Doping-Angst bei Schwimm-WM: Fleisch gefährlich

Berlin (dpa) · Gegessen wird nur im Hotel. Kulinarische Experimente außerhalb des Team-Quartiers sind für die deutschen Teilnehmer bei der Schwimm-WM in Shanghai tabu. Zu groß ist die Sorge vor dem Genuss von mit Clenbuterol verseuchten Fleisch und einer daraus resultieren positiven Dopingprobe.

„Das ist natürlich schon krass. Wenn man Pech hat und es ist irgendwo was drin und man wird gesperrt, ist das natürlich scheiße“, sagt Kurzbahn-Europameister Markus Deibler. Auch die Gastgeber der WM vom 16. bis 31. Juli und die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA warnen offiziell vor den Gefahren, die sich daraus ergeben, dass das Kälbermastmittel Clenbuterol in China Teil der Nahrungskette ist. Tischtennisspieler Dimitrij Ovtcharov wurde nach einem Wettkampf in Shanghai 2010 positiv getestet, konnte aber mittels einer Haar-Analyse glaubhaft machen, dass er nicht dauerhaft Clenbuterol zu sich genommen hatte und ging mit Rückendeckung der Verbände straffrei aus. Die WM-Organisatoren wollen in den offiziellen Teamhotels „sauberes“ Fleisch garantieren, „eine hundertprozentige Sicherheit gibt es aber nicht“, weiß auch der Leistungssportdirektor des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), Lutz Buschkow.

„Ich kann einen Paul Biedermann nicht zum Vegetarier machen, aber trotzdem Bestzeiten verlangen“, gibt Buschkow zu bedenken, und auch der Freistil-Weltrekordler selbst will nicht auf Fleisch verzichten. „Das kann man auch nicht mit Nahrungsergänzungsmitteln ausgleichen.“ Freundin Britta Steffen war viel in Berliner Bio-Läden unterwegs und hat ihr eigenes Rezept. Die Doppel-Olympiasiegerin nimmt Nüsse, Hirse und Haferflocken mit und mischt sich „meinen eigenen Brei“. Davon und von Käse könne man ganz gut leben. Aber auch mal ein Steak für Sportler ist nach Ansicht der 27-Jährigen „bedenkenlos“ möglich.

Ähnlich plant Rückenspezialist Helge Meeuw. „Die einzige Möglichkeit ist, den Fleischkonsum möglichst auf Null reduzieren und den Proteinumsatz durch Aminosäuren aufrechterhalten“, sagt der Medizinstudent. Mit Unterlagen und einer Ernährungsberaterin hat der Verband seine Sportler sensibilisiert, setzt dabei auf Eigenverantwortung. „Ich gehe nicht los und kontrolliere die Leute. Wenn sie nicht gerade auf die Straße gehen und sich einen chinesischen Hotdog zuführen, gibt es kein Problem, glaube ich“, sagt Schwimm-Bundestrainer Dirk Lange.

Die Wasserspringer bereiteten sich außerhalb von Shanghai auf die WM vor und mussten darauf hoffen, dass das dortige Fleisch nicht belastet war. Eine Untersuchung des Kölner Anti-Doping-Labors ergab, dass 22 von 28 China-Geschäftsreisenden Clenbuterol-Spuren aufwiesen. Als Sportler wären sie gedopt gewesen. Die WADA diskutierte im Juni sogar eine Erhöhung des Grenzwertes.

„Das ist natürlich überhaupt nicht zufriedenstellend“, sagte Schmetterlingsschwimmer Benjamin Starke. Der Student der Rettungsmedizin zerbrach sich den Kopf, was er in China essen kann '- und erlebte im Trainingslager in Berlin unschönes: „Dann gehe ich hier ins Hotel, esse ein Hühnchen und verbringe die Nacht mit Schüttelfrost und Fieber im Bett. So kann es auch gehen, wenn man sich Gedanken macht über das Essen in China.“

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