ist auch das Prinzip beim Skilanglauf.

„Es sollte sich ein stetiges Öffnen und Schließen der Hand abwechseln. Dazu dienen dann auch die speziellen Schlaufensysteme der Nordic-Walking Stöcke und die  Blickrichtung sollte nach vorn und nicht nach unten zeigen, da sonst die Schulterpartie verkrampft“, ergänzt Becker, den sie in Leichtathletikkreisen nur als „Kalle“ kennen.

Pause. Auf einer Wiese stoppen Becker und Ott und der Spaß kommt in der Gruppe, der auch Ute Tavarez, Helmut Naunheim und Harald Wiesel angehören, nicht zu kurz. „Es konzentriert, aber doch locker anzugehen, ist nicht nur wichtig für die Entspannung“, weiß Ott. Nordic Walking trainiert bis zu 90 Prozent der rund 600 Muskeln und steigert den Kalorienverbrauch im Vergleich zum Gehen ohne Stöcke um bis zu 30 Prozent. „Wenn man dann noch lacht, werden an die 100 Prozent der Muskeln beansprucht“, sagt Ott mit einem Augenzwinkern.

Um die Jahrtausendwende kam das Nordic Walking groß in Mode. Die Ursprünge gehen indes viel weiter zurück. Pilger nutzten im Mittelalter bereits längere Stöcke, um besseren Halt zu finden und die Gelenke zu entlasten. Seit den 50er Jahren nutzen es Leistungssportler aus dem Langlauf oder dem Biathlon zum Sommertraining. Ein erster Versuch, Nordic Walking als Breitensport zu etablieren, misslang in den 80er Jahren. Der Durchbruch folgte schließlich 1996: Zwei finnische Sportstudenten führten im Rahmen ihrer Diplomarbeit eine Untersuchung zum Thema Sauvakävely (Stockgehen) durch. Die Technik wurde ausgefeilt und das Konzept der Sportartikelindustrie vorgestellt. Die Erfolgsgeschichte nahm vom Land der tausend Seen ihren Lauf. „Nordic Walking ist die beste Erfindung der Finnen seit der Sauna“, grinst Franz-Josef Ott. Die richtige Umsetzung will gelernt sein. „Man sollte sich die technischen Grundlagen von einem Fachmann zeigen lassen“, rät Ott. Wer zum Beispiel zu lange Schritte macht, belastet Knie, Hüfte und Rücken unnötig. Wer die Ferse zu steil aufsetzt und sein Knie vorne extrem streckt, kann dem Gelenk unter Umständen mehr schaden als durch Joggen. Auch ein hüftbetonter Gang eignet sich wenig.

Die Stöcke bestehen meist aus federleichtem Carbon, Graphit oder Aluminium. Die Griffe sind aus mehr oder weniger rutschfestem Material gefertigt. Kork soll zum Beispiel den Schweiß abfangen. Die Handschlaufe darf ebenfalls nicht fehlen. Doch damit nicht genug. Manche Stöcke lassen sich in der Höhe verstellen, andere nicht. Die einen klacken dank ihrer Metallspitze schöner als jeder Tanzschuh, die anderen enden in einem Gummistopper. „Kalle“ Becker weiß: „Stöcke, die nicht richtig an die Körpergröße angepasst sind, können insbesondere am Rücken zu Schmerzen führen. Ist der Stock beispielsweise zu klein, hat man eine gekrümmte Laufhaltung.“ Als Faustregel ergibt sich die Stockgröße in Zentimetern mal 0,68. „Ab 50 Euro sind gute Stöcke zu haben. Sie halten eigentlich ewig“, sagt Becker. Herkömmliche Joggingschuhe und leicht sitzende Kleidung – je nach Witterung beides in wasserabweisender Ausstattung – komplettieren bereits die Ausrüstung.

Die Gruppe um Ott und Becker hat im Nells Park inzwischen knapp sechs Kilometer absolviert. Noch sind aber Luft und Kondition da. Somit widmet sich das Quintett Spielen, die sich mit den Nordic-Walking-Stöcken verbinden lassen, wie etwa Balanceübungen, dem Fangen des Partnerstocks, bevor dieser umfällt und einem kleinen Slalomlauf durch die in den Boden gesteckten Stöcke. Auch hier geht´s spaßig zu. Es wird wieder viel gelacht  – und die 600 Muskeln im Körper sind damit wohl wirklich alle an diesem Nachmittag beansprucht worden.

Weitere Infos und auch Kontakte zu Vereinen, die Nordic-Walking-Kurse anbieten, bietet der Leichtathletik-Verband Rheinland. Internet: www.lvrheinland.de 

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