Etappensieger Bob Jungels aus Luxemburg „Ich danke allen, die an mich geglaubt haben“
Morzine · Tour de France: Nach seinem jüngsten Coup will der 29-Jährige seine schweren letzten Jahre endgültig hinter sich lassen.
Dass ein Luxemburger Radprofi eine Etappe der Tour de France gewinnt, kommt nicht so oft vor. Bob Jungels ist es zuletzt mal wieder gelungen – und das trotz widriger Umstände, denen er im Vorfeld zu trotzen hatte. Dabei besteht der Radsport im Großherzogtum aus weit mehr als nur dem „ewigen Charly Gaul“ sowie den Schleck-Brüdern Fränck und Andy. Und auf deren Erfolgen liegt ja mittlerweile auch mehr als nur ein leicht gräulicher Schatten.
Zu Zeiten der Drei-Nationen-Meisterschaft, die immer abwechselnd in Luxemburg, Deutschland und der Schweiz ausgetragen wurde, waren die Profis aus dem Großherzogtum nicht etwa bloßes Anhängsel, weil es in deren Heimat vermeintlich nicht genügend professionelle Pedaleure für ein eigenes Championat gegeben hat. Oft genug standen Profis, meist aus dem südlichen Landesteil bei Esch/Alzette, bei der Siegerehrung auf dem Treppchen ganz oben oder zumindest auf dem Podium. Denn der Radsport hat auf der anderen Seite von Mosel, Sauer und Our seit jeher einen guten Klang und eine hohe Reputation.
Und dennoch: Für einen Radsport-Profi ist der Titel des Luxemburger Landesmeisters ganz bestimmt nicht die Erfüllung eines Lebenstraums. Auch nicht für den vierfachen nationalen Titelträger Bob Jungels, der am Sonntag seinen ersten Tagessieg bei der Tour de France feiern durfte. Der bis dato letzte Einzelerfolg des 29-Jährigen in Diensten des Teams AG2R Citroën datierte aus dem Jahr 2019, als er das belgische Kriterium Kuurne-Brüssel-Kuurne für sich entscheiden konnte.
Es folgte eine Zeit voller Probleme mit körperlichen Schmerzen und Selbstzweifeln. Die hofft Luxemburgs Sportler des Jahres 2018 jetzt in seiner Debüt-Saison bei AG2R Citroën hinter sich lassen zu können.
Das UCI-Worldteam hat sich viel von der Verpflichtung des Junioren-Zeitfahrweltmeisters 2010 versprochen. Doch dessen Ergebnisse bei den Frühjahresklassikern waren ernüchternd: 27. bei Paris - Nizza. 59. bei der Katalonien-Rundfahrt. Beide Male spielte Jungels keine Rolle. „Eine Rückenverletzung hatte mich behindert“, gab seine Equipe nachträglich zu Protokoll.
Sein Arbeitgeber schickte ihn nach dem spanischen Worldtour-Rennen zu Spezialisten, um sich untersuchen zu lassen. Was offensichtlich gefruchtet hat. „Inzwischen habe ich auch meine Sitzposition auf dem Rad geändert sowie Schuhe und Stollen gewechselt. Im Trainingslager auf Mallorca ist es danach gut gelaufen“, sagte Jungels dem Branchen-Magazin radsport-news.com. Nach ansprechenden Resultaten im späten Frühjahr beim ,flèche brabant‘, beim Amstel Gold Race und beim Klassiker Lüttich - Bastogne - Lüttich, den er 2018 gewonnen hatte, war der neue AG2R-Pilot wieder vorne mit dabei.
Vielen Leuten, sagte der Mann aus Mersch am Sonntag nach der Siegerehrung bei der Tour, sei er sehr denkbar, weil sie „in den letzten Jahren immer an mich geglaubt haben“.
Dass Jungels überhaupt an der Tour de France teilnimmt, stand bis kurz vor dem Start in Kopenhagen noch nicht fest. Ein PCR-Test hatte ein positives Corona-Ergebnis hervorgebracht. Da aber nach der neuen UCI-Regelung die ausgewiesene Viruslast zu gering war und er für eine Ansteckung Dritter kaum infrage käme, durfte der Luxemburger Meister in Dänemark ins Trikot schlüpfen.