Christine Theiss: Kickboxerin mit Doktortitel

München (dpa) · Kickboxen in Deutschland hat einen zwielichtigen Ruf - die promovierte Medizinerin Christine Theiss will dieses Image jetzt mit Unterstützung des Fernsehens aufpäppeln. Im Hinterkopf hat die 31-Jährige auch schon Pläne für später.

Christine Theiss trägt einen kurzen blauen Rock, das knappe orangefarbene Oberteil lässt ihr Bauchnabel-Piercing zum Vorschein kommen. Ihre blonden Haare hat die durchtrainierte 31-Jährige zu einem Zopf zusammengebunden, am Ohr glänzt ein silberner Stern. Theiss achtet auf ihr Äußeres, sie ist promovierte Medizinerin, TV-Moderatorin - und ganz nebenbei Welt- und Europameisterin im Kickboxen. Seit sie 2006 zu den Profis wechselte, ist Theiss im Ring ungeschlagen. Am Freitagabend will sie in München ihren WM-Titel im WKA-Verband verteidigen.

Theiss' Herausfordererin Martina Müllerova aus Tschechien erfüllt schon eher die Klischees einer Kickboxerin. Beim Probetraining in München trägt sie Anfang der Woche einen roten Kapuzenpulli, eine schlabbrige gelb-schwarze Hose und Turnschuhe. Mit 24 Jahren ist sie deutlich jünger als Theiss, mit 1,82 Metern Körpergröße auch deutlich größer als die sieben Zentimeter kleinere Deutsche. „So eine große Gegnerin hat sie noch nie gehabt“, sagt Theiss-Trainer Mladen Steko. Um Müllerova ihren Reichweite-Vorteil zu nehmen, müsse seine Athletin deshalb offensiv auftreten. „Ich glaube, es wird ihr liegen. Sie mag es, offensiv zu sein“, so Steko.

Ohnehin ist Theiss keine Frau, die sich gerne versteckt. „Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich nach meiner sportlichen Karriere gerne auf der Moderationsebene einsteigen würde“, sagt die Münchnerin. Zehn Wochen lang stand sie als Nachfolgerin von Boxerin und Moderatorin Regina Halmich zuletzt bei den Dreharbeiten zur Kabel-1-Sendung „The Biggest Loser“ in Spanien vor der Kamera.

Die Vorbereitung auf den WM-Kampf durfte dabei nicht zu kurz kommen: Morgens früh um 6.00 Uhr stand sie auf, trainierte zwei Stunden, ging in die Maske, moderierte - und beendete den Tag mit einer weiteren zweistündigen Trainingseinheit. „Wir haben ein sehr intensives und hartes Training hinter uns“, sagt Theiss rückblickend.

Zum Kickboxen kam sie im Alter von sieben Jahren, als sie eine Klassenkameradin zum Training begleitete. Der Entschluss, Leistungssportlerin zu werden, habe sich aber erst im Laufe der Jahre entwickelt. „Als Kind sollte eigentlich nicht der Erfolg im Vordergrund stehen, sondern der Spaß“, sagt Theiss. Diese Leidenschaft für ihren Sport treibt sie auch heute noch an. „Kickboxen ist unglaublich vielseitig“, schwärmt Theiss. „Du brauchst Kraft, Schnelligkeit, du brauchst eine Bomben-Kombination und du brauchst ein gutes Auge.“

Ähnliche Attribute müssen auch Profi-Boxer mitbringen, trotzdem genießt die verwandte Sportart deutlich höhere Aufmerksamkeit und Reputation. Seit 1904 kämpfen Boxer aus aller Welt um olympische Medaillen. Zu Kämpfen der Klitschko-Brüder füllen sich Hallen mit 50 000 Zuschauern. Das im Laufe der 60er-Jahre entstandene Kickboxen hat einen eher zwielichtigen Ruf. Theiss begründet das einerseits mit fehlender Lobby - „zum anderen gibt es nicht so viele martialische Box-Filme“, sagt sie. „Ich weiß nicht, wie viele Müll-Filme es gibt, die Kampfsportler darstellen.“

Mit Hilfe des Fernsehens soll dieses Image nun aufgepäppelt werden. Bereits zum dritten Mal strahlt der TV-Sender Sat.1 am Freitagabend einen Kampf der Medizinerin aus. Beide Male saßen nach Angaben des Senders mehr als eine Millionen Menschen vor dem Fernseher. „Das ist sehr, sehr wichtig für uns“, sagt Trainer Steko.

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