Interview Michael Weber, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Kanu Rheinland/Pfalz aus Trier „Es gibt immer und überall schwarze Schafe“

Trier · Der Präsident der Arbeitsgemeinschaft Kanu Rheinland/Pfalz aus Trier spricht über das Spannungsverhältnis zwischen Kanusport und Naturschutz.

 Dem Trierer Michael Weber, der seit 1960 im Kanusport aktiv ist, gehen manche Verbote zu weit.

Dem Trierer Michael Weber, der seit 1960 im Kanusport aktiv ist, gehen manche Verbote zu weit.

Foto: privat

Welchen Stellenwert hat die Wildwasserdisziplin im Kanusport?

Weber: Im Kanusport gibt es mit dem Kanurennsport und dem Kanuslalom zwei  olympische Disziplinen. Darüber hinaus werden im Wildwasserrennsport, Kanu-Polo, Kanu-Marathon, Kanu-Freestyle, Drachenboot, Stand-Up-Paddeling und Oceansport nationale und internationale Wettkämpfe ausgetragen. In diesen Sportarten sind die Zuschüsse im Vergleich zu den olympischen Disziplinen niedrig.  Die Tür zur Förderung über den Deutschen Olympischen Sportbund und das Bundesinnenministerium bleibt verschlossen. Wildwasserrennsport wird über die Landesverbände und den Landessportbund gefördert.

Wie entwickelt sich grundsätzlich der Kanusport – als Leistungssport und als Freizeitsport?

Weber: Der Deutsche Kanu-Verband (DKV) kann seit Jahren auf kontinuierlich, aber langsam steigende Mitgliederzahlen verweisen. Circa 75 Prozent der DKV-Mitglieder betreiben Kanusport als Freizeitsport.  Besonders stark wächst aktuell das Interesse am Stand-Up-Paddling, das aber überwiegend noch unorganisiert ausgeübt wird.

In Deutschland gibt es an die 1000 Befahrungsregeln auf Flüssen und Gewässern. Inwieweit hat sich das Spannungsverhältnis zwischen dem Kanusport und Fragen des Naturschutzes zugespitzt?

Weber: Die Verzögerungen bei der Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie oder der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie hat zu enormem Handlungsdruck bei Naturschutzbehörden geführt. Folge ist vielfach eine Umsetzung von Regelungen, die aus unserer Sicht an der Realität vorbeigehen. Aktuelles Beispiel in Rheinland-Pfalz  ist ein ganzjähriges Befahrungsverbot auf dem Glan, da angeblich morsche Äste Kanuten treffen können, eine Pflege oder Beseitigung der Bäume aber aus Naturschutzgründen verhindert wird.

Insgesamt hat sich aus unserer Sicht bundesweit das Verhältnis zwischen Naturschutz und Kanusport tendenziell verschlechtert, was sich daran messen lässt, dass Verbote wieder zunehmen, differenzierte Regelungen dagegen immer schwieriger durchsetzbar sind.

Wie viele schwarze Schafe gibt es unter den Kanuten und Paddlern, die sich nicht naturbewusst verhalten?

Weber: Eine solche Zahl lässt sich nicht angeben. Es gibt immer und überall (auch bei den DKV-Mitgliedern) schwarze Schafe. Viel wichtiger ist die Frage, wie viele Kanuten tatsächlich in der Lage sind, sich in sensiblen Naturräumen so zu verhalten, dass keine oder nur unbedeutende  Störungen zu verzeichnen sind. Und hier liegt der Anteil bei den in Kanu-Vereinen organisierten Kanuten deutlich höher als bei gewerblichen Anbietern, die überwiegend Anfänger als Kunden haben.

Wie wird das Umweltbewusstsein der Kanuten geschult?

Weber: Innerhalb des DKV werden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, damit Kanuten sich natur- und landschaftsverträglich verhalten. Ein erster Schritt ist eine fundierte Einweisung in den Gebrauch von Kanus. Wer sein Boot technisch beherrscht, wird zumindest keine versehentlichen Störungen verursachen. Der nächste Schritt sind Ökologie-Kurse, die Kanuten verpflichtend besucht haben müssen, wollen sie am Wanderfahrer-Wettbewerb des DKV teilnehmen und eine höhere Auszeichnung erwerben. Der nächste Schritt ist die Möglichkeit, den Europäischen Paddel-Pass zu erwerben. Dabei wird geprüft, ob technische, Sicherheits- und Umwelt-Aspekte bekannt sind und angewendet werden können. Darüber hinaus beinhalten die vielen Lizenzen, die Kanuten erwerben können, einen sehr hohen Anteil an Umwelt-Themen.

Der Sommer 2018 war heiß und trocken. Welche Auswirkungen hat das auf den Kanusport?

Weber: Auch Kanusportler sind Leidtragende des Klimawandels. Wasserstände sinken, dadurch reduziert sich die Zahl der nutzbaren Gewässer.  Wir müssen unser bisheriges jahreszeitliches Verhalten überprüfen und sicherlich traditionelle Aktivitäten überprüfen. Und natürlich müssen wir noch mehr Informationssysteme entwickeln, damit sich Kanuten rechtzeitig informieren können, ob ein Gewässer befahrbar ist.

Beim Deutschen Kanutag wurde nun die Einrichtung eines Klimafonds beschlossen. Ist das nicht nur Symbolpolitik, zumal die vorgesehenen Abgaben auf freiwilliger Basis beruhen?

Weber: Natürlich hat dieser Klimafonds in erster Linie eine symbolische Funktion. Eine Zwangsabgabe ist gerade bei den geförderten Leistungssportarten aufgrund der Förderbedingungen nicht zulässig. Mit ersten Symbolschritten tragen wir das Thema aber zu unseren Mitgliedern und fördern dort das Nach- und Umdenken. Und wir werden das Thema weiter aufgreifen, so dass wir als Natursportverband unseren Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel leisten.

Die Fragen stellte Mirko Blahak.

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