Biedermann: Olympia-Rechnung muss stimmen

Berlin (dpa) · Beim Blick auf die nackten Zahlen könnte es einem Angst und Bange werden um Paul Biedermann. Der Weltrekordler rangiert in der Jahresbestenliste über 200 Meter Freistil gerade einmal auf Platz 62, sogar zwei Deutsche waren bisher schneller.

Zu Biedermanns größten Vorzügen gehört aber, sich vor wichtigen Rennen von Statistik oder starken Leistungen der Konkurrenz nicht beeindrucken zu lassen. „Wenn ich dadurch nervös werde, bringt mir das gar nichts“, sagte der 25-Jährige. An diesem Freitag soll und will er bei den deutschen Meisterschaften in Berlin die deutsche Olympia-Norm unterbieten.

Mit Ankündigungen hielt sich Biedermann wie fast immer zurück. Allein die Qualifikation sei wichtig, die Zeit eher nebensächlich, wiederholte er fast gebetsmühlenartig. Konkreter wurde da schon sein Heimtrainer Frank Embacher: „Paul und auch mindestens drei andere sollten schon unter 1:48 schwimmen, damit wir auch eine starke Staffel stellen können“, sagte Embacher, der bei Olympia auch für das deutsche 4 x 200-Meter-Quartett zuständig ist. Biedermann liebt die Duelle Mann gegen Mann, starke interne Konkurrenz kann ihm im Kampf gegen die Uhr nur nutzen.

1:47,76 Minuten lautet die eigentlich mehr als machbare Norm. Biedermann schwamm in seinem einzigen ernsthaften Test in diesem Jahr knapp eine Sekunde langsamer. Seine 1:48,72 stammen aus dem Vorlauf des Olympia-Tests in London Anfang März - zum Endlauf trat er erkältet nicht mehr an. Es fehlte auch ein wenig die Motivation, da 400-Meter-Europameister Yannick Agnel (Frankreich) ebenfalls das Finale sausen ließ.

Agnel beeindruckte bei der französischen Olympia-Quali im März mit Weltjahresbestzeit von 1:44,42. Auch die Konkurrenz aus Übersee bot reihenweise Zeiten um oder unter 1:46 Minuten an. Biedermann studiert im Internet aufmerksam Videos und Ergebnislisten, nach außen lässt ihn das aber kalt. „Es ist interessant zu sehen, wie die Zeiten der anderen sind, natürlich registriere ich das.“ Kampfansagen etwa der US-Athleten um Rekord-Olympiasieger Michael Phelps und Weltmeister Ryan Lochte, die am Freitag ihre Form im Fernduell testen, nimmt der WM-Dritte gelassen. „Irgendwie scheint jeder meiner Konkurrenten grade auf dicke Hose zu machen“, sagte Biedermann bereits vor einigen Wochen.

Der Doppel-Weltmeister von 2009 bleibt auch bei seiner bescheidenen Linie, wenn er nach dem Olympia-Ziel gefragt wird: „Platz fünf oder besser“, mehr ist aus dem Olympia-Fünften von 2008 nicht herauszuholen. Ein Superlativ ist ihm aber dann doch zu entlocken. „Das wird das schnellste Finale, was es jemals gab“, sagt Biedermann über die 200 Meter Freistil. In London muss fast jeder schon in den Vorläufen voll schwimmen um keine böse Überraschung zu erleben. „Dieses Rennen wird alles in den Schatten stellen, auch die 100 Meter Freistil“, glaubt auch Embacher.

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