Serie Spochtipedia Luftakrobatik: Wenn Bewegung zur Kunst wird
Trier · Sport kann weit mehr als Technik und Wettkampf sein. Das beweisen die Luftakrobaten. Mit Kraft, Körperspannung und viel Kreativität wollen sie Geschichten erzählen.
„So. Jetzt müsstet ihr aufgewärmt sein.“ Mit einem Augenzwinkern beendet Hanja Fröhlich die rund 30-minütige, intensive Aufwärmphase der Federgeistchen. So nennt sich eine der drei von ihr geleiteten Artistik-Gruppen des Trimmelter SV (TSV), die sich immer freitags abends in der Grundschulhalle in Trier-Tarforst trifft. Bewegungs- und Fangspiele, ein Kraftzirkel und ein Dehnprogramm liegen hinter den diesmal acht Teilnehmern, die meist zwischen zwölf und 16 Jahren alt sind.
Jetzt geht es in die Vollen: Im Kern der Übungseinheit wagen sich die jungen Luftakrobaten an das Vertikaltuch, an das Lufttrapez oder den Luftring.
Wie sich Hanja Fröhlich und ihre Schützlinge am Tuch in die Höhe hieven, im Zustand der scheinbaren Schwerelosigkeit einen Handstand quasi in der Luft und nur mit Fußkontakt zum Tuch schaffen, sieht leicht und geschmeidig aus. „Kraft, Körperspannung vom Kopf bis zur Zehe, Beweglichkeit, Balance und nicht zu vergessen Mut“, nennt Fröhlich als Voraussetzungen, um in der Luftakrobatik eine gute Figur abzugeben. „Das alles ist aber keine Wissenschaft für sich. Das Allerwichtigste ist, Spaß in der Luft zu haben.“
Das Federgeistchen aus der Familie der Schmetterlinge als Symbol der Schwerelosigkeit ist der Namensgeber der Gruppe für Anfänger und Fortgeschrittene beim TSV.
Ferner bietet Fröhlich noch den Zirkus Goya (Zirkusdisziplinen für Fortgeschrittene) und in Form von Kursen und Workshops auch spezielle Luftakrobatik für Erwachsene an. Die Nachfrage sei hoch. Gerne würde sie zusätzliche Gruppen gründen. „Die schwierige Hallensituation in Trier mit wenigen Trainingszeiten binden uns aber die Hände.“ Ob jung oder alt, ob männlich oder weiblich: Sie sieht für jeden einen Platz in dieser Sportart.
Den eigenen Körper zu beherrschen, dabei gegen die Schwerkraft anzukommen – und das alles in harmonischer, graziler Form: Das macht für die Luftakrobaten der besondere Reiz aus.
Den Druck des Wettbewerbs gibt es bei den Luftakrobaten nicht. Ihr Können zeigen sie bei Festivals oder Feiern. Das Erlernte dann mit einer kleinen Zirkusshow darzubieten, sei das Ziel. „Wir machen artistisches Theater im Rahmen des ‚Neuen Zirkus‘ (siehe Info). Es ist eine Geschichte, die wir luftartistisch erzählen.“
Man will den Betrachter zu verzaubern: „In diesem Moment wird die Bewegung zur Luftkunst. Es ist kreativ, vielfältig und nicht einfach nur eine Technik.“
So lassen die jungen Luftakrobaten des TSV auch schon mal beliebte literarische Gestalten großer Klassiker lebendig werden: Mary Poppins auf dem Trapez durch die Luft, Peter Pan kämpft zusammen mit seinen Freunden gegen Piraten, anmutige Wesen aus 1001 Nacht verzaubern mit tänzerischer Akrobatik an Vertikaltuch und Luftring und zuletzt sorgen zwei finstere Gestalten aus der Dracula-Saga hoch in der Luft für Gänsehaut …
Für die ausgebildete Zirkuspädagogin und Förderschullehrerin geht es primär darum „alle mitzunehmen und ihnen das anzubieten, was sie leisten können. Die Kinder, die hier rausgehen, sollen das Gefühl haben, dass sie erfolgreich waren.“
Als zusätzliche Attraktion bietet Uli Morrissey während des Trainings in der Tarforster Halle Jonglierübungen an. „Das soll einen Ausgleich bieten und die Koordination fördern“, erklärt der Multiartist und Akrobat. Seine Kinder Luc und Annelie machen begeistert während des gut 90-minütigen Trainings mit. Genauso wie die anderen Luftakrobaten in der Trainingsgruppe schätzen sie den Spaß an der Bewegung – fernab der Massensportarten und in ganz entspannter Atmosphäre.