Hockweiler/Darmstadt Miguel Heidemann: Auf die Rolle, fertig, los!

Hockweiler/Darmstadt · Radsportler wissen sich angesichts der Einschränkungen durch die Ausbreitung des Coronavirus zu helfen: Sie fahren virtuell gegeneinander. Mit dabei ist der Trierer Miguel Heidemann (22), der alsbald eine Grundsatzentscheidung treffen muss: Werde ich Profi oder nicht?

 Im Kampf gegen die Uhr fühlt sich Radsportler Miguel Heidemann besonders wohl. Seit diesem Jahr fährt er für das luxemburgische Leopard-Team (Bild unten). Die aktuelle Corona-Krise erfordert kreative Maßnahmen.

Im Kampf gegen die Uhr fühlt sich Radsportler Miguel Heidemann besonders wohl. Seit diesem Jahr fährt er für das luxemburgische Leopard-Team (Bild unten). Die aktuelle Corona-Krise erfordert kreative Maßnahmen.

Foto: Mario Stiehl

In (Corona-)Zeiten wie diesen muss Radsportler Miguel Heidemann in zweifacher Hinsicht flexibel sein. An der Technischen Universität Darmstadt studiert der gebürtige Trierer Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Maschinenbau. Eine Klausur zum Thema „Thermodynamik“ am vergangenen Freitag konnte er noch schreiben, die für den morgigen Mittwoch angesetzte Prüfung zum deutschen und internationalen Unternehmensrecht fällt dagegen vorerst flach – die Uni-Leitung hat am Sonntagabend den Lehr- und Prüfungsbetrieb ausgesetzt. „Das ist schade, weil ich natürlich gelernt hatte. Aber so ist es nun mal“, sagt Heidemann.

Auch als Sportler hat er Klippen zu umschiffen. Erst mal bis zum 3. April sind alle Rennen abgesagt worden, die Pause könnte sich aber noch ausweiten.

Was tun? Die Not macht erfinderisch. Denn Radsportler brauchen heutzutage nicht zwingend Asphalt unter den Reifen, um sich im Wettbewerb zu messen. „Wir werden jetzt vielleicht öfters virtuelle Rennen fahren“, sagt Heidemann und verweist auf die seit 2015 existierende Online-Plattform Zwift, die es ermöglicht, zu Hause auf dem Rollentrainer und vor einem Bildschirm gegen andere Fahrer anzutreten. „Es gibt über Zwift sogar vom Bund Deutscher Radfahrer anerkannte Meisterschaften“, berichtet Heidemann, der in seinem Domizil in Darmstadt einen Rollentrainer stehen hat.

Dieser bietet die Chance, aktiv zu bleiben, gleichwohl hofft der Allrounder und Zeitfahrspezialist, dass die Rennpause an der frischen Luft nicht ewig dauert. Denn seine Formkurve zeigt nach oben. 2019 war sein bislang erfolgreichstes Jahr. Im Einzelzeitfahren wurde er deutscher U-23-Meister, mit dem Herrmann-Radteam kam der nationale Titel im Mannschaftszeitfahren hinzu. „Die Siege sind das eine, darüber hinaus habe ich aber auch an Rennhärte zugelegt“, sagt Heidemann, dessen mit  der Familie in Hockweiler lebende Vater Frank in der Trierer Saarstraße ein Fahrradgeschäft betreibt.

 Miguel Heidemann

Miguel Heidemann

Foto: privat

Zum Jahreswechsel musste Miguel Heidemann derweil umsatteln. Aus finanziellen Gründen stellte das Herrmann-Radteam den Betrieb ein. Mit dem luxemburgischen Kontinental-Team Leopard Pro Cycling fand Heidemann einen neuen Rennstall. Dessen Team-Manager Markus Zingen kennt er schon länger: „Er unterstützt mich seit ein paar Jahren. Unter anderem hat er mir meinen aktuellen Trainer Oliver Elsenbach vermittelt.“

Bald steht Heidemann, der versucht, so oft wie möglich zu Hause in Hockweiler vorbeizuschauen, vor einer weiteren weitreichenden Entscheidung. Nach dem Studium, dass er im Winter 2021 abschließen will, muss er  die Frage beantworten: Werde ich Profi oder nicht? Abgeneigt scheint er nicht zu sein: „Mit 22 stehe ich eher erst am Anfang einer Karriere. Und ich merke, dass ich von Jahr zu Jahr besser werde.“

Ein Fahrer, zu dem Heidemann aufschaut, ist der niederländische Radprofi Tom Dumoulin: „Er strahlt auf dem Rad eine große Ruhe aus. Außerdem ist er ein sympathischer Sportler.“

Dass manche Radrennfahrer weiterhin empfänglich für verbotene Mittel sind, geht Heidemann gehörig gegen den Strich: „Es ärgert mich, dass durch den Erfurter Dopingskandal das Thema wieder einmal auf den Radsport zurückfällt.“ Gleichzeitig registriert der Ex-Fahrer des RV Schwalbe Trier, dass im Radsport direkt reagiert wurde: „Bei einem Bundesliga-Rennen in Düren wurden von uns Fahrern schon vor dem Start Blutproben genommen.“ Ihm sei in seiner Karriere bislang noch nie nahegelegt worden, verbotene Mittel zu sich zu nehmen: „Außer Süßigkeiten gibt’s bei mir nichts.“

Wann er in diesem Jahr wieder Rennen draußen fahren wird, steht wegen Corona in den Sternen. Die Ziele sind aber klar formuliert: Im Juni würde Heidemann gerne bei den deutschen U-23-Meisterschaften (Einzelzeitfahren und Straße) auftrumpfen.

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