Was macht eigentlich ... ? Walter Röhrl Der Fanliebling mit einer Engelsgeduld wird 75

Region · Für viele ist er der „beste Rallyefahrer aller Zeiten“: Am kommenden Montag wird der gebürtige Regensburger Walter Röhrl 75 Jahre alt. Der zweifache Weltmeister hat auch in der Region Trier seine Spuren hinterlassen. Weggefährten erinnern sich.

 Walter Röhrl nahm sich stets viel Zeit, Autogrammwünsche zu erfüllen. Er setzte seine Unterschrift auf Modellautos (Bild oben) oder ein Mal sogar auf die Windel eines Babys. Insgesamt viermal gewann Röhrl die legendäre Rallye Monte Carlo. Kommende Woche feiert der gebürtige Regensburger seinen 75. Geburtstag.

Walter Röhrl nahm sich stets viel Zeit, Autogrammwünsche zu erfüllen. Er setzte seine Unterschrift auf Modellautos (Bild oben) oder ein Mal sogar auf die Windel eines Babys. Insgesamt viermal gewann Röhrl die legendäre Rallye Monte Carlo. Kommende Woche feiert der gebürtige Regensburger seinen 75. Geburtstag.

Foto: TV/Jürgen C. Braun

Zu Hause wird man Walter Röhrl am Montag nächster Woche wohl nur schwer antreffen. Viel eher, so hat er jüngst durchblicken lassen, wolle er mit seiner Frau eine Ski-Tour machen und dem ganzen Rummel um seine Person und seinen 75. Geburtstag entfliehen. Röhrl, für viele der „beste Rallyefahrer aller Zeiten“, ist schon zu seinen erfolgreichsten Zeiten den eigenen (Sieger-)Ehrungen am liebsten aus dem Weg gegangen.

Wer ist dieser grundehrliche und geerdete Mensch, der auch in der Region Trier im Laufe seiner Karriere viele Spuren und Eindrücke hinterlassen hat?

Peter Schlömer dürfte den zweifachen Rallye-Weltmeister (1980 und 1982) mit am besten kennen. Als langjähriger Präsident des Motorsportclubs Daun, der das Eifel Rallye Festival (ERF) mit Röhrl als Zugpferd ausrichtet, hatte er Jahr für Jahr mit dem Mann zu tun, der während des weltweit größten historischen Rally-Festivals ungestört keinen Schritt in der Öffentlichkeit machen konnte. „Walter war 2010 zum ersten Mal bei uns. Das war damals noch ein Lauf zur Deutschen Rallyemeisterschaft, zwei Jahre vor dem ersten ERF. Er fuhr im Rahmen eines Demonstrationswettbewerbs den legendären Opel Ascona 400, mit dem er 1982 die Monte gewann und später auch im gleichen Jahr Rallye-Weltmeister wurde. Die Leute scharten sich in Trauben um ihn und belagerten ihn für Autogramme. Was mir an ihm immer so imponiert hat, ist die Tatsache, dass er sich für jeden Fan Zeit nahm. Er hatte eine Engelsgeduld.“

Röhrl hatte es einmal so ausgedrückt: Es sei „eine Frage des Anstands, jedem ein ordentliches Autogramm zu geben und nicht einfach irgendwas dahin zu sudeln“. Röhrl schrieb auf alles, was ihm hingehalten wurde: auf Plakate, Modellautos, Schirmmützen, Handschuhe, Jacken.

Legendär ist die (wahre!) Geschichte, wonach ihm ein autoverrückter Vater dessen Baby hinhielt und der völlig perplexe Rallye-Pilot tat, worum er gebeten wurde: Der junge Erdenbürger bekam einen Walter-Röhrl-Schriftzug auf seine Windel. Die Menge johlte. Und Papa strahlte.

 Walter Röhrl hatte als Rallye-Pilot eine schnelle Auffassungsgabe und keinerlei Probleme, sich rasch an neue Autos zu gewöhnen. Dieses Bild zeigt Röhrl beim Eifel Rallye Festival hinter dem Steuer eines Opel Ascona.

Walter Röhrl hatte als Rallye-Pilot eine schnelle Auffassungsgabe und keinerlei Probleme, sich rasch an neue Autos zu gewöhnen. Dieses Bild zeigt Röhrl beim Eifel Rallye Festival hinter dem Steuer eines Opel Ascona.

Foto: TV/Jürgen C. Braun

Für Röhrl war kein Auto ein Fremdkörper, auch wenn er es vorher noch nie gefahren hatte. Schlömer erinnert sich: „Wir hatten einmal eine neue Wertungsprüfung, die kannte er noch nicht. Und Walter musste ja mit vielen Promis und Gewinnern immer und immer wieder eine Runde drehen. Ich habe ihm gesagt, komm wir nehmen mein Auto, dann kannst Du Dir die Wertungsprüfung ansehen.“ Beide fuhren die Prüfung in Schlöders Subaru SVX, einem Sechszylinder-Klassiker, einmal ab. „Ich habe gedacht, ich höre nicht richtig, als Walter danach gesagt hat: ,So, das reicht. Jetzt kenne ich die Prüfung.‘ Der Mann hat ein fotografisches Gedächtnis. Und er fuhr die ihm unbekannte Strecke mit Asphalt und Schotter in dem ihm ebenfalls unbekannten nicht gerade untermotorisierten Auto wie aus einem Strich. Keine einzige kleine Korrektur.“

„Ich weiß, dass ich eine besondere Gabe habe, aber das macht mich noch lange nicht zu einem besonderen Menschen“, ordnet der Ausnahmekönner am Lenkrad seinen Status ein. Viermal die ,Mutter aller Rallyes‘ in Monte Carlo in vier verschiedenen Autos mit verschiedenen Antriebssystemen zu gewinnen, ist eigentlich fast unmöglich. Nicht so bei Walter Röhrl.

Die Autofans fieberten in den 1980er Jahren dem Start über die vereisten Pisten des Col du Turini mit Röhrl entgegen wie einem nächtlichen Boxkampf von Muhammed Ali. Abertausende machten sich in Kleinbussen oder Autos, in denen sie schliefen, auf den Weg in die französischen Seealpen: Grasse, Menton, St. Raphael, ja die gesamte Haute Savoie wurden zu Wallfahrtsorten des Rallyesports.

Einmal Walter Röhrl sehen, einmal dessen Fahrkünste am Limit bewundern. Das Erlebnis „Monte“ aufsaugen. Im Blitzlichtgewitter der „Nacht der langen Messer“ am Turini ein Teil des großen Spektakels sein. Schnee auf die Strecke kippen, wenn der Asphalt den Fans zu trocken erschien. Sekundenbruchteile, die übrig blieben für tage- und nächtelange Strapazen bei Aufenthalt, An- und Abreise.

Röhrl glaubt zu wissen, woran die unglaubliche Begeisterung, die Verehrung für seine Person auch bei Menschen, die seine Kinder oder Enkel sein könnten, liegt: „Ich bin ja keine anderen Autos gefahren als sie selbst.“ Fiat, Opel, Lancia und Audi.

Mit diesen Wagen stand er im Hafen von Monte Carlo ganz oben bei der „Remise des prix“ durch Fürst Rainier. Mit ihnen war er auf den Wertungsprüfungen unterwegs – auf Schnee, Eis, Matsch, Schotter, Asphalt. Dieselben ,Kisten‘, mit denen ihr Idol an der Cote d’Azur den finnischen und französischen Assen zeigte, was eine Harke war, fuhren auch die Leute, die ihn bewunderten. Keine Ferraris, Porsches oder Lambos. Butterbrot-Autos für Dich und mich. Röhrl war als Rallyefahrer sprichwörtlich „einer von uns“.

Einen weiteren Grund für seine Verehrung über Generationen hinweg und den Respekt, der ihm entgegengebracht wird, sieht er darin, dass „ich mich immer an die Regeln gehalten habe. Ich hab nirgendwo die Sau rausgelassen. Und ich sage auch heute noch jedem Fan: Mach nix mit deinem Auto auf der Straße, was du nicht kannst und nicht verstehst“.

Zu Hause, wenn beide unterwegs sind, fährt meist seine Frau Monika. Schon aus Selbstschutz: „Stell Dir mal vor, der Röhrl kriegt ein Knöllchen, weil er in der Stadt zu schnell war. Ein gefundenes Fressen für den Boulevard.“

Auch der Schweicher Diplom-Ingenieur Albert Heinen hat seine Erfahrungen mit Röhrl zu dessen großer Zeit gemacht. Heinen bereitete bei Porsche unter anderem die Fahrzeuge des französischen Rennfahrers Bob Wollek vor und erinnert sich: „Wir bekamen eine Rennfahrerausbildung. Auf dem Versuchsgelände bei Weissach gab es eine kurze Rallyestrecke mit Schotter. Ich war ganz stolz darauf, wenn ich meine Bestzeit wieder mal um eine Zehntelsekunde verbessert hatte. Dann war ich mit Röhrl, der alle Autos selbst testete, unterwegs, und er hat meine Bestzeit beim ersten Mal leicht und locker im Gespräch um ganze zwei Sekunden gecrasht. Da glaubt man, man könne kein Auto fahren.“

Jeannot Guth vom Club „Walter-Röhrl-Fan-Lëtzebuerg“ hat mit seinen Freundinnen und Freunden immer einen Stand mit Fan-Artikeln beim ERF in Daun. Er ist stolz: „Walter war jedes Mal in Daun bei uns am Stand und hat sich viel Zeit genommen. Einfach ein herzlich guter Mensch. Nicht nur der beste Rallyefahrer aller Zeiten.“

Auch Journalisten erinnern sich gerne an ein Event, zu dem Porsche eingeladen hatte und bei dem Röhrl den Teilnehmern das Eisdriften beibringen sollte. Sein Kommentar: „Leute, macht euch nicht verrückt. Schnee ist auch nur ein Straßenbelag.“

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