Interview Ernährungswissenschaftler Uwe Schröder Die Banane – ein optimaler Sport-Snack?

Trier · Zweiter Teil unseres Reports zur Ernährung im Sport: Der Experte klärt über Kreatin-Präparate, Magnesiumtabletten und Sportler-Drinks auf. Und er sagt, warum der Griff zum Obst mit der gelben Schale Vor- und Nachteile hat. Außerdem: Tipps für Vegetarier und Veganer.

Beim Sporttreiben schnell mal eine Banane zwischendurch zur Stärkung – darauf schwören viele Freizeit- und Profisportler. Aber ist das auch wirklich sinnvoll? 

Beim Sporttreiben schnell mal eine Banane zwischendurch zur Stärkung – darauf schwören viele Freizeit- und Profisportler. Aber ist das auch wirklich sinnvoll? 

Foto: TV/Mirko Blahak

Kreatin gibt es als Kapseln und Pulver zu kaufen. Es gilt als ein Mittel zur Steigerung der Maximalkraft sowie der Muskelschnellkraft. Kann man das so pauschal sagen?

Schröder: Kreatin ist ein körpereigener Stoff, der aus drei verschiedenen Aminosäuren gebildet wird. Es ist das am besten untersuchte Nahrungsergänzungsmittel. Kreatin kann die Muskelkraft und -leistung verbessern, aber nur in Kombination mit regelmäßigem Training! Es führt dazu, dass effektiver, nachhaltiger und länger trainiert werden kann – und es durch diese vermehrten Trainingsreize zu einer größeren Adaptation, sprich zu mehr Muskelkraft kommt.

Reicht das im Körper gebildete Kreatin für Sportler nicht aus?

Schröder: Kreatin ist eine Substanz, die jeder Mensch in jeder Zelle als universellen Energielieferanten vorliegen hat. Der Körper produziert die für normale Aktivitäten notwendigen Kreatinmengen selbst. Bei sehr hoher Aktivität und auch bei nachlassender eigener Produktion mit zunehmendem Alter werden aber keine optimalen körpereigenen Kreatinmengen mehr erreicht. Ein bis zwei Gramm werden vom Körper selbst produziert, der Rest ist über die Nahrung aufzunehmen. Kreatin ist in Fleisch und Fisch enthalten (circa 0,5 Gramm Kreatin pro 100 Gramm). Veganer nehmen faktisch kein Kreatin mit der Nahrung auf und müssen das benötigte Kreatin im Körper selbst vollständig produzieren.

Die Zufuhrempfehlung liegt bei 0,03 bis 0,1 Gramm Kreatin pro Kilogramm Körpergewicht. Es sollte auf Kreatin Monohydrat aus deutscher Produktion geachtet werden.

Und die Wirksamkeit wurde offiziell bestätigt?

Schröder: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat Kreatin als einem von sehr wenigen Nahrungsergänzungsmitteln einen sogenannten ,Healthclaim‘ – eine zugelassene und für die Kommunikation erlaubte Wirkaussage – zugesprochen. Damit ist offiziell bestätigt, dass die Einnahme von Kreatin die Leistungsfähigkeit bei Personen mit hochintensivem Training beziehungsweise hochintensiven körperlichen Belastungen unterstützt.

In den Sportarten, bei denen regelmäßig hochintensive Belastungen abgerufen werden müssen – wie im Fitnessbereich, im Spielsport, beim alpinen Skisport oder beim Rudern – ist Kreatin eine sichere, einfache und mit wenig Nebenwirkungen behaftete Nahrungsergänzung.

Es hat sich gezeigt, dass besonders Freizeit- und Breitensportler sowie Senioren von einer Kreatinergänzung profitieren. Denn bei ihnen ist ein gegenüber Leistungssportlern deutlich niedrigerer Muskelkreatinanteil vorhanden, der durch die zusätzliche Aufnahme über Nahrungsergänzungsmittel deutlich erhöht werden kann.

Sehr populär im Sport sind Magnesiumtabletten, um Muskelkrämpfe zu vermeiden oder zu lindern. Ist dieser Zusammenhang belegt? Und auf was sollte ich bei der Einnahme von Magnesium-Produkten achten?

Schröder: Besteht ein nachgewiesenes Magnesiumdefizit beziehungsweise ein effektiver Magnesiummangel, kann es tatsächlich vermehrt zu Muskelkrämpfen kommen. Ob ein solcher Mangel vorliegt, kann nur mit einer umfangreichen Labordiagnostik, bei der auch das intrazelluläre Magnesium bestimmt wird, ermittelt werden.

Viele direkt beim Sport auftretenden Krämpfe haben aber andere Ursachen. Man schätzt, dass maximal ein Drittel aller direkt beim Sport auftretenden Krämpfe Magnesiummangel-Krämpfe sind. Ein Wasserdefizit, eine ,Hyponatriämie‘ – also eine Unterversorgung mit Kochsalz durch große Schweißmengen – und eine zu geringe Kohlenhydrataufnahme oder sehr hohe Außentemperaturen können leicht zu Muskelkrämpfen führen und stellen weit häufiger die Ursache für sportbedingte Muskelkrämpfe dar.

Was empfehlen Sie?

Schröder: Das Deutsche Institut für Sporternährung empfiehlt, Schweißverluste regelmäßig mit einem Mineralwasser, das sowohl Kalzium als auch Magnesium in relevanten Mengen enthält (Magnesium mindestens 100 mg pro Liter), wieder auszugleichen. Das Magnesium in einem Mineralwasser ist gut bioverfügbar und gerade für Freizeit- und Breitensportler ideal, da es auf diesem Weg kalorienfrei zur Verfügung steht.

Magnesiumpräparate sind empfehlenswert, wenn ein ärztlich diagnostizierter Magnesiummangel besteht. Prophylaktisch sollte Magnesium mit nicht mehr als 350 Milligramm pro Tag zusätzlich aufgenommen werden. Viel hilft nicht viel.

Groß ist auch das Angebot von Fitness- und Sportler-Drinks. Was sollten sie sinnvollerweise enthalten?

Schröder: Welches Sportgetränk wann sinnvollerweise konsumiert wird, hängt von der Zielsetzung, der Dauer und der Intensität der sportlichen Aktivität ab. Ab 45 Minuten intensiver sportlicher Belastung, zum Beispiel beim Fußball, beim Mountainbiken, beim Halbmarathon oder bei sogenannten High-Intensity Kursen (HIIT) im Studio sind Sportgetränke mit schnell verfügbaren Kohlenhydraten (Zucker) sowie mit einem relevanten Natrium-, sprich Salzanteil sinnvoll.

Ist die Zielsetzung des Trainings Fettstoffwechsel-orientiert – das heißt, mit kontrollierter niedriger Intensität und einer Dauer von deutlich über 45 Minuten – sollte auf den Kohlenhydratanteil im Getränk verzichtet werden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit schreibt vor, dass Getränke, die zur Unterstützung der sportlichen Leistungsfähigkeit ausgelobt werden, glykämische Kohlenhydrate von ungefähr 60 bis 80 g pro Liter sowie einen Kochsalzanteil von etwa einem bis 1,5 Gramm pro Liter zu enthalten haben.

Generell gilt: Sport-Drinks, die viele Süßstoffe enthalten, nicht regelmäßig in zu großen Mengen trinken, da sie die Darmmikrobiota negativ beeinflussen können.

Wie kann ich mir am einfachsten selbst einen Drink mischen?

Schröder: Selbstgemischte Saftschorlen sollten zum Beispiel aus einem Teil Fruchtsaft (etwa je zur Hälfte Apfel- und Traubensaft) und zwei Teilen Wasser bestehen und immer auch eine Messerspitze Salz pro Liter enthalten, denn weder Saft noch Leitungswasser liefern die benötigten, relevanten Natriummengen.

Der Kohlenhydratanteil kann je nach zu erwartender konsumierter Trinkmenge beim Sport, die meistens abhängig ist von den Umgebungsfaktoren wie Luftfeuchtigkeit und Temperatur, variiert werden. Auch zur schnellstmöglichen Regeneration nach intensiven Aktivitäten sind kohlenhydrathaltige Getränke sehr gut geeignet. In der Regeneration kann auch das alkoholfreie Bier durch seinen Kaliumanteil und den Gehalt an Vitamin B12 und Folsäure herausragende Dienste leisten.

Als optimaler Sport-Snack gilt die Banane. Was macht das ,krumme Ding‘ so wertvoll?

Schröder: Vollreife Bananen enthalten viele schnell verfügbare Kohlenhydrate sowie Magnesium und Kalium. In dieser Form ist sie nach einem ausdauernden Training ideal als schneller Energielieferant, um die Kohlenhydrat-Speicher wieder aufzufüllen – aber auch sinnvoll vor einem kurzen, intensiven Training. Aber es ist auch Vorsicht geboten: Bananen mit grünen Stellen enthalten resistente Stärke, die das Risiko von Magen-Darm-Problemen beim Sport vergrößert. Und der hohe Anteil von Einfachzuckern (Glucose, Fructose) und Fruchtsäuren einer Banane, die bereits braune Stellen aufweist, kann zu einer Wasserbindung im Darm und damit zu Darmproblemen beim Sport führen.

Viele wertvolle Inhaltsstoffe können Sportler über das Essen von Fisch und Fleisch abdecken. Deshalb: Gibt’s in puncto Nahrungsergänzungsmittel andere Voraussetzungen für Vegetarier und Veganer?

Schröder: Vegetarier und vor allem Veganer haben eher einen Mangel an Vitamin D, B12, Eisen und Zink. Wie beschrieben kann Kreatin sinnvoll sein, da dies nicht in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten ist. Ansonsten gilt das gleiche: Wer einen Mangel hat, kann/sollte substituieren.

Veganer müssen in jedem Fall Vi­tamin B 12 substituieren, das gilt aber unabhängig von der sportlichen Aktivität. Da über den Schweiß und bei hoher Intensität auch über den Urin vermehrt Zink ausgeschieden wird, dieses aber leicht verfügbar in höherer Dosierung überwiegend in tierischen Lebensmitteln enthalten ist, ist eine Zink-Unterversorgung bei regelmäßig sporttreibenden Veganern oft anzutreffen.

Auch Eisen muss im Leistungssport sehr oft substituiert werden, da pflanzliches Eisen schlechter verfügbar ist und pflanzliche Lebensmittel meist nur wenig Eisen enthalten. Beim Vitamin D besteht genauso wie bei Fleisch essenden Sportlern die Notwendigkeit zur Substitution im Winter, bei Hallensportarten meist auch in den Sommermonaten.

Bei Kindern und Jugendlichen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, ist beim Sport zudem auf eine ausreichende Calciumversorgung zu achten. Hier empfehlen sich Calcium-haltige Mineralwässer, ideal mit mindestens 200 mg Calcium pro Liter und einem Calcium-Magnesium-Verhältnis von zwei zu eins.

Was bleibt als Fazit: Sind Nahrungsergänzungsmittel beim Sport notwendig und leistungssteigernd?

Schröder: Einige Nahrungsergänzungsmittel wie Kreatin und Beta-Alanin können nachgewiesenermaßen die Leistungsfähigkeit zielgerichtet unterstützen und sind über Lebensmittel in den notwendigen Dosierungen nicht zuzuführen. Wichtig ist, dass das Nahrungsergänzungsmittel zur Sportart, zum Umfang und zur Intensität sowie zur individuellen sportlichen Zielsetzung passt.

Ob die Einnahme notwendig ist, liegt in der Verantwortung jedes Athleten beziehungsweise der betreuenden Personen, Trainer und Übungsleiter. Die Frage der Notwendigkeit habe ich als Ernährungscoach nicht zu beantworten. Man könnte auch fragen: Ist es notwendig, ein Auto mit 200 PS zu fahren oder reichen nicht auch 100 PS? Mich stört im Ernährungsbereich das Wort ,notwendig‘. Wer entscheidet das?

Wie meinen Sie das?

Schröder: Jede Person hat das Recht auf eine individuelle sportliche Zielsetzung und einen eigenen, den individuellen Lebensstilen entsprechenden Weg. Wenn dieses Ziel darin liegt, die individuelle maximale Leistungsfähigkeit anzustreben, dann können Kreatin, Hydrogencarbonat, Gels im Ausdauer- und Spielsport, ein Sportgetränk oder ein Eiweiß-/Regenerationshake ,notwendig‘ sein.

Ich kann mit normalen Straßenschuhen joggen gehen. Ideal ist es aber nicht. Ähnlich verhält es sich bei den Lebensmitteln beziehungsweise Nahrungsergänzungen. Mit einigen, passenden Nahrungsergänzungsmitteln können individuelle Zielsetzungen sicherer, leichter und nachhaltiger erreicht werden. Ob das im Tennisclub notwendig ist, wenn ich mich von Platz 38 der Rangliste auf Platz 35 verbessern möchte, sei dahingestellt.

Notwendig wird eine Nahrungsergänzung, wenn die Aufnahme lebensnotwendiger Nährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und sekundärer Pflanzenstoffe über die regelmäßige Lebensmittelauswahl nicht gesichert ist.

Daher sei allen Sportlern, die zielorientiert ihre individuelle maximale Leistungsfähigkeit anstreben, empfohlen, sich von entsprechenden Fachpersonen hinsichtlich des sinnvollen Einsatzes geeigneter Nahrungsergänzungsmittel beraten zu lassen und über entsprechende Labordiagnostik potenzielle Defizite festzustellen.

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