400m zu lang? Biedermann denkt an Streckenwechsel

Budapest (dpa) · Eines will Paul Biedermann ganz sicher nicht: Als „Mr. Anzug“ abgestempelt werden. Ohne das High-Tech-Material ist der Doppel-Weltmeister zwar noch immer Weltspitze, aber eben kein Ausnahmeschwimmer mehr.

Vor allem seine einstige Hausstrecke, die 400 Meter Freistil, sind ohne „Spezialhaut“ für den Muskelmann jetzt wohl zu lang. „Für einen Athleten wie Paul ist die Umstellung besonders schwer. Er entwickelt sich zum permanenten 200-Meter-Mann“, sagte Trainer Frank Embacher. Spätestens nach der EM-Niederlage gegen Frankreichs Wunderkind Yannick Agnel könnte die neue Marschroute klar sein: Biedermann wird in Zukunft eventuell nur noch kürzere Strecken angehen, um wieder vorneweg zu schwimmen.

„Vielleicht sind mir die 400 Meter einfach zu lang geworden“, hatte Biedermann nicht erst nach dem Gewinn von EM-Silber gemutmaßt. Die erste Pleite gegen Agnel, der bereits Michael Phelps aufgemischt hat, war fast programmiert. Mit eng anliegender Badehose und nacktem Oberkörper tat sich der 24-Jährige schon die ganze Saison schwer, hatte nach schwacher Zeit bei der deutschen Meisterschaft in Berlin zunächst sogar einen 400-Meter-Verzicht bei der EM in den Raum gestellt. „Schwimmen tut jetzt wieder richtig weh“, bekannte der Weltrekordler, der im altehrwürdigen Budapester Hajos-Bad über seine Spezialstrecke 200-Meter-Freistil als Schnellster souverän ins Finale einzog.

Ob er den 400 Metern nun endgültig auf Wiedersehen sagt, ließ Biedermann offen. „Das wird die Zukunft zeigen“, meinte der 24- Jährige, der lächelnd, aber zunehmend genervt auf andauernde Nachfragen zu seiner ersten Pleite gegen Agnel reagierte: „Ich bin keine Maschine, die man auf Siegen programmieren kann. Aus Niederlagen lerne ich mehr als aus Siegen.“ Für eine Strecken- Umstellung spricht aber, dass Biedermann trotz „Abspeckens“ immer noch zu muskulös und schwer ist im Vergleich zu Schwimmern wie dem schlaksigen Agnel.

Zurück zum High-Tech-Material, das Biedermann immer kritisiert hatte, will er aber nicht. Er plädiert für einen Mittelweg - Anzüge aus Textil. „Ich bin es leid, dass die Sportler darunter leiden, dass der Weltverband jedes Jahr was anderes macht“, meinte Biedermann.

Den Punch will Biedermann nun im 200-Meter-Finale wieder auspacken. „Ich will den Titel verteidigen, auch wenn es nicht einfach wird“, meinte der 24-Jährige. Gegen Agnel wird er nicht wieder verlieren - der Franzose hatte sich nicht qualifiziert. Froh ist darüber niemand. „Selbst wenn Paul gewinnt, wird es immer heißen: Agnel ist ja nicht geschwommen“, sagte Embacher, der nun vor allem die Russen wie Daniil Isotow auf der Rechnung hat: „Das wird ein ganz harter Gang.“

Und auch Biedermann hätte lieber das Duell gegen Agnel angenommen. „Es wäre schöner, wenn er dabei ist“, meinte der Weltmeister, der zugab, dass der mediale Druck im Vorfeld sehr groß war. Britta Steffen setzt derweil auf ihren Freund: „Die Karten werden neu gemischt, Paul wird ein gutes Rennen schwimmen.“

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