Boll legt Schippe drauf: Angriff auf China

Ostrau (dpa) · Europa ist Timo Boll nicht mehr genug. Der Tischtennis-König des Kontinents will sein Herrschaftsgebiet ausdehnen und endlich auch gegen Asiens Elite bestehen. Der Angriff auf die Weltmacht China ist bis Olympia 2012 in London mittelfristig geplant.

„Ich bin heiß und motiviert auf weitere Erfolge. Dass die Chinesen zu schlagen sind, habe ich bereits gezeigt. Ich gebe nicht auf, dass mir das auch bei einem wichtigen Turnier gelingt. Dazu muss ich aber noch eine Schippe drauf legen“, erklärte der mit 13 Titeln zum Rekord-Europameister Aufgestiegene nach seinem furiosen Kraftakt in Ostrau mit 22 Partien ohne Niederlage in neun Tagen.

„Ich bin echt platt“, gestand der 29 Jahre alte Linkshänder, der als erster Profi zum vierten Mal Einzel-Europameister wurde. Vor allem die 4:1-Siege gegen seine Teamkollegen Christian Süß im Halbfinale und Patrick Baum im Endspiel gingen an die Substanz - auch wenn sich das im nackten Ergebnis nicht widerspiegelt. „Da musste ich zweimal eine Topleistung abliefern“, lobte Boll die starke Konkurrenz aus dem eigenen Lager. Eine Regenerationspause ist für den Vielspieler aber nicht drin, die nächste Ochsentour begann unmittelbar danach.

Nach einem Mannschaftsessen in einem Steakhouse in Ostrau, wo das beste EM-Ergebnis der DTTB-Herren und der tolle Einstand des neuen Trainers Jörg Roßkopf gebührend gefeiert wurde, ging es noch in der Nacht zum Montag zurück nach Frankfurt/Main. Dort wartete bereits das nächste Flugzeug nach China auf den Bundesligaspieler von Borussia Düsseldorf. „Vielleicht kann ich ja dort zehn Stunden schlafen“, sagte der gebürtige Hesse, der als Standortbotschafter für Nordrhein-Westfalen einen Auftritt auf der Expo 2010 in Shanghai am Dienstag zugesagt hatte.

Das „Nein“-Sagen fällt dem Weltranglisten-Zweiten schwer. Auch in Ostrau erfüllte er bereitwillig Autogrammwünsche und ließ sich mit Fans oder den Mitarbeitern der Pressestelle ablichten. Er spielt fast ohne Unterbrechung - am Freitag steht bereits das nächste Champions-League-Spiel an - und solange er fit ist wie derzeit, ist das kein Problem. Doch schon zweimal zwangen ihn Rückenprobleme zu WM-Absagen und einer längeren Zwangspause, die ihm möglicherweise auch die olympische Einzel-Medaille in Peking kostete.

Gegen die besten Asiaten reichen 90 Prozent nicht zum Erfolg. „Timo hat bei der EM eine herausragende Leistung gezeigt. Aber bei einer WM wird er noch deutlich besser spielen müssen und können“, sagte DTTB-Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig. Er und Herren-Coach Roßkopf haben die Einzel-WM im Mai 2011 in Rotterdam, die Team-WM 2012 in Dortmund und Olympia 2012 in London als die wichtigsten Etappen beim Angriff auf China und die anderen asiatischen Teams ausgegeben.

Die langfristige Planung ist auf diese Ziele abgestimmt. Sie sieht auch mal eine Pause für Boll vor - wie etwa in zwei Wochen beim World Team Cup in Dubai. „Immer fit zu sein ist für mich das größte Problem“, erkannte selbst der Rekord-Europameister.

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