Kampfsport Rollende Eulen beim menschlichen Schach

TRIER · Rund 30 Männer und Frauen widmen sich unter dem Dach des Polizei-SV Trier dem Brazilian Ju-Jutsu und trainieren bis zu fünfmal pro Woche Griffe und Würgetechniken.

 Unter dem Dach des Polizei-SV gibt es einen neuen Kampfsport in Trier: Brazilian Ju Jutsu. Im Bild: die „No-Gi“-Variante ohne traditionellen Kampfanzug Gi.

Unter dem Dach des Polizei-SV gibt es einen neuen Kampfsport in Trier: Brazilian Ju Jutsu. Im Bild: die „No-Gi“-Variante ohne traditionellen Kampfanzug Gi.

Foto: TV/Björn Pazen

Der Polizei-Sportverein (PSV) Trier hat eine lange Tradition in Sachen Kampfsport. PSV-Aktive sind seit vielen Jahrzehnten erfolgreich in Boxen, Judo, Karate und Ju-Jutsu. Nun hat eine weitere Kampfsportart ihre „Heimat“ unter dem Dach des PSV bekommen, die just auch Teil der Sportausbildung bei Polizisten ist und die auch viele Polizeibeamte privat betreiben: Brazilian Ju-Jutsu (BJJ). Die Ursprünge dieser Sportart kommen aus dem Judo, sie gehört aber zum Ju-Jutsu-Verband. Wie der Name schon sagt, liegen die Wurzeln in Brasilien, zwei Brüder haben BJJ erfunden, um einerseits im Straßenkampf zu bestehen und andererseits Wettkampfsport zu betreiben.

Von Straßenkämpfen sind Marco Raphael, Daniel Sieger und ihre rund 30 Mitstreiter des BJJ-Ablegers in Trier weit entfernt. Ursprünglich waren sie seit 2014 in den Hochschulsport eingegliedert, mangels Hallenkapazitäten mussten sie jedoch umziehen und trainieren nun viermal die Woche in der Halle des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums und dienstags im Sportzentrum Tarforst. „Wir wollten auch in Corona-Zeiten unseren Kampfsport betreiben und haben oft zu zweit auf 1,5 Quadratmetern unter dem Dachboden trainiert, weil dies in der Gruppe als Kontaktsport nicht möglich war. Nun sind wir froh, dass wir eine neue Heimat haben, in kurzer Zeit ist unsere Gruppe nun enorm gewachsen“, sagt Daniel Sieger, neben Marco Raphael einer der BJJ-Trainer in Trier. Die FWG-Halle ist ideal, denn dort konnte man die Hallenzeiten der Kinder-Ju-Jutsu-Gruppe übernehmen, zudem ist die zum Training nötige große Judo-Matte vorhanden.

Über soziale Medien fanden sich schnell viele Mitstreiter, die ihre Wurzeln teilweise in anderen Kampfsportarten wie dem Mixed Martial Arts (MMA) oder Judo und Ju-Jutsu hatten. Trainiert wird entweder im Gi, dem traditionellen Judo-Kampfanzug, oder „No-Gi“ – das heißt in eng anliegender Trainingskleidung. „Beide Varianten beinhalten unterschiedliche Griffe und unterschiedliche Techniken“, sagt Raphael.

Und darauf kommt es beim BJJ vor allem an - im Training wird detailliert vor allem an Techniken gefeilt, vorrangig im Bodenkampf. „Wer einen Kampf gewinnen will, muss nicht größer und stärker als sein Konkurrent sein. Das ist alles eine Sache der Technik“, sagt Raphael. Im Wettkampfsport gibt es Punkte ähnlich wie beim Judo, Hauptziel ist aber die Aufgabe des Gegners, wenn er sich aus seiner Lage nicht mehr befreien oder wehren kann. Geschlagen und getreten wird beim BJJ eher nicht, BJJ beinhaltet wie MMA Techniken aus dem Judo. Judo-Jutsu - dem Sambo, der russischen Judo-Variante, oder dem Ringen.

 Trainer Marco Raphael erläutert  Techniken, sein Sparringspartner ist Damian Urban, der bald bei der Deutschen Meisterschaft kämpft.

Trainer Marco Raphael erläutert  Techniken, sein Sparringspartner ist Damian Urban, der bald bei der Deutschen Meisterschaft kämpft.

Foto: TV/Björn Pazen

In der Region ist BJJ vor allem in Wittlich zuhause, beim PSV Wengerohr gibt es diese Abteilung schon länger, dort ist auch Juan de la Fuente Trainer - und er hat als übergeordnete BJJ-Gruppe die „Grappling Pandas“ gegründet - und zu dieser Gruppe zählen auch die Trierer, die als „Rolling Owls“ (rollende Eulen) firmieren. In Trier trainieren Männer und Frauen gemeinsam, ab einem Alter von 14 Jahren können sich Jugendliche den „Eulen“ anschließen, geplant ist, künftig eine Kindertrainingsgruppe anzubieten.

Vor allem Würgegriffe und Gelenkhebel kommen zum Einsatz, dennoch sei die Verletzungsgefahr beim BJJ deutlich niedriger als zum Beispiel beim Judo, sagt Marco Raphael. In Wettkämpfen dauern die Kämpfe je nach Klasse zwischen fünf und zehn Minuten, können aber bei der richtigen Technik schon schnell beendet sein. „In der Regel ist jeder Kämpfer auf einen Sieg durch Aufgabe aus, nicht auf einen Punktsieg, das ist eigentlich verpönt“, sagt Raphael, der ansonsten auch MMA-Kämpfer ist.

 Auch wenn beim BJJ Bodenkampf entscheidend ist, wird auch stehend gekämpft.

Auch wenn beim BJJ Bodenkampf entscheidend ist, wird auch stehend gekämpft.

Foto: TV/Björn Pazen

Immer wieder geht er im Techniktraining zu den einzelnen, nach Gewicht zusammengestellten Sparringspaaren, korrigiert die Technik und die Ausführung der Hebel. In immer neuen Positionen und Konstellationen wird geübt, es fließt Schweiß. „BJJ ist auch für die Fitness super, speziell für solche Sportler, die keine Wettkämpfe bestreiten wollen“, sagt der Trainer.

Wenn man die konzentriert trainierenden Kämpfer sieht, die sich nur Zentimeter um Zentimeter bewegen, um ihre Griffe immer und immer anzusetzen, versteht man, warum Brazilian Ju-Jutsu auch „human chess“, menschliches Schach, genannt wird. „Das Gute an BJJ ist, dass man diesen Sport bis ins hohe Alter betreiben kann, denn die Technik ist der König – und die ist eine Sache der Erfahrung und des immer wieder Wiederholens“, betont Raphael.

Dessen erfolgreichster Kämpfer ist im Training auch oft der Sparringspartner des Trainers: Damian Urban, der Ende März die „Rolling Owls“ und „Grappling Pandas“ bei den deutschen Meisterschaften im hessischen Maintal vertreten wird.

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