Sport Mega-Spende aus Katar für flutgeschädigte Clubs: Was dahinter steckt

Koblenz/Region · Das Emirat Katar, Ausrichter der Fußball-WM 2022, stellt eine Million Euro zur Verfügung. Wie der Fußballverband Rheinland die Annahme rechtfertigt – und was Vereine dazu sagen. UPDATE: Offenbar hat Katar hat im Zuge seiner Spende für das Ahrtal versucht, Kritik vom ehemaligen DFB-Präsidenten Zwanziger zu verhindern.

Eine Scheckübergabe, die für Erstaunen sorgt: Der Botschafter des Emirats Katar, Scheich Abdullah Bin Mohammed bin Saud Al-Thani (Mitte), mit (von links) Armin Bertsch (Geschäftsführer des Fußballverbands Rheinland (FVR) und Vorstandsmitglied der FVR-Stiftung), Norbert Weise (Vorstandsmitglied der FVR-Stiftung und FVR-Rechtswart), Nawaf Mubarak Nasser Al-Nasr (erster Sekretär des Botschafters) und Dr. Lorans Al Hennawi. (Berater des Botschafters).

Eine Scheckübergabe, die für Erstaunen sorgt: Der Botschafter des Emirats Katar, Scheich Abdullah Bin Mohammed bin Saud Al-Thani (Mitte), mit (von links) Armin Bertsch (Geschäftsführer des Fußballverbands Rheinland (FVR) und Vorstandsmitglied der FVR-Stiftung), Norbert Weise (Vorstandsmitglied der FVR-Stiftung und FVR-Rechtswart), Nawaf Mubarak Nasser Al-Nasr (erster Sekretär des Botschafters) und Dr. Lorans Al Hennawi. (Berater des Botschafters).

Foto: FOTO SEYDEL/Peter Seydel

Die Überschrift der vom Fußballverband Rheinland (FVR) verschickten Pressemitteilung hatte es in sich: „Fluthilfe: Katar unterstützt Neubau von Kinderfußballplätzen mit einer Million Euro“. Hoppla, was hat es denn damit auf sich?

Der TV hat nachgehört beim FVR-Vorsitzenden Walter Desch, der eins direkt betont: Das Geld geht nicht an den Verband, sondern an die FVR-Stiftung „Fußball hilft!“.

Desch erläutert, dass es eine Anfrage der Firma „friedrich30“ gegeben habe. Sie habe mitgeteilt, dass sich Katar für Flutgeschädigte im Ahrtal finanziell engagieren wolle. Die Firma mit Büros in Berlin, Brüssel und Mainz nennt auf ihrer Homepage als eine Säule ihres Handelns „politisches Lobbying“.

Katar hat im Zuge seiner Spende für das Ahrtal versucht, Kritik vom ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger zu verhindern: Laut einer Gesprächsnotiz, die dem ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ vorliegt, sollte Zwanziger dazu gebracht werden, sich nicht kritisch zur Spende des Golfstaats an eine Stiftung des Fußballverbands Rheinland zu äußern. Zwanziger hatte Katar in der Vergangenheit mehrfach kritisiert, das Land zum Beispiel als "Krebsgeschwür des Weltfußballs" bezeichnet. In der Gesprächsnotiz eines Treffens vom 30. März 2022 zwischen katarischen Diplomaten und dem Fußballverband Rheinland heißt es, eine kritische Äußerung Zwanzigers wäre "für das Engagement Qatars absolut kontraproduktiv". Es bestehe die Gefahr eines "kommunikativen Störfeuers". Demnach wurde beschlossen, mit Zwanziger ein Gespräch zu führen, "um auszuloten, ob er bereit wäre" im Zusammenhang mit der Spende "keine kritischen Statements in den Medien abzugeben". Der Präsident des Fußballverbands Rheinland, Gregor Eibes, sagte „Report Mainz“, er habe sich wenige Tage später mit Zwanziger getroffen. Er habe ihn nicht unter Druck gesetzt, sondern nur nach seiner Haltung zum Spendendeal gefragt: "Ich habe ihm lediglich die Frage gestellt, wie er sich verhält, wenn die Stiftung das Geld annimmt. Und er hat daraufhin geantwortet, dass er sich dazu auch nicht äußern würde."

„Wir waren zunächst skeptisch. Jeder denkt an die komische WM im Winter und die kritikwürdige Menschenrechtslage in Katar“, sagt Desch. Es kam zu einem Treffen mit zwei katarischen Botschaftsangehörigen aus Berlin. Der geäußerte Wunsch der Kataris, einen Vertrag mit Sponsoring abzuschließen, sei abgelehnt worden. Desch: „Wir haben gesagt, wir reden nur über eine Spende nach deutschem Recht ohne Gegenleistung.“

Von den Kataris gab‘s keine Einwände. Es folgten laut Desch „intensive, kontroverse“ interne Beratungen im Stiftungsvorstand, dessen Vorsitzender er ist: „Die letzte Sitzung dauerte mehr als drei Stunden.“ Am Schluss des Abwägungsprozesses stand laut Desch die Formel: „Wenn wir das Geld nicht annehmen, schaden wir unseren Vereinen, weil wir eine Hilfe in schwieriger Zeit ablehnen – und an der Menschenrechtslage in Katar ändert sich trotzdem nichts.“

Deschs Motto lautet: „Man muss mit denen in Kontakt treten, mit denen man nicht zufrieden ist.“ Dies sei für ihn auch eine Lehre aus seiner früheren Zeit als Berufssoldat.

Deshalb will der FVR auch auf die von den Kataris geäußerte Idee einer sportlichen Zusammenarbeit eingehen – angedacht ist beispielsweise ein Austausch zwischen Mädchenmannschaften. Desch: „Fußball bietet die Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen. Das halte ich für sinnvoll. Ich war oft in Ruanda. Dort hat auch der Fußball eine Kraft entwickelt, die einen Beitrag zur Befriedung des Landes geleistet hat.“ Gemünzt auf Katar bedeute das: Nur wer den Dialog suche und führe, könne auf Veränderungen bei Missständen hinwirken.

In der Pressemitteilung des FVR lässt sich der katarische Botschafter in Deutschland, Abdullah Bin Mohammed bin Saud Al-Thani, wie folgt zitieren: „Sport spielt eine wichtige Rolle bei der Förderung von Frieden und Entwicklung, der Achtung der Menschenrechte und der Stärkung der Rolle von Frauen und Mädchen – und insbesondere der Fußball, da er weltweit beliebt ist.“ Das Ziel der Kataris bei der Flut-Spende ist unübersehbar: Das Emirat will vor der WM 2022 international an vielen Stellen gut Wetter machen und betreibt dafür sogenanntes Sportswashing, also die Verbesserung des Ansehens über den Sport. Sieht sich der FVR nicht vor diesen Karren gespannt? Desch: „Dass ein Land vor einer WM oder EM alles tut, um gut auszusehen, ist nichts Neues. In der Vergangenheit wurden auch von anderen Ländern dafür entsprechende finanzielle Mittel eingesetzt.“

In diesem Zusammenhang betont er: „Wir sind frei in unserer Entscheidung, wofür wir das Geld verwenden.“ Zur Einordnung: Bislang sind der Stiftung laut Desch ein mittlerer sechsstelliger Euro-Betrag vom Deutschen Fußball-Bund, rund 300.000 Euro Spenden sowie 120.000 Euro von der Volksbank Rhein-Ahr-Eifel zugeflossen. Nun gibt‘s durch Katar insgesamt dieselbe Summe noch mal drauf. „Mit einem solchen Spendenbetrag kommen wir einen großen Schritt voran“, sagt Desch.

Genutzt werden soll das Geld nicht nur für den Bau von Kinderfußballplätzen, sondern auch für die Instandsetzung von durch die Flut zerstörter Vereins-Infrastruktur. Zugutekommen könnte das Geld dabei nicht nur den von der Flut betroffenen Vereinen im Ahrtal, denkbar sind laut Desch auch Zuwendungen für geschädigte Clubs in der Region Trier.

Das Engagement der Kataris ruft unter Vereinen aus der Region ein geteiltes Echo hervor. Kein Zweifel besteht indes für Udo Schilz, Vorsitzender der DJK Eintracht Dist (Eifelkreis Bitburg-Prüm), dass „die flutgeschädigten Vereine die eine Million Euro zum Wiederaufbau der Sportanlagen sicher sehr gut gebrauchen können“. Wie tiefgreifend die nun geplante Kooperation zwischen dem FVR und dem Verband des Scheichtums sein wird, könne er aber nicht abschätzen. Wahrscheinlich nachhaltiger finde er Hilfsaktionen wie jene, die kürzlich der Sportkreis der Region Kassel realisiert habe – und den von der Flut geschädigten Vereinen im Eifelkreis über 9000 Euro überreicht hat. Für den Vorsitzenden der DJK St. Matthias Trier, Helmut Hein, steht fest: „Mit dem hohen Geldbetrag will Katar die Leute etwas besänftigen, damit die Kritik an den Begleitumständen der WM dort nicht ganz so schlimm ausfällt.“

Wenn soziale Projekte unterstützt werden, ist das aus Sicht von Werner Gorges vom FSV Tarforst „grundsätzlich eine gute Sache – vor allem dann, wenn damit Lücken geschlossen werden, die unser Staat etwa nicht schließen kann“. Darüberhinaus durch weitere Kooperationen den engeren Kontakt zu Katar zu suchen, befürwortet der Vorsitzende des Trierer Vereins: „Vor vier Jahren sind wir vom FSV zum Austausch nach China geflogen und konnten dort mit den Menschen vor Ort sprechen und diskutieren. Wenn man Prozesse anstoßen will, ist so was immer der erste Schritt.“

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