Senioren nehmen an Weltmeisterschaft teil WM auf eigene Kosten
Torun · Am Wochenende beginnen in Polen die Senioren-Hallen- und Winterwurf-Weltmeisterschaften. Aus der Region Trier sind zehn Leichtathleten dabei. Weshalb es sich lohnt, mit über 60 den Aufwand zu treiben erzählt Wolfgang Baum.
Wolfgang Baum stand in der zurückliegenden Woche unter Stress. „Ich muss meinen Vertretern die Pläne schreiben, was sie mit den Sportgruppen und -kursen machen sollen“, erzählte der Sportlehrer beim SFG Bernkastel-Kues. Alle fünf Jahre, jeweils kurz nach seinem runden Geburtstag, gönnt sich Baum eine Teilnahme an internationalen Senioren-Meisterschaften. Der Sportbetrieb soll aber weitergehen, auch wenn er vom 26. März bis 1. April mit neun weitere Leichtathleten aus der Region Trier bei den Hallen- und Winterwurf-Weltmeisterschaften in Torun (Polen) mit mehr als 4000 Sportlern aus aller Welt um Platzierungen und Medaillen kämpft.
„So eine Welt- oder Europameisterschaft ist immer ein großer Aufwand: beruflich, familiär und auch finanziell“, sagt Baum. Die Senioren müssen alle Kosten selbst tragen - bis hin zum Nationaltrikot. Baum fährt zusammen mit seinen Vereinskollegen Maria Johannes und Jürgen Weis mit dem Auto nach Polen. Rund 1200 Kilometer mit einer Übernachtung in Thüringen. „Das ist günstiger als zu fliegen!“
Weshalb dieser Aufwand? Für Wolfgang Baum ist es die Fortführung seines sportlichen Lebensstils. „Schon das Training allein hält jung. Ich bin von klein auf bei Wettkämpfen. Es macht einfach Spaß, sich mit anderen zu messen“, sagt er. Mit manchen Konkurrenten sind im Laufe der Zeit Freundschaften entstanden. So wie mit der österreichischen Hammerwurf-Ikone Gottfried Gassenhauer. „Das ist einfach ein netter Bursche“, sagt Baum.
Der Ehrgeiz sei bei vielen Senioren-WM-Teilnehmern sehr groß. „Bei mir hält sich das in Grenzen“, betont Baum und erklärt: „Ich war schon im Aktivenalter verhältnismäßig erfolgreich.“ Wöchentlich vier Trainingseinheiten von gut einer Stunde müssen reichen. Vor allem gesund bleiben, Spaß am Sport und auch am Wettkampf haben will der Vater zweier (sportlicher) Töchter. Dass auch im Seniorensport immer wieder Sportler dopen, kann Baum nicht nachvollziehen.
Für ihn wie schon für seine Eltern gehört Sport zum Leben. Aufgewachsen sei er in Turnhallen und auf Sportplätzen. Mutter Christa war Kunstturnerin. Sein Vater brachte sie und auch den Sohn zur Leichtathletik und zum Rasenkraftsport. Wolfgang Baum war immer vielseitig und auch ein guter Läufer. Zu Beginn der 1990iger-Jahre belegte er im Fünfkampf den vierten Platz in der deutschen Jahresbestenliste.
Als die Familie 1977 aus dem Schwarzwald an die Mosel zog, ging der Teenager zum „Hammerwurf-Professor“ Ernst Klement beim TV Germania Trier in die Lehre. „Ich war eine unmögliche Kombination aus Läufer und Hammerwerfer“, erinnerte sich Baum vor ein paar Jahren. Seine Wurftechnik war (und ist) gut. Sein Manko: Baum blieb drahtig und wuchs nicht so, wie beispielsweise der gleichaltrige Heinz Weis. Während der Leiwener Hammerwurf-Weltmeister wurde (1997), wurde Baum zum Zehnkämpfer. Mit seiner persönlichen Bestleistung von 6860 Punkten hielt er 1987 den Bezirksrekord. Für zwei Wochen, dann übertraf Christoph Müller von der LG Vulkaneifel als bisher Einziger der Region die 7000-Punkte-Marke (7029).
Die Mehrkampfspikes musste Baum vor einigen Jahren an den Nagel hängen. Sprung- und Sprintbelastungen schlugen zu sehr auf die Knie. Seitdem konzentriert er sich auf die Wurfdisziplinen. Das Angenehme: Alle zehn Jahre werden die Wurfgewichte geringer. „Der Diskus fliegt fast so weit wie früher“, sagt Baum lachend. Statt mit der Zwei-Kilo-Scheibe wie als junger Mann muss der 60-Jährige nur noch ein Kilogramm schleudern. Der Hammer wiegt nur noch fünf statt 7,26 Kilogramm, der Speer 600 statt 800 Gramm. Aber man muss sich an die Flugeigenschaften der leichteren Geräte gewöhnen, gibt Baum zu bedenken.
Was kann er bei der Senioren-WM erreichen? Endkampf-Platzierung, also unter die besten Acht kommen, ist im Diskus-, Hammer- und Gewichtwurf Baums Ziel. „Von den Meldeleistungen her bin ich oft Zehnter oder Elfter. Ich hoffe, dass ich den ein oder anderen übertreffen kann.“ Und dann bei den Europameisterschaften im Sommer durchstarten? Für Baum kein Thema. Nach der WM haben seine Schützlinge beim SFG Bernkastel-Kues und deren Wettkampfbetreuung Priorität. Es reicht, wenn er den Mädchen und Jungen ab und zu vorlebt, dass es wichtig ist, sich Ziele zu setzen.
Der EM-Verzicht fällt Baum nicht schwer. „Als Trainer bekommt man so viel zurück“, betont er. Gerührt war er, als rund 100 Familien von jungen Sportlern ihm zum 60. Geburtstag mit einem Fotoalbum und einem iPad überraschten. „Das hat mich riesig gefreut!“ Auch ganz praktisch. Mit dem Tablet erstellt Baum nun Video-Bewegungsanalysen seiner Schützlinge.