Dart-Profi Artut will an die Spitze

Hamburg (dpa) · Als Jyhan Artut den entscheidenden Pfeil in die „Double 20“ geworfen hatte, drehte er sich jubelnd zum Publikum um. Er reckte die Fäuste in den Himmel, die Erleichterung ist dem 35-Jährigen deutlich anzusehen.

„Du willst ja keinen enttäuschen, deswegen war das hier für mich eine Nummer härter“, sagte Artut, an den die deutschen Fans bei der jetzigen Team-WM in Hamburg besonders große Erwartungen hatten. Der 35-Jährige, der einen türkischen Vater und eine deutsche Mutter hat, wurde von mehr als 50 Freunden unterstützt. Auch seine Mutter und sein Bruder waren das erste Mal dabei.

Der im niedersächsischen Holzminden geborene Artut ist der beste deutsche Dart-Spieler und momentan der einzige, der größtenteils von seinem Sport leben kann. Seinen Beruf als Gastronom hat der gelernte Dreher an den Nagel gehängt. Fast jede Woche nimmt er an einem Turnier teil, trainiert mehrere Stunden täglich. „Man ist echt froh, wenn man mal zu Hause ist und einen Tag abschalten kann“, sagte er.

Typisch seine Pose vor jedem Wuf: Leicht nach vorne gebeugt, das Gewicht auf das rechte Bein verlagert, steht er vor dem Dartboard. Mit der rechten Hand zielt er kurz, dann folgt ein lockerer Wurf und mit einem trockenen Ploppen landet der Pfeil in der „Triple 20“. An Artuts linkem Handgelenk baumelt ein Silberarmband, die schwarzen kurzen Haare sind gegelt.

Seine ersten Pfeile warf der Hannoveraner mit 13 Jahren in der Kneipe seines Vaters. Ein halbes Jahr später spielte er sein erstes Turnier, wurde Zweiter und direkt in die Nationalmannschaft berufen. Mittlerweile liegt er auf Rang 64 in der PDC Order of Merit, einer Art Weltrangliste. Doch das soll für ihn noch nicht das Ende sein: „Ich bin gut genug, um weit nach vorne zu kommen in der Weltspitze.“

Für die Fans ist die Dart-WM eine riesengroße Party. Die Spieler trinken während des Wettkampfes nur Wasser, so mancher Zuschauer hat dagegen gleich mehrere Bierbecher vor sich gehortet. Einige haben sich verkleidet, viele haben Plakate dabei. Nach jedem Match ertönt Musik, einige Zuschauer steigen auf die Stühle, singen und grölen mit.

In dieser aufgeheizten Stimmung ist es für Artut und seine Kollegen besonders schwer, die Konzentration zu behalten. „Wenn man am Board steht, schaltet man einfach ab. Man fokussiert sich auf dieses Feld und versucht alles drum herum abzuschotten“, erklärt Artut. „Wenn man sich einmal kurz ablenken lässt, ist es meistens schon vorbei.“

Sein Ziel für die Zukunft ist der Weltmeistertitel. „Ganz so alt bin ich ja noch nicht und umso mehr ich gegen die Top-Leute spiele, umso besser werde ich. Und viel fehlt ja nicht.“ Artuts Aussehen entspricht allerdings nicht dem der meisten anderen Dart-Profis: Einen Bierbauch und tätowierte Unterarme sucht man bei ihm vergeblich.

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