Interview Gregor Eibes Präsident? – „Gehe Frage ohne Tabu an“

Morbach · Desch-Nachfolge, Talentförderung, E-Soccer, Pokalendspiel-Ort: Der Vizepräsident des Fußballverbands Rheinland aus Morbach-Gutenthal, im Hauptjob Landrat des Kreises Bernkastel-Wittlich, nimmt Stellung zu wichtigen Fragen.

 Nachwuchsgewinnung und E-Soccer – das sind nur zwei Themen, mit denen sich Gregor Eibes im Fußballverband Rheinland beschäftigt.

Nachwuchsgewinnung und E-Soccer – das sind nur zwei Themen, mit denen sich Gregor Eibes im Fußballverband Rheinland beschäftigt.

Foto: Helmut Thewalt

Seit Mitte Juni ist der Bernkastel-Wittlicher Landrat Gregor Eibes einer von drei Vizepräsidenten des Fußballverbands Rheinland. Was ihm wichtig ist, wie der frühere Bezirksligaspieler des SSV Dhrontal die Arbeit von Präsident Walter Desch sieht und warum er gegenüber dem SV Morbach ein schlechtes Gewissen hat, lesen Sie im TV-Interview.

Vor rund einem halben Jahr sind Sie zu einem der drei Vizepräsidenten des Fußballverbands Rheinland gewählt worden. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?

Eibes Ich habe eine äußerst spannende Aufgabe übernommen, die in viele Bereiche hineinreicht. Dabei empfinde ich die Zusammenarbeit im Präsidium als hervorragend, sowohl inhaltlich als auch menschlich. Und dazu kommt ein höchst engagierter Präsident. Walter Desch ist ein Tausendsassa und überall unterwegs – und das im zarten Alter von 75 Jahren. Bewundernswert.

Ihre Schwerpunkte sind die  Fußball­entwicklung und Talentförderung.  Was sind hier Ihre primären Ziele?

Eibes Zur Fußballentwicklung gehört auch die Verbandsentwicklung. Hier geht es vor allem um die Frage, wie wir den Fußballverband fit für die Zukunft machen. Hierzu haben wir eine eigene Kommission gebildet, die im Präsidium Udo Blaeser und mir zugeordnet ist. Die Leitung hat Lutz Thieme übernommen – als Sportwissenschaftler eine absolute Kapazität und damit eine ideale Besetzung. Ein Glücksfall, wie ich finde.

In dieser Kommission, in der junge engagierte Menschen aus dem ganzen Verbandsgebiet mitarbeiten, müssen alle Themen auf den Tisch, ohne jegliche Tabus. Dabei wird es natürlich Betroffenheiten geben, die Veränderungen immer mit sich bringen.

Wir müssen in jedem Fall erreichen, dass wir uns in der Verbandsarbeit vom Regional- und Proporzdenken verabschieden. Gregor Eibes ist nicht der Vizepräsident des Westens und ein anderer nicht der des Westens oder der Mitte. Das erschwert nur die Zusammenarbeit. Auch in meinem beruflichen Leben war ich insofern immer um Ausgleich bemüht.

Um was geht es beim Thema Verbandsentwicklung konkret?

Eibes Es geht natürlich um die Strukturen des Verbandes und der Kreise. Aber auch um Zuordnungen im Präsidium, genauso wie um das Schiedsrichterwesen, die Talentförderung und die Frage, wie wir wieder mehr junge Menschen für den Fußball begeistern.

Wie gehen Sie dieses komplexe Thema an?

Eibes Zunächst erfolgt eine breite Datenanalyse, die an der Fachhochschule in Remagen erarbeitet wird und um Daten des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) ergänzt wird. Hier werden zum Beispiel die Zusammenhänge zwischen der  demographischen Entwicklung und der Entwicklung der Anzahl an Mannschaften untersucht oder etwa der Zusammenhang zwischen der Anzahl an lizenzierten Trainern und der Entwicklung im Jugendbereich und viel mehr.

Gleichzeitig wird eine Themensammlung erstellt, die in ein Maßnahmenpaket einfließt, das anschließend im Präsidium und in den Kreisen zur Diskussion gestellt wird. Wir wollen in jedem Fall möglichst viele bis auf die Vereinsebene mitnehmen.

Hört sich nach einer langwierigen Sache an …

Eibes Es werden nicht alle Fragen und Themen gleichzeitig angepackt werden können. Erste Ergebnisse sollen aber bereits im kommenden Jahr erzielt werden. Ein Ziel für das Gesamtpaket ist der Verbandstag 2022. Aber auch danach wird die Arbeit weitergehen. Über allem wird die Frage stehen, wie wir wieder mehr Mitglieder für unsere Vereine gewinnen.

Ihr Vorgänger Alois Reichert hat sich auch stark um Felder wie Futsal und E-Soccer gekümmert. Wie stehen Sie zu diesen Themen?

Eibes Alois Reichert hat hier ganz wertvolle Pionierarbeit geleistet. Innerhalb des Präsidiums hat es in diesen Bereichen teilweise neue Zuständigkeiten gegeben, aber natürlich beschäftigen mich diese Themen.

Futsal ist eine Variante, die sicher ihren Weg geht. Man hat es aber jetzt bei der Gründung der Regionalliga gesehen, dass es schwer ist, eine gewisse Nachhaltigkeit zu schaffen.

E-Soccer dürfen wir nicht außer Acht lassen. Ich sage aber auch: Wir müssen aufpassen, dass hier der Schuss nicht nach hinten losgeht. Wenn junge Menschen, die bislang auf dem grünen Rasen unterwegs waren, bei vielleicht nicht ganz so tollem Wetter eher E-Soccer in der warmen Stube vorziehen, kann das nicht der richtige Weg sein. Die Idealvorstellung, dass im Vereinsheim nach dem Training E-Soccer gespielt und somit beides miteinander verknüpft wird, ist sicher eine gute Vorstellung.

Stichwort Talentförderung: Der Fußballverband Rheinland erlebt hier aktuell nicht gerade eine Blütezeit. Talente wie der aktuelle Freiburger Bundesligaprofi Robin Koch, der einst über den SV Dörbach und Eintracht Trier den Weg nach oben gefunden hat, sind zwischen Saar und Sieg die absolute Ausnahme.

EIBES Das Leistungsprinzip ist mir wichtig, ohne dabei den Anspruch zu verlieren, dass wir möglichst alle Kinder mitnehmen müssen. Daher sind auch neue Spielformen wie Funino sehr wichtig. Fußball muss den Kindern Spaß machen. Ab dem D-Jugendbereich muss es aber gelingen, Talente zu sichten und über die Stützpunkte und die Verbandsauswahl nach vorne zu bringen.

Die Vereine dürfen hier keinen Protektionismus betreiben und müssen ihre Talente zu den Stützpunkten schicken. Das Thema Ausbildungsvereine müssen wir neu beleben und strukturieren, weil wir ja leider wohl auf lange Sicht keinen Profiverein im Verbandsgebiet haben werden und damit auch kein Nachwuchsleistungszentrum. Hier werden noch viele Gespräche zu führen sein.

Einige sehen Sie schon als Kronprinzen. Schließlich hat Verbandspräsident Walter Desch angekündigt, beim nächsten Verbandstag 2022 in Trier nicht mehr kandidieren zu wollen.

Eibes An diese Frage gehe ich heran wie an die Verbandsentwicklung – ohne Tabu und jegliche Vorfestlegung. Ich werde von daher heute nicht sagen, dass eine Kandidatur ausgeschlossen wäre, und werde mich damit auseinandersetzen, wenn diese Frage an mich herangetragen wird. Ich muss zunächst sehen, wie ich mit meinen jetzigen Aufgaben zurecht komme. Fakt ist: Es ist eine sehr interessante Aufgabe, und der aktuelle Präsident hinterlässt riesige Fußspuren.

Wäre das denn mit Ihrem aufwändigen Amt als Landrat zeitlich vereinbar?

Eibes Wenn die Wahl ansteht, werde ich 62 Jahre alt sein. Als Walter Desch anfing, war er auch noch berufstätig. Andererseits weiß ich: Das Pensum, das er absolviert, wäre mit meinem jetzigen Job nicht vereinbar. Aber auch hier werden die Ergebnisse der Verbandsentwicklung ja vielleicht zu neuen Aufgabenzuschnitten führen.

Heiß diskutiert wurde in den ersten Monaten Ihrer Amtszeit auch die vorläufige Festlegung des Verbands auf Koblenz als Endspielort fürs Rheinlandpokalfinale. Wie stehen Sie dazu?

Eibes Grundsätzlich ist das eine Entscheidung des Spielausschusses. Es ist vom Präsidium nie gesagt worden, dass wir uns nur für einen dauer­haften Endspielort entscheiden. Für 2020  ist es Koblenz, und wie aufgrund der Spielausgänge und der noch verbliebenen Mannschaften inzwischen feststeht, war diese Entscheidung nicht so verkehrt.

Meine Überzeugung ist: Es wird immer mehrere Möglichkeiten geben. Ich glaube momentan nicht, dass es den festen Endspielort Koblenz geben wird. Wir müssen eine Lösung finden, die den Gesamtansprüchen des Verbandes gerecht wird. Ich habe Verständnis für die Verbandssicht. Koblenz ist von der Abwicklung und den Ansprüchen der Medien her aber schon der ideale Endspielort.

Wie können Sie den Fußball vor Ort selbst noch verfolgen?

Eibes Da ich als Landrat auch am Wochenende im Einsatz bin, ist das relativ schwierig geworden.  Sportplatzbesuche sind selten geworden. Das muss ich forcieren, weil ich mich ja auch an der Basis bewegen will.  In Morbach habe ich schon ein ganz schlechtes Gewissen. Da war ich schon lange nicht mehr. Ich habe mir fürs neue Jahr unbedingt vorgenommen, mal wieder ein Heimspiel der Rheinlandligamannschaft zu besuchen, weil sie mit einer ganz jungen Mannschaft ganz tollen Fußball spielt. Aber auch Spiele meines Heimatvereins Dhrontal stehen in der Planung.

Interview: Andreas Arens

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