Radsport Trierer Radprofi Miguel Heidemann muss Gang zurückschalten

Trier · Weil sich sein Team aufgelöst hat, stand der 25-Jährige plötzlich ohne Rennstall da. Auf den letzten Drücker ist er nun doch noch unterkommen – bei einem ,alten‘ Bekannten.

 Miguel Heidemann.

Miguel Heidemann.

Foto: Felix Homann

Solch ein ,Weihnachtsgeschenk‘ braucht niemand. Am 22. Dezember des vergangenen Jahres bekam der in Trier geborene Radrennfahrer Miguel Heidemann die Entlassung mitgeteilt. Es war das unvermeidbare Aus bei seinem französischen Profirennstall B&B Hotels-KTM, nachdem sich bereits Anfang Dezember die Auflösung des Teams abgezeichnet hatte. „Es war ein harter Schlag. Ich hatte gehofft, den Weg im Profiradsport weiterzugehen und hatte mich schon sehr auf mein zweites Vertragsjahr im Rennstall gefreut“, sagt Heidemann im TV-Gespräch. Doch es kam anders. „Das Teammanagement wollte den Hauptsponsor wechseln, das ist gescheitert“, erläutert der 25-Jährige, der in Hockweiler im Kreis Trier-Saarburg aufgewachsen ist, die finanziellen Hintergründe des Rückzugs der Equipe.

Bange Wochen begannen. Wie geht’s weiter? Und wo? „Es war eine mega-anstrengende Zeit. Ich wollte noch bei einem Team der höchsten oder zweithöchsten Kategorie unterkommen. Es gab auch gute Gespräche, aber viele Aufgebote waren schon voll“, berichtet Heidemann, der im Jahr 2022 Sechster im Straßenrennen der Deutschen Meisterschaft geworden war und zudem bei der EM und WM teilgenommen hat.

Der ehemalige Fahrer des RV Schwalbe Trier hielt sich fit, verbunden mit der täglichen Hoffnung auf einen doch noch positiven Anruf.

Immerhin: Heidemann hat für die nun begonnene Saison 2023 noch einen Rennstall gefunden. Zwar kein Worldtour- (höchste Kategorie im Profi-Radsport) und kein Pro-Continental-Team (zweite Liga, zu der auch sein Ex-Rennstall B&B Hotels-KTM gehörte), aber ein Continental-Team (angesiedelt in der dritthöchsten Liga).

Es ist eine Art Rückkehr für Heidemann, der kürzlich einen Vertrag bei der dänischen Mannschaft Leopard TOGT Pro Cycling unterschrieben hat – dem Nachfolgeteam von Leopard Pro Cycling, für das er bereits 2020 und 2021 gefahren ist (siehe Extra).

„Sportlich und finanziell ist es erstmal ein Rückschritt. Aber ich vertraue dem Motto, dass man manchmal einen Schritt zurück machen muss, um dann zwei Schritte vorwärtszukommen“, sagt Heidemann. Er wird im neuen Trikot weniger Rennen bestreiten können, das bedeute gleichzeitig aber auch, dass er sich auf seine Einsätze besser vorbereiten könne. Und Heidemann fällt nicht so hart: „Das Team ermöglicht es mir, den Radsport weiterhin in Vollzeit zu betreiben. Und auch sportlich ist die Unterstützung sehr gut. So werde ich mich zum Beispiel bestmöglich auf die Deutsche Meisterschaft im Einzelzeitfahren vorbereiten können, die mein persönlicher Höhepunkt im ersten Halbjahr 2023 sein wird.“

Dass Heidemann bei Leopard TOGT Pro Cycling noch unterkam, hat er zum einen der Hilfe seines Förderers Markus Zingen (stammt aus Trier, wohnt in Föhren) zu verdanken, der im Rennstall Teammanager ist. Zum anderen half ihm die Aktivierung einer besonderen Regel durch die Equipe. „Das Aufgebot war mit 16 Fahrern – so viele darf ein Continental-Team haben – eigentlich schon voll. Doch einzelne Fahrer können als Spezialisten in einer bestimmten Disziplin gemeldet werden, wenn sie dort zur Spitze zählen. Dadurch wird dann ein Kaderplatz frei“, erläutert Heidemann. So hat’s Leopard TOGT Pro Cycling gemacht: Der deutsche Fahrer Tim Teutenberg firmiert als Bahn-Spezialist, jüngst wurde er in der Schweiz Bahn-Europameister im Ausscheidungsfahren. So wurde für Heidemann noch ein Platz frei. „Dieser Schachzug war extrem zuvorkommend vom Team“, bedankt sich der 25-Jährige, der weiterhin vornehmlich in Darmstadt lebt, wo er ein Bachelor-Studium im Wirtschaftsingenieurwesen (Fachrichtung Maschinenbau) abgeschlossen hat.

Das Aus des Teams B&B Hotels-KTM ist kein Einzelfall. Im (Profi-)Radsport gibt’s ein stetes Kommen und Gehen von Rennställen – meist geht es in dem kostspieligen Sport ums Geld. Das Unstete macht’s für die Fahrer nicht einfach. Doch Heidemann weiß, worauf er sich einlässt: „Im Normalfall schließen wir ohnehin maximal Zwei-Jahres-Verträge ab. Ich bin einfach dankbar, dass ich derzeit mit meinem größten Hobby meinen Lebensunterhalt verdienen kann.“

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