„Sooo ein Tag“ In Nachtschichten zur Deutschen Meisterschaft

Gerolstein/Daun · Jan Frodeno, Patrick Lange und Sebastian Kienle waren jüngst die Sieger des Ironman Hawaii. Eine Wiege des deutschen Triathlonsports steht in der Eifel. 1988 fand in Gerolstein einer der stimmungsreichsten nationalen Titelkämpfe auf der Kurzdistanz statt. Im Rahmen unserer Serie „Sooo ein Tag“ blicken wir auf den Wettbewerb vor 33 Jahren zurück. Organisatorisch hatte dieser aus heutiger Sicht in vielerlei Hinsicht Besonderes zu bieten.

 Peter Mertes (links) und Klaus Klaeren waren bei den Deutschen Triathlon-Meisterschaften vor 33 Jahren in und um Gerolstein die Organisationsleiter und präsentieren auf dem Bild noch einige Fundstücke von damals. Rechts: das Original-Leaderboard, das handschriftlich nach Telefon- und Funkmeldungen am Gerolsteiner Brunnenplatz für die Zuschauer erstellt wurde.

Peter Mertes (links) und Klaus Klaeren waren bei den Deutschen Triathlon-Meisterschaften vor 33 Jahren in und um Gerolstein die Organisationsleiter und präsentieren auf dem Bild noch einige Fundstücke von damals. Rechts: das Original-Leaderboard, das handschriftlich nach Telefon- und Funkmeldungen am Gerolsteiner Brunnenplatz für die Zuschauer erstellt wurde.

Foto: Holger Teusch

Wenn Jörg Ullmann über die Stimmung bei der Deutschen Triathlon-Meisterschaft 1988 spricht, ist der heute 58-Jährige so begeistert wie vor mehr als 30 Jahren: „Es war sensationell.“ Bei einem der ersten nationalen Titelkämpfe der damals gerade einmal zehn Jahre alten Sportart (der erste Ironman auf Hawaii fand 1978 statt) wurden in der Vulkaneifel Maßstäbe gesetzt.

„Auf jedem Meter der Laufstrecke standen Zuschauer“, erinnert sich der aus Feusdorf bei Jünkerath (Vulkaneifelkreis) stammende ehemalige deutsche Spitzentriathlet. „Die Veranstaltungen sind heute zwar noch professioneller, aber eine Deutsche Meisterschaft wie damals in Gerolstein hätte auch in der heutigen Zeit Bestand und wäre ein riesiges Event“, ist der Sportmarketing-Fachmann überzeugt.

Der SV Gerolstein organisierte in den 1980er Jahren mit viel Aufwand und noch mehr Enthusiasmus die Vulkaneifel-Triathlons. Besonderheit bei der Deutschen Meisterschaft: Geschwommen wurden die 1500 Meter im Gemündener Maar bei Daun – und zwar im Kreis (in der Regel werden Drei- oder Viereckkurse bevorzugt). Anschließend führte die 40 Kilometer lange Radstrecke durch Üdersdorf, Bleckhausen, Schutz, Nieder- und Oberstadtfeld und über Salm nach Gerolstein.

Im Stadtteil Büscheich habe er als Zehnjähriger mit seinem Vater als Streckenposten gestanden, erinnert sich der aus der Brunnenstadt stammende, spätere Deutsche 1500-Meter-Vizemeister Marc Kowalinski. Die Laufstrecke führte über zwei Runden entlang der Kyll und durch Gerolstein.

Klaus Klaeren, der erste Deutsche Triathlon-Meister (1984), moderierte das DM-Rennen. „Natürlich hat es gejuckt, selbst mitzumachen“, bekennt er noch heute. Aber bereits ein Jahr zuvor hatte er seine Leistungssportkarriere beendet. Über Funk und Telefon (Handys geschweige Internet gab es ja noch nicht) bekam Klaeren die Zwischenstände übermittelt. Das Telefon der Schlossapotheke direkt  neben der Moderatorenbühne konnte man nicht benutzen. Das musste für Notfälle frei bleiben.

Von den verschiedenen Telefonzellen entlang der Strecke wurde stattdessen in der heutigen Buchhandlung Raabe angerufen, um die Informationen über Führende weiterzugeben. „Das wurde dann per Hand auf eine große Tafel übertragen, damit es die Zuschauer sehen konnten. Zur damaligen Zeit war das revolutionär“, erzählt Klaeren.

Zusammen mit Peter Mertes gehörte der jetzige Leiter der Trierer Sportakademie 1988 zum Kern des DM-Organisationsteams. Viel Hand- und ehrenamtliche Arbeit seien notwendig gewesen, betont Mertes. „Es war aber auch am Limit. Die letzten zwei Wochen haben wir fast jeden Abend bis Mitternacht zusammengesessen“, erzählt er.

Während andere deutsche Triathlon-Pionier-Veranstaltungen wie im fränkischen Roth bald kommerziell ausgetragen wurden, blieb man in Gerolstein bei den ehrenamtlichen Wurzeln, orientierte sich aber ab den 1990er Jahren in Richtung Breitensport. Grund war laut Mertes auch, dass es keinen für solche Wettkämpfe geeigneten See in unmittelbarer Umgebung von Gerolstein gibt.

Zurück zur DM 1988: Dass diese nach Gerolstein vergeben wurde, war fast schon zwangsläufig. Die Vulkaneifel gehört zur Keimzelle des deutschen Triathlon-Sports (siehe Extra). „Wir hatten bundesweit einen guten Namen, und das ganze Nationalteam war mit uns verbunden“, erzählt Klaeren. Mertes ergänzt: „Und wir hatten gute Ehrenamtler und Athleten.“

Zwar startete Jörg Ullmann 1988 für Darmstadt, trotzdem gehörte auch der damals 26-Jährige dazu. 1987, noch im Trikot des SV Gerolstein, hatte der damalige BWL-Student die Generalprobe gewonnen. Als DM-Vierter hatte Ullmann eine Medaille nach mehr als zwei Stunden Wettkampfzeit nur um 25 Sekunden verpasst. Bei seinem Heimrennen sollte es klappen. Doch der 13. August 1988 wurde für Ullmann sportlich gesehen zum schwarzen Tag. Bis dato hatte er in der Saison praktisch alles gewonnen. Doch vor seiner Haustür wurde er nur Zehnter.

Es siegte der Koblenzer Jürgen Zäck. Simone Mortier  aus Würzburg entschied die Konkurrenz der Frauen für sich. „Das war wie ein Weltuntergang für mich. Eine ganz große Enttäuschung. Die hatten das ja auch wegen mir gemacht“, erinnert sich Ullmann wehmütig.

 So ein Tag

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Foto: Grafik
 Triathlon DM

Triathlon DM

Foto: Holger Teusch
 So ein Tag

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Foto: Grafik

Seinen ersten nationalen Titel sollte er sich nach dieser bitteren Erfahrung im gleichen Jahr trotzdem noch holen. Nur nicht in Gerolstein, sondern einige Wochen später im badischen Ettlingen vor den Toren von Karlsruhe auf der etwa doppelt so langen Mitteldistanz.

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