Deutsche Kanuten verfehlen Ziele - „Warnsignal“

Posen (dpa) · Tränen, Tadel - und zu wenig Titel: Zwei Jahre vor Olympia in London sind die deutschen Kanuten hinter den eigenen hohen Zielen zurückgeblieben. Für die erfolgsverwöhnten Damen sollen die Weltmeisterschaften in Polen gar ein „Warnsignal“ für die Spiele 2012 sein.

In Posen fuhr die Flotte des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV) fünf Siege und insgesamt ordentliche elf Medaillen ein, aber nur fünfmal Edelmetall in den wichtigen olympischen Disziplinen. Sieben Medaillen waren hier in das Ziel. Wie zuletzt 2006 wurde die WM-Spitze wieder an Ungarn abgegeben.

„Wir sind nicht abgestürzt, es gab vierte Plätze, bei denen es auch glücklicher laufen kann. Aber das war vielleicht ein Weltmeisterschafts-Ergebnis zum richtigen Zeitpunkt“, sagte Chef-Bundestrainer Reiner Kießler, dem besonders ein Sieg bei den Damen fehlte. Neben den fünf goldenen Plaketten gab es viermal Silber und zweimal Bronze.

Herausragend auf deutscher Seite waren die Titelverteidigung von Kajak-Einer-Champ Max Hoff über 1000 Meter und die Rückkehr an die Weltspitze der Peking-Olympiasieger Martin Hollstein/Andreas Ihle über die selbe olympische Distanz. Über die neuen olympischen 200 Meter holte Ronald Rauhe als Zweiter die einzige Medaille des DKV. Weltmeister in nicht-olympischen Bootsklassen wurden Ronald Verch im Canadier-Einer über 5000 Meter und Franziska Weber im Kajak-Einer über 1000 Meter. Mit ihren WM-Titeln Nummer 28 und 29 übernahm die Ungarn Katalin Kovacs in der Bestenliste die alleinige Führung vor der deutschen Rekordfrau und 27-maligen Weltmeisterin Birgit Fischer.

Dass die deutschen Damen um die viermalige Olympiasiegerin Katrin Wagner-Augustin ohne Titel in den Olympia-Klassen blieben und als Zweite im Kajak-Vierer ihren einzigen Podestplatz ablieferten, stufte Bundestrainer Reiner Kießler angesichts des größer gewordenen Rückstands als „historisches Ergebnis“ ein. „Das ist auf jeden Fall ein Warnsignal, dass die Trainingsqualität bei den Frauen ein bisschen besser werden muss“, sagte er über die „größte Baustelle“.

Umgebaut werden muss aber auch bei den Canadier-Herren, denn dort verfehlten die deutschen Zweier gar die Finals über 500 und 1000 Meter. „Hier müssen wir eine Menge zulegen“, so Kießler mit Blick auf die Olympia-Quali in einem Jahr in Szeged - freuen konnte er sich über Bronze für Sebastian Brendel im Canadier-Einer.

Gefeierter DKV-Mann war Hoff. Dem erst 2007 vom Wildwasser zum Rennsport gewechselten Kölner war die Erleichterung nach dem Last- Second-Sieg deutlich anzumerken. „Es ist ein unglaublicher Druck von mir abgefallen“, gestand der nun zweimalige Weltmeister, der wie zuletzt Lutz Liwowski in den 90ern den Titel im Kajak-Einer wiederholte. Bei der 5000-Meter-Premiere gab es für den zweimaligen Europameister noch Silber.

Freude bis Genugtuung für den in Peking triumphal zum Gold gefahrenen Kajak-Zweier Hollstein/Ihle, der diesmal über 1000 Meter den Zielsprint brauchte. „Nach einem Jahr Pause ist es etwas Besonderes, alle Rennen zu gewinnen. Und das ist Bestätigung, dass der Olympiasieg kein Zufall war“, sagte der 31-jährige Ihle, der mit Hollstein auch in London 2012 starten will. Die Spiele hat auch Rauhe fest im Visier, der nach einer Bauchmuskelverletzung gar ans Absagen in Posen gedacht hatte. „Silber fühlt sich wie Gold an.“

Das war bei Wagner-Augustin anders, denn Silber im Vierer hinter den starken Ungarinnen war ein schwacher Trost für den erträumten, aber verpassten Einer-Sieg auf Platz sieben. Ein dickes Büschel Algen hatte sich die neunmalige Weltmeisterin eingefangen, die Tränen verbarg sie hinter einer Sonnenbrille, von der Omi gab es auf der Tribüne tröstende Worte. Mit Wut im Bauch fuhr sie dann mit Nicole Reinhardt, Tina Dietze und Conny Waßmuth in der Staffel wie im Vorjahr zum Sieg.

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