TV-Serie Spochtipedia Von wegen puppenleicht!

Echternach · Schleppen, tauchen, schnell sein: Bei Wettbewerben des Rettungsschwimmens sind Kondition und Kraft gefragt.

 Rettungssportler in Aktion: einmal beim Ziehen der rund 35 Kilo schweren Puppe sowie mit dem Gurtretter im Schlepptau (Foto weiter unten).

Rettungssportler in Aktion: einmal beim Ziehen der rund 35 Kilo schweren Puppe sowie mit dem Gurtretter im Schlepptau (Foto weiter unten).

Foto: DLRG Echternacherbrück/Irrel/privat

Die orange Puppe ohne Namen macht einen so unscheinbaren Eindruck. Ihr Gesicht hat angedeutete Augen, Nase und Mund. Der Kopf sitzt auf einem Oberkörper, Arme und Beine fehlen. Alles aus vermeintlich leichtem Kunststoff. Doch der Torso hat es im wahrsten Sinne des Wortes in sich. Die Puppe lässt sich mit rund 30 Litern Wasser füllen – so wiegt sie am Ende etwa 35 Kilo, so viel wie ein nicht mehr so kleines Kind.

Beim Rettungssport spielt die Puppe eine wichtige Rolle. In vielen Wettbewerben des Rettungsschwimmens muss sie entweder durchs Wasser gezogen oder vom Boden eines Schwimmbads geborgen werden. Keine leichte Sache, gerade für die Nachwuchssportler.

 Erwin Thiex, Vorsitzender der DLRG Echternacherbrück/Irrel.  Foto: Mirko Blahak

Erwin Thiex, Vorsitzender der DLRG Echternacherbrück/Irrel. Foto: Mirko Blahak

Foto: TV/Mirko Blahak

„Wenn Jugendliche die Puppe erstmals ziehen müssen, stehen sie vor einer großen Aufgabe“, weiß Erwin Thiex (Foto: Mirko Blahak) zu berichten. Der TV traf den 50-jährigen Vorsitzenden der DLRG-Ortsgruppe Echternacherbrück/Irrel im Hallenbad Echternach. Dorthin müssen die Eifeler Rettungsschwimmer derzeit ausweichen, da das Stamm-Hallenbad in Irrel geschlossen ist.

Schleppen, tauchen, schnell sein: Bei Wettbewerben des Rettungsschwimmens sind Kondition und Kraft gefragt.
Foto: DLRG Echternacherbrück/Irrel/privat

Im benachbarten Luxemburg stehen der DLRG an diesem Samstagnachmittag zwei Bahnen zur Verfügung, in denen eifrig gekrault wird. „In den vergangenen Jahren haben sich die Wettbewerbe im Rettungsschwimmen enorm weiterentwickelt. Sie sind schneller und damit attraktiver geworden, weil der Sport irgendwann mal olympisch werden will. Deshalb wird inzwischen nur noch gekrault“, sagt Thiex.

 Die Rettungspuppe kann mit rund 30 Litern Wasser gefüllt werden und erreicht dann ein Gewicht von etwa 35 Kilo.

Die Rettungspuppe kann mit rund 30 Litern Wasser gefüllt werden und erreicht dann ein Gewicht von etwa 35 Kilo.

Foto: TV/Mirko Blahak

Die 1969 gegründete DLRG-Ortsgruppe Echternacherbrück/Irrel feiert im nächsten Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Aktuell hat sie rund 460 Mitglieder. Darunter sind 200 Aktive, die von rund 25 ehrenamtlichen Trainern betreut werden. Einer der Coaches ist Thiex. „Nicht alle Altersklassen sind quantitativ gleich gut besetzt. Weniger sind es derzeit in den Klassen der 15- und 16-Jährigen sowie der 17- und 18-Jährigen. Als sie als Anfänger hätten zum Rettungsschwimmen kommen können, war das Bad in Irrel auch schon mal geschlossen“, erläutert er.

Trotz aller Widrigkeiten feiern die Eifeler, die ihre Mitglieder aus der gesamten Region Trier rekrutieren, große Erfolge. Jüngst gelang erstmals der Gewinn eines deutschen Meistertitels (siehe Bericht rechts unten). „Das ist das Ergebnis einer jahrelangen Arbeit“, sagt Thiex, der diesen Befund näher erläutert: „Gerade in den jungen Jahrgängen sind wir sehr gut besetzt. Waren wir früher froh, pro Altersklasse vier, fünf Kinder für ein Team zu haben, können wir jetzt teilweise gleich sechs bis sieben Mannschaften bilden. Das erhöht die Leistungsstärke.“

Kraft, Kondition, Schnelligkeit und die Beherrschung der Rettungsgeräte sind gefragt, um im Rettungssport wettbewerbsfähig zu sein. Zu den Geräten zählen neben der Puppe unter anderem Wettkampfflossen und der Gurtretter. Dieser besteht aus einem Brust-Schulter-Gurt, einer Verbindungsleine und einem Auftriebskörper aus Schaumstoff. Wird ein Opfer im realen Leben im Wasser geborgen, kann es sich am Gurtretter festhalten und so vom Rettungsschwimmer an Land gezogen werden.

Im 75 Seiten umfassenden Regelwerk für Meisterschaften im Rettungsschwimmen wird eine Vielzahl an Schwimmbad-Disziplinen aufgelistet. Unterschieden wird zwischen Einzel- und Mannschaftswettkämpfen für die verschiedenen Altersklassen. Zwei Grunddisziplinen im Einzel sind Hindernisschwimmen und das Retten einer Puppe. Beim Hindernisschwimmen muss unter einem 70 Zentimeter ins Wasser hängenden Hindernis hinweggetaucht werden.  Bei den Teamwettkämpfen gibt es Hindernis-, Puppen-, Gurtretter- und Rettungs-Staffeln.

Wie kommen Kinder zum Rettungssport, der aus der Idee, dass sich trainierende Rettungsschwimmer in Wettbewerben messen, entstanden ist? Bei Thiex, der aus Echternacherbrück stammt, war die Sache damals einfach: „Es gab als Alternativen im Ort nur Schwimmen und Fußball.“ Und heute? „Über unsere Schwimmkurse und die Abnahme von Schwimmprüfungen werden Kinder an unsere Trainingsgruppen herangeführt“, sagt Thiex, der zunächst einmal nur eine Grundvoraussetzung für Interessierte nennt: „Die Kinder müssen Spaß am Schwimmen haben.“

Um an Meisterschaften teilnehmen zu können, müssen die Rettungssportler die ihrem Alter entsprechenden Schwimm- oder Rettungsschwimmprüfungen der Deutschen Prüfungsordnung besitzen – also das Jugendschwimmabzeichen oder das Rettungsschwimmabzeichen. Für die Abzeichen sind teilweise eine Menge von Vorgaben zu erfüllen. Im Vorfeld von Meisterschaften wird bei der DLRG Echternacherbrück/Irrel zwei Mal pro Woche trainiert. Die Ortsgruppe ist vor allem in den Teamwettbewerben gut. „Mannschaftliche Geschlossenheit und Zusammenhalt sind unsere Stärken“, sagt Thiex. Um Einzelstarter in die absolute Spitze zu bringen, bräuchte es insgesamt mehr Trainer und größere Trainingsumfänge, sagt der 50-Jährige, der selbst 1990 bei der deutschen Rettungssport-Meisterschaft in München teilgenommen hat.

Wer Rettungssport betreibt, kann nicht nur im Becken erfolgreich sein, sondern auch beruflich davon profitieren. Thiex: „Ein Mitglied des Teams, das bei uns vor wenigen Jahren deutscher Vizemeister wurde, absolviert im Trierer Stadtbad eine Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe.“ Andere sind im Sommer in Freibädern als Aufsichtspersonal aktiv, wiederum andere benötigen die Abzeichen für ihre Jobs im Bildungswesen.

Nach dem erstmaligen Gewinn eines deutschen Meistertitels gibt es auch WM-Träume. Die nächsten Welttitelkämpfe finden in Kürze in Australien statt – und sind damit aus logistischen und Kosten-Gründen für die Eifeler außer Reichweite. Mit einer Ausnahme: Die 18-jährige Lena Bürling aus Bollendorf macht sich mit der DLRG Kusel auf die weite Reise nach Down Under. Sie startet dort in Schwimmbad-Disziplinen, aber auch bei Wettkämpfen im und am Meer (siehe Bericht links unten). Die größten Chancen rechnet sich die Abiturientin des St.-Josef-Gymnasiums Biesdorf im Strandsprint aus. „Ich freue mich sehr auf die WM, habe aber nicht so hohe Erwartungen, da die Vorbereitung doch schwierig war“, sagt Bürling, die morgen Richtung Australien aufbricht.

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