Boll: Stärkstes Team - Medaille im Visier

Moskau (dpa) · Timo Boll und seine Kollegen orientieren sich an China. Selbst wenn es nicht gelingen sollte, den Top-Favoriten und Rekordweltmeister vom Thron zu stoßen - eine Medaille haben Deutschland Tischtennis-Herren bei der Mannschafts-WM in Moskau fest im Visier.

„Wenn alle fit sind, dann haben wir die stärkste deutsche Mannschaft, die es jemals gab“, formulierte der Weltranglisten-Dritte Boll die hohen Erwartungen im Team des dreifachen Europameisters und Olympia-Zweiten. Nach zwei verletzungsbedingten WM-Absagen in Folge sprüht der 29 Jahre alte Linkshänder vor dem ersten Aufschlag im Olimpijski Sportkomplex am 23. Mai vor Tatendrang. „Es ist das erste große Turnier nach langer Zeit, dass ich gesund bestreiten kann. Ich bin gespannt, wie es läuft. Bei der Team-WM habe ich oft besser als bei einer Individual-WM gespielt“, erklärte der zweimalige Weltcupsieger, der an einem guten Tag auch die besten Chinesen schlagen kann.

„Wir haben eine sehr schlagkräftige Mannschaft. Ich bin froh, dass es hinter Timo eine flache Hierarchie gibt“, sagte Bundestrainer Richard Prause vor seinem Abschiedsturnier. Er will seinem Nachfolger und derzeitigen Assistenten Jörg Roßkopf eine WM-Medaille mit auf dem Weg geben. Seinen Optimismus zieht Prause aus dem Leistungsanstieg von Bolls Mitstreitern Dimitrij Ovtcharov (Charleroi) und Christian Süß (Düsseldorf), die in der Weltrangliste die Plätze 15 und 24 belegen. „Sie haben zuletzt sehr stabil gespielt“, sagte Prause.

Allerdings flog der deutsche Einzelmeister Süß mit einem Handicap in die russische Hauptstadt. Wegen eines Muskelfaserrisses musste er kürzertreten. „Der Riss ist gut auskuriert. Ich kann wohl spielen“, sagte Süß am Freitag. Das Auftaktmatch gegen den EM-Zweiten Dänemark wird am Sonntag zu einer echten Bewährungsprobe für das DTTB-Team, das durch Bastian Steger (Frickenhausen) und Patrick Baum (Grenzau) komplettiert wird. Neben den Dänen, die in Europameister Michael Maze einen überragenden Einzelkönner aufbieten können, sind Kroatien, Spanien, Ungarn und Japan die Vorrundengegner in der Gruppe C.

Nur die vier Gruppensieger qualifizieren sich direkt für das Viertelfinale. Als Gruppen-Zweiter oder -Dritter muss man einen gefährlichen Umweg über das Achtelfinale nehmen, denn dann warten die Chinesen als möglicher Gegner bereits in der Runde der letzten Acht. „Wir wollen China möglichst lange aus dem Weg gehen. Deshalb ist der Gruppensieg unser erstes Ziel“, gab Boll die Marschroute aus.

Den Umweg hat die deutsche Mannschaft bereits bei Anreise hinter sich gebracht. Nur mit Hilfe von „Dolmetscher“ Ovtcharov - er wurde in der ukrainischen Hauptstadt Kiew geboren und wuchs zweisprachig auf - gelangte die Auswahl des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) in der Millionenmetropole Moskau in das Spielerhotel „Kosmos“, ein Betonklotz mit 25 Etagen.

Drei der insgesamt 1777 Zimmer hat das deutsche Damen-Quartett bezogen. Nach dem Ausfall der verletzten Petrissa Solja (Saarlouis) wollen sich Europameisterin Jiaduo Wu (Kroppach), Kristin Silbereisen (Busenbach), Elke Schall (Essen-Holsterhausen) und WM-Neuling Sabine Winter (Schwabhausen) so gut wie möglich schlagen. „Das ist eine große Herausforderung für unsere Damen“, beurteilte Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig die Gruppengegner Singapur, Niederlande, USA, Spanien und Tschechien. „Unser Ziel muss es dennoch sein, in Richtung Viertelfinale zu gehen.“

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