Trauer um „Poschi“ Zum Tod von Wolf-Dieter Poschmann: Die Stimme des Silvesterlaufs ist verstummt

Trier · Wenige Wochen nach seinem 70. Geburtstag ist Wolf-Dieter Poschmann nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben. Den Trierer Silvesterlauf hat er jahrzehntelang als Moderator geprägt.

 Er war der Mister Leichtathletik des deutschen Fernsehens: Wolf-Dieter Poschmann ist mit 70 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben.

Er war der Mister Leichtathletik des deutschen Fernsehens: Wolf-Dieter Poschmann ist mit 70 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben.

Foto: dpa/Soeren Stache

Der Vorstand des Vereins Silvesterlauf Trier rollte gerade die Banden des ersten Trierer Frauenlaufs vom Vortag zusammen, als am späten Montagnachmittag die traurige Eilmeldung auf dem Smartphone-Display die Arbeit unterbrach: Wolf-Dieter Poschmann, Poschi, wie er meist nur genannt wurde, ist tot. Die Stimme des Silvesterlaufs ist verstummt. Ein Schock: Nie wieder wird der gebürtige Kölner, der in Mainz lebte, mit seiner unverwechselhaften Art und seinem Humor Spitzensportler genauso wie Hobbyläufer, den jüngsten Bambino wie den ältesten Senior ankündigen und interviewen. Bereits am vergangenen Freitag verstarb Poschmann nach kurzer, schwerer Krankheit, teilte das ZDF mit. Jahrzehntelang prägte er dort die Sportberichterstattung. Nach dem ersten Staatsexamen in Deutsch und Geschichte ging er 1986 zum Fernsehen statt ins Klassenzimmer.

„Über 30 Jahre war er eines der prägenden Gesichter und eine der einprägsamen Stimmen vieler Sportsendungen im Zweiten“, würdigte ZDF-Chefredakteur Peter Frey am Montag Poschmann. Der FC Bayern twitterte: „Der FC Bayern trauert um Wolf-Dieter Poschmann, eine große Persönlichkeit des deutschen Sportjournalismus.“

Poschmann beim ZDF: 230 Sendungen „Aktuelles Sportstudio“

Poschmann gehörte über Jahrzehnte zur Stammbesetzung des ZDF bei Großereignissen wie Olympischen Spielen, Fußball-Welt- und -Europameisterschaften sowie Leichtathletik-Events. Bekannt wurde er vor allem als Moderator des „Aktuellen Sportstudios“. Von 1994 bis 2011 führte er 230 Mal durch den Fernsehklassiker. Ursprünglich wollte Poschmann Fußball-Profi werden. Als sich abzeichnete, dass sich dieser Wunsch nicht erfüllen würde, begann er mit der Leichtathletik – mit Erfolg. Über die Mittelstrecke zählte er zur erweiterten nationalen Elite.

1995 wurde Poschmann auf den Posten des Sportchefs berufen. Diesen musste er 2005 abgeben. Dies wurde mit der notwendigen Trennung von administrativen und journalistischen Aufgaben begründet. Er übernahm die Aufgaben als Sport-Chefreporter und blieb präsent. Poschmann war kritisch und eckte auch immer wieder gern an. Kurz vor dem Ende seiner Fernsehzeit sorgte er noch einmal für Aufsehen in den sozialen Medien, als er im Studio ein ZDF-Spezial anlässlich des Rücktritts des damaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach barfuß moderierte.

Wolf-Dieter Poschmann gehörte zum Silvesterlauf in Trier dazu

In eine Art „Aktuelles Sportstudio“ verwandelte Poschi den Trierer Hauptmarkt jahrzehntelang am Silvesternachmittag. „Er hat über drei Jahrzehnte den Silvesterlauf als Chef-Moderator geprägt und war darüber hinaus ein bedeutsamer Botschafter für die Stadt Trier und den Verein“, sagt Hans Tilly. Sein Vorstandskollege Norbert Ruschel war in den 1980er Jahren noch gegen den erfolgreichen Läufer (unter anderem Deutscher Vizemeister Marathon 1973) auf der Laufbahn angetreten. „Mit seiner humorvollen Art und seinem Insiderwissen aus der Leichtathletik hat er Jahr für Jahr Tausende von Zuschauern in Trier begeistert. Seine Interviews mit den jüngsten Teilnehmern bleiben unvergessen“, sagt der 56 Jahre alte Grundschullehrer.

1991 lief Poschmann selbst beim Trierer Silvesterlauf mit. Bei der Crosslauf-Weltmeisterschaft im folgenden Frühjahr sprach Silvesterlauf-Mitbegründer Berthold Mertes ihn an, ob er Lust habe, das Event mit zu moderieren. Und Poschi hatte. Egal wie das Wetter war, wie vereist oder verschneit bei der Anreise aus Mainz die Hunsrückhöhenstraße und wie eisig nach einem Nachmittag auf dem winterlichen Hauptmarkt seine Füße waren: Er stand mit dem Mikrofon in der Hand auf dem Hauptmarkt. „Wenn ich an den Silvesterlauf denke, dann an liebgewonnene Rituale, vor allem aber an die Menschen, die diesen einst kleinen, feinen Lauf zu einer europäischen Spitzenveranstaltung entwickelt haben, ohne ihr den speziellen, typischen Charme, diese einzigartige Atmosphäre genommen zu haben“, schrieb Poschmann in seinem Beitrag zur 30-Jahre-Chronik.

 Volksnah, eloquent und bestens informiert: So präsentierte sich Wolf-Dieter Poschmann Jahr für Jahr beim Trierer Silvesterlauf.

Volksnah, eloquent und bestens informiert: So präsentierte sich Wolf-Dieter Poschmann Jahr für Jahr beim Trierer Silvesterlauf.

Foto: Holger Teusch

Veranstaltungen in Trier waren für „Poschi“ mehr als ein Job

Wie bei den anderen Veranstaltungen in der Region, die er moderierte, das Bitburger Abendsportfest, Stabhochspringen vor der Porta Nigra oder auf dem Bedaplatz in Bitburg, das Flutlichtsportfest im Trierer Moselstadion, Poschi war mit Herzblut dabei. Es war immer mehr als ein Job.

Ein Silvesterlauf ohne ihn scheint unvorstellbar. „Für mich war Poschi mehr als ein Kollege, anfangs Vorbild als Journalist, später Freund. In Trier wird manche Träne fließen“, erklärt Mertes. Die Utopie, die er in der Silvesterlauf-Chronik gesponnen hatte, kann nun keine Wirklichkeit mehr werden: Beim 60. Silvesterlauf moderiert Poschmann mit 98 Jahren zwar nicht mehr, ist aber am letzten Tag des Jahres weiterhin imaginärer Stammgast in Trier. Auf seinem Ehrenplatz in der Kofferecke, mit dem besten Blick auf das bunte Treiben auf dem Hauptmarkt.

Erstellt mit Material der dpa

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