Doppel-Paralympicssiegerin Kober kämpft vor Gericht

London (dpa) · Ihr Debüt bei den Paralympics in London hat die zweimalige Goldmedaillengewinnerin Birgit Kober mit Bravour gemeistert. Nun steht sie vor ihrer größten Herausforderung.

Die Weltrekordhalterin mit dem Speer und der Kugel kämpft nach einem Behandlungsfehler am Klinikum Rechts der Isar vor dem Landgericht München I um Gerechtigkeit. Seit einer viel zu hoch dosierten Medikamentenbehandlung nach einem epileptischen Anfall ist sie auf den Rollstuhl angewiesen - und lebt von Hartz IV.

„Die Aktenlage ist eindeutig, auch für Ärzte, aber ich habe große Angst vor dem Prozess, weil man sicher wieder versucht, mich mit Schmutz zu bewerfen“, sagte Kober der Nachrichtenagentur dpa: „Ich habe erfahren müssen, dass die Anwälte der Klinik so gemein sind und einen Menschen aus einem machen, der man gar nicht ist.“

2007 habe man ihr das „Leben weggenommen“, meinte Kober, deren Körper auf die hohe Dosierung in der Klinik mit massiven Koordinationsstörungen reagierte. Einem Mediziner war wohl ein Schreibfehler in ihrer Krankenakte unterlaufen. Die Folge: Sie musste ihr Pädagogik-Studium vor der Magisterarbeit abbrechen, eine Umschulung zur Heilpädagogin schaffte sie wegen ihrer Einschränkungen nicht.

Nun hat sie Angst davor, dass sie zwar in erster Instanz inhaltlich Recht bekommt, aber ihr nicht die gesamte Entschädigung zugesprochen wird und sie weiter kämpfen muss. Ein Schmerzensgeld von etwa einer halben Million Euro fordert ihr Anwalt. Die Münchnerin muss wegen der Behinderung im November wegen Folgeschäden der Spastik am Fuß und an der Hand operiert werden.

Kein Verein wollte sie in München wegen ihrer Einschränkungen aufnehmen, meist trainiert sie allein auf einer Hundewiese in ihrer Nähe und startet für Bayer Leverkusen. Einen richtigen Heimatverein hat sie immer noch nicht. Wegen ihrer Erfolge und ihrer stets gut gelaunten Art wurde die 31-Jährige nach den Behindertenspielen im September zur offiziellen Botschafterin des Roten Kreuzes in Bayern ernannt. Sie trainiert Kinder beim ESV München und hat eine 400-Euro-Beschäftigung in Aussicht. Um in eine behindertengerechte Wohnung umzuziehen, braucht sie aber das Schmerzensgeld.

„Ich möchte unabhängig von Arbeitslosengeld 2 sein und mir Hilfsmittel kaufen können“, sagte sie vergangene Woche in der ARD-Talkshow „Beckmann“. Die Rolle als Bittstellerin liegt Kober nicht. Schließlich war sie dank ihrer positiven Ausstrahlung und sportlichen Höchstleistungen eine der Vorzeigeathletinnen der deutschen Mannschaft in London.

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