Boll vor Weltmeister - Zhang Jike wahre Nummer 1

Rotterdam (dpa) · Die Tischtennis-Weltrangliste lügt. Dort liegt der WM-Dritte Timo Boll auch nach der WM in Rotterdam hinter dem entthronten Weltmeister Wang Hao auf Platz zwei. Doch die wahre Nummer eins der Szene heißt Zhang Jike.

Chinas Jung-Star ist 23 Jahre alt, spielt unglaublich aggressiv und gewann auf Anhieb bei seinem ersten Start im Einzel den Titel. Der „Taihanger Kampfhund“, wie der Champion in seiner Heimat genannt wird, reagierte untypisch für einen Chinesen auf seinen Sieg. Er zerriss vor Freude das rote Nationaltrikot.

„Zhang Jike war wirklich saustark. Er ist ein würdiger Weltmeister“, lobte Boll den Top-Mann, der im neuen Ranking nur an Position drei geführt wird. Zhang Jike ist die Antwort der Chinesen auf den Rekord-Europameister und deutschen Ausnahmespieler, der sich so akribisch wie nie zuvor auf die WM vorbereitet hatte und in Rotterdam in bestechender Form spielte. Dennoch hatte Boll beim 1:4 im Halbfinale keine Chance gegen Jike und kassierte die dritte Niederlage in Folge gegen den German Open-Sieger.

Der neue Weltmeister führt Chinas Generation der jungen Wilden an. Neben Zhang Jike gehören der WM-Dritte Ma Long (22) und Xu Xin (21) dazu. Er war der eigentliche „Geheimfavorit“ in Rotterdam. Das Trio soll in den nächsten Jahren Boll auf Distanz halten. Der dreimalige Weltmeister Wang Liqin (32) und Peking-Olympiasieger Ma Lin (31) dürften wohl ausgedient haben. Als Bindeglied zwischen den Generationen fungiert der unterlegene WM-Finalist Wang Hao (27).

An diesem „Bollwerk“, so Boll über die geballte Konkurrenz aus Asien, kommt der gebürtige Hesse kaum vorbei. Er ist inzwischen 30 Jahre alt und benötigte sieben Anläufe, um die erste WM-Medaille im Einzel zu gewinnen. Die Konkurrenz in Europa bringt ihn nicht weiter. Das zeigten die letzten WM-Tage, wo Boll und die besten Chinesen Tischtennis auf Extra-Niveau zelebrierten. Da ist es nur konsequent, dass der Linkshänder im Sommer als Gast in Chinas Super-Liga aufschlägt und dort häufiger gegen die „Giganten“ antreten kann.

„Da geht dann schon die Vorbereitung auf Olympia los“, berichtete Boll. Entmutigen lässt er sich nicht: „Ich hoffe, dass ich bis London noch einen Schritt näher an die Chinesen herankomme.“ Der Trainerstab des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) begrüßt den China-Trip seines Vorzeigeathleten. „Die Chinesen lassen das zu, weil Boll in China sehr interessant ist“, sagte Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig. Und in London, das weiß auch Boll, dürfen nur zwei Chinesen starten. Nach der am Montag veröffentlichen Weltrangliste sind dies Zhang Jike und Wang Ho.

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